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Äpfel, Nüsse, Kastanien: Wo du sie sammeln darfst – und wo nicht

Äpfel, Kastanien, Nüsse: Hier darfst du sie sammeln
Foto: Christin Klose/dpa-tmn

Der Herbst beschert uns viele heimische Früchte. Aber darf man sich beim Spaziergang einfach an Äpfeln, Birnen und Nüssen bedienen? Eine Anwältin erklärt, worauf man achten sollte.

Der bunte Herbst lädt ein zu Spaziergängen in der Natur – und die bietet gerade eine ganze Palette an erntereifen Früchten. Unter anderem Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Hasel- und Walnüsse kann man im September und Oktober ernten (Sieh dir dazu auch den Utopia-Saisonkalender für Oktober an!). Doch wo darf ich einfach zugreifen? Und wo begehe ich eine Straftat, wenn ich einen Apfel vom falschen Baum nehme?

Äpfel und Nüsse sammeln: Nicht überall erlaubt

Am besten gehst du dabei in drei Schritten vor. Mandy Rüttershoff-Hahn, Fachanwältin für Agrarrecht in Lüneburg, empfahl 2022 gegenüber der dpa, zunächst zu klären: Wo befindet sich der Baum oder Strauch und darf ich die Fläche überhaupt betreten?

„Ein Betretungsverbot ist außerhalb bebauter Ortschaften optisch nicht immer erkennbar“, erklärt die Anwältin. Läuft rund um das entsprechende Areal ein Zaun, deutet vieles darauf hin, dass die Eigentümer:innen nicht möchten, dass die Fläche betreten wird.

Auch Naturschutzgebiete darf man häufig nicht betreten. „Sie sind mit Hinweisschildern gekennzeichnet. Auf ihnen finden sich auch Verhaltensregeln“, sagt Silvia Teich vom Naturschutzbund Deutschland (NABU).

Entscheidend ist, ob die Pflanze kultiviert wurde

Ist die Frage nach dem Betretungsrecht geklärt, folgt Schritt zwei: Darf ich mir nehmen, was hier wächst? Die schlechte Nachricht: Grundsätzlich darf man laut Anwältin Rüttershoff-Hahn erst einmal gar nichts nehmen, schließlich gehören einem die Fläche und die darauf wachsenden Pflanzen nicht. Die gute Nachricht: Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen.

So ist im Bundesnaturschutzgesetz geregelt, dass jede wild lebende Pflanze, und damit auch Früchte, „in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf“ sammeln darf. Wichtig ist also die Unterscheidung, ob beispielsweise ein Obstbaum angebaut wurde oder wild wächst.

Ein einzelner Baum, der zwischen anderen Pflanzen wächst, lebt laut Rüttershoff-Hahn höchstwahrscheinlich wild. „Wenn ich aber einen Bereich habe, wo nur Obstbäume sind, dann spricht viel für eine sogenannte Streuobstwiese, die mal jemand angelegt hat“, sagt sie. Bei so einer Kultur muss streng genommen schon wegen eines einzelnen Apfels um Erlaubnis gefragt werden.

Mundraub.org zeigt, wo du Nüsse und Obst sammeln darfst

Eigentümer:innen können zum Beispiel Landwirt:innen oder auch die Gemeinde sein. Im Zweifel kann man laut Rüttershoff-Hahn bei der Gemeinde nachfragen, wem die Bäume gehören und sich dort dann eine Erlaubnis einholen.

Oder man greift auf bereits aufgebautes Wissen zurück: Die Webseite www.mundraub.org listet zum Beispiel bundesweit Flächen auf, für die Eigentümer:innen Genehmigungen zum Sammeln erteilt haben. Andere Eigentümer:innen kennzeichnen mit gelben Bändern, dass sich jede:r an den Bäumen bedienen darf.

Nüsse sammeln: Mut zur Bescheidenheit ist geboten

Nun folgt Schritt drei: Wie viel darf ich nehmen und worauf ist noch zu achten? Wie hoch der im Bundesnaturschutzgesetz beschriebene persönliche Bedarf ist, ist laut Rüttershoff-Hahn im Gesetz nicht weiter festgelegt. Sie appelliert, sich bei der Menge an eine haushaltsübliche Mahlzeit zu halten und sich zu fragen: „Würde ich es als Eigentümer gut finden, wenn andere sich in dem Umfang bedienen?“

Das gilt ihr zufolge nicht nur für wild lebende Pflanzen. Auch bei Kulturen, für die Eigentümer:innen eine Sammelerlaubnis ausgestellt haben, sollte ein gewisses Maß nicht überschritten werden. Schließlich ist beispielsweise ein Landwirt auf den Ertrag seiner Bäume angewiesen. Verboten ist es der Bevölkerung daher auch, gesammelte Früchte selbst zu verkaufen.

Silvia Teich rät außerdem zur Vorsicht bei der Ernte: „Unbedingt schonend ernten, keine Zweige abrupfen“. Auch abschneiden sollte man laut Rüttershoff-Hahn nichts, da das keine pflegliche Entnahme wäre, wie es das Gesetz vorsieht.

Heimische Walnüsse und Haselnüsse zu sammeln ist unter den genannten Voraussetzungen sinnvoll, denn diese Nüsse stammen in den Supermärkten in der Regel nicht aus Deutschland. Die meisten Walnüsse kommen aus den USA und haben daher einen weiten Transportweg hinter sich. Lies dazu gerne:

Fallobstparagraf: Frucht auf meinem Grund gehört mir

Bei frei zugänglichen Flächen macht es rechtlich keinen Unterschied, ob eine Frucht noch am Baum oder Strauch hängt oder bereits auf den Boden gefallen ist. An der Nachbarsgrenze hingegen schon: „Wenn der Nachbar einen Obstbaum hat, der in den eigenen Bereich herüberragt, und da fallen Früchte auf das eigene Grundstück, dann darf man die nehmen„, so Anwältin Rüttershoff-Hahn. So regelt es der Paragraf 911 im Bürgerlichen Gesetzbuch, auch Fallobstparagraf genannt.

Eine noch am Baum befindliche Frucht zu pflücken oder mittels Schütteln nachzuhelfen, ist davon nicht gedeckt. Hier musst du deine Nachbar:innen erst um Erlaubnis fragen.

Lies dazu auch: Wie erkenne ich, ob die Äpfel am Baum schon reif sind?

Einen Apfel zu stehlen, ist kein Kavaliersdelikt

Stellt sich abschließend die Frage: Begehe ich eine Straftat, wenn ich doch mal ohne Erlaubnis einen Apfel von einer bewirtschafteten Streuobstwiese nehme? Die Antwort der Juristin: „Ja, dann begehen Sie einen Diebstahl„. Man nimmt schließlich etwas, das einem anderen gehört – laut Rüttershoff-Hahn kein strafloses Kavaliersdelikt.

Bei einem Diebstahl weniger Äpfel handelt es sich aber in der Regel um einen sogenannten Diebstahl geringwertiger Sachen, sofern das Gestohlene einen Wert von 50 Euro nicht übersteigt. „Dann wird der Diebstahl nur verfolgt, wenn der Eigentümer selbst eine Strafanzeige stellt“, so Rüttershoff-Hahn. Dazu kommt es ihrer Erfahrung nach aber nur selten und in der Regel bei Wiederholungstäter:innen. Wird man doch einmal als Ersttäter:in erwischt, fallen Geldbußen im eher zweistelligen Bereich von meist 30 bis 50 Euro an.

Wer gar nicht erst in Verdacht geraten will, mutwillig zu stehlen, sollte vor dem nächsten Herbstspaziergang also erst einmal abklären, bei welchen Bäumen und Sträuchern man sich bedienen darf.

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