Dinkel gilt als schmackhaftes Urgetreide, das bekömmlicher sein soll als Weizen. Auch im Grünkern, also unreif geernteten Dinkel, stecken reichlich Vitamine und Mineralien – doch ist Dinkel generell gesünder?
Bereits im Mittelalter war Dinkel einmal eins der wichtigsten Nahrungsmittel und Handelsgüter. Danach er aber weitgehend in Vergessenheit, denn er ist ein ertragsärmeres Getreide als der Weizen. In den letzten Jahren hat Dinkel als Trend-Urgetreide wieder aufgelebt. Es wird oft als weitaus gesünder verkauft als das bekanntere Weizen – wofür bisher die Beweise jedoch fehlen. Grünkern ist eine spezielle Form des Dinkels, die sich nicht als Backmehl und dafür sehr gut zum Kochen eignet.
Rein ökologisch kann der Dinkel-Boom vorteilhaft sein. Denn verglichen mit vielen anderen Getreidesorten kommt Dinkel aufgrund seiner harten Schalte mit weniger Pestiziden und Dünger aus. Er gedeiht auch auf kargen Böden, und kann somit nachhaltiger im Anbau sein als andere Getreidesorten.
Dinkel und Grünkern: Was ist der Unterschied?
Grünkern (auch Grünkorn genannt) ist ein unreif geernteter Dinkel, der anschließend geröstet und getrocknet wird. Dinkel hat laut dem Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) einen höheren Eiweiß- und Mineralstoffgehalt als Weizen, aber weniger Ballaststoffe. Dazu, ob sich Grünkern wiederum nährstofftechnisch von reifem Dinkel unterscheidet, gibt es keine einheitlichen Angaben.
Doch wieso unreifen Dinkel ernten? Grünkern soll durch eine Notlage entstanden sein: Bei schlechten Wetterbedingungen haben Bäuer:innen im 16. Jahrhundert das Getreide unreif geerntet, um es nicht ganz zu verlieren. Für bessere Haltbarkeit wurde es dann am Feuer getrocknet.
Heutzutage wird Grünkern in speziellen Heißluftanlagen getrocknet – den Prozess nennt man „Darren“ – damit die Körner nicht mehr keimen können und haltbar bleiben.
Wie schmeckt Grünkern? Grünkern schmeckt besonders herzhaft, kräftig und nussig. Manche beschreiben den Geschmack auch als linsen-ähnlich. Deswegen eignet sich Grünkern besonders für herzhafte Rezepte, wie zum Beispiel ein Grünkernrisotto mit Möhren und Sellerie. Lerne, wie du Grünkern kochen solltest, um maximal von seinen Nährstoffen zu profitieren: Du musst ihn zuerst einweichen, um den „Antinährstoff“ Phytinsäure aus den Körnern zu lösen. Das Einweichwasser musst du dann wegschütten.
Gesünderer Dinkel? Mineralstoffe, Vitamine und Proteine
Der Nährstoffgehalt von Weizen und Dinkel unterscheidet sich in gewissem Maße. In 100 Gramm 630er Dinkelmehl stecken zum Beispiel 50 Mikrogramm Folsäure, im Weizenmehl mit gleichem Mahlgrad hingegen sind es nur 17 Mikrogramm. Dieselbe Menge Dinkelmehl hat 12,4 Gramm Protein, bei Weizen sind es 11,4. Wegen dieses hohen Anteils an Klebereiweiß (Gluten) ist Dinkel auch als Weizenersatz bei Glutensensitivität oder Zöliakie ungeeignet.
Laut Expert:innenstimmen liegt der Unterschied in der Nährstoffzusammensetzung tatsächlich mehr bei den verschiedenen Sorten des jeweiligen Getreides – und ist nicht nennenswert groß. Man könne somit nicht sagen, ob Dinkel oder Weizen gesünder seien, zitiert die Süddeutsche Zeitung (SZ) einen Experten von der Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung. Wichtiger sei es, die Vollkornvariante zu wählen – egal bei welchem Getreide.
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„Weizen-Bashing“: Ist das Getreide wirklich eine schlechte Wahl?
Wie die SZ schreibt, halten die meisten Menschen Dinkel für weniger allergiefördernd als Weizen. Für diese Annahme fehlen jedoch die Belege. Viel mehr liegt dieses Vorurteil wohl daran, dass Dinkel als naturbelassenes Urgetreide begriffen wird, während viele Menschen Weizen als überzüchtet wahrnehmen.
Studien würden jedoch zeigen, dass die Qualität von Weizen sich in den letzten 100 Jahren nicht verschlechtert hat. Im Gegensatz dazu wachsen heute auch züchterisch weiterentwickelte Dinkelsorten auf den Äckern, die weniger als 100 Jahre alt sind – mitnichten also echtes Urgetreide.
Gluten wird im Vergleich zwischen Weizen und Dinkel hin und wieder als Argument für die Gesundheitsvorteile von Dinkel genutzt. Laut den Expert:innen im SZ-Beitrag konnte jedoch nicht gezeigt werden, dass das Gluten in Weizen schädlicher sei. Modernes Weizen enthalte im Gegenteil sogar weniger der angeblich gesundheitsschädlichen Bestandteile als Dinkel.
Auch mit sogenannten Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) werde argumentiert, dass Weizen ungesünder sei als andere Getreidearten. Doch auch von denen stecken mitunter mehr in Dinkel als in Weizen. Der genaue Gehalt an Gluten sowie ATI hängt den Expert:innen zufolge weniger davon ab, ob man Dinkel oder Weizen isst, und mehr von Anbauort, Klimaverhältnissen und Bodenbeschaffenheit.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) sieht insgesamt keine „aussagekräftigen klinischen Daten, die ein geringeres allergenes Potenzial von Dinkel“ belegen könnten.
Ob Dinkel, Grünkern oder Weizen: Die Zubereitung macht’s
Was jedoch unabhängig von der Getreidesorte einen Unterschied in der Verträglichkeit machen kann, ist die Zubereitungsart.
Gut gereifter Sauerteig, der Zeit hatte zu gehen, enthalten weniger FODMAPs und Gluten – beides Stoffe, die manchen Menschen Verdauungsprobleme bereiten. „Unabhängig davon, ob es ein Weizen- oder Dinkelsauerteig ist: Ein handwerklich gut hergestelltes Brot ist in jedem Fall bekömmlicher als Brot, das kaum Zeit zum Fermentieren hatte“, erklärt eine Expertin gegenüber der SZ.
Übrigens: Andere gesunde Urgetreide sind Einkorn und Emmer, die schon vor 10.000 Jahren angebaut worden sein sollen. Wenn diese auch wieder vermehrt angebaut würden, hätte das Vorteile für die Bodenpflege und in Fruchtfolgen. Das würde sich wiederum positiv auf die Biodiversität auswirken.
Rezepte mit Dinkel: Bratlinge und Grünkern-Brotaufstrich
Dinkel überzeugt nicht nur durch seine Nährstoffe, sondern auch durch seinen nussig-aromatischen Geschmack, der Speisen eine besondere Würze verleiht. Zum Beispiel:
Aus eingeweichtem Dinkel kannst du knusprige Dinkel-Bratlinge machen: Mische etwas Wasser, ein Bio-Ei oder Ei-Ersatz, etwas Paniermehl und nach Belieben Gewürze mit dem Dinkel, bis sich kleine Fladen formen lassen. Brate diese dann an.
Auch ein Grünkern-Brotaufstrich gelingt ganz einfach: Brate eine Zwiebel und zwei Zehen Knoblauch an. Koche 50 Gramm geschroteten Grünkern in 150 Milliliter Gemüsebrühe und lasse ihn 30 Minuten bei mittlerer Hitze quellen. Mische dann alles und püriere es mit Majoran, Salz und Pfeffer zu einem Aufstrich.
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