Die Earnest-App begleitet dich auf dem Weg zu einem CO2-sparenden Lebensstil. Sie gibt dir zahlreiche Alltagstipps, mit denen du dieses Ziel erreichen kannst. Trotzdem bleiben dabei einige Fragen offen. Wie hilfreich ist die App wirklich?
Die Earnest-App gibt dir Anregungen, wie du deinen Lebensstil klimafreundlicher gestalten kannst. In der Selbstbeschreibung der App heißt es kurz: „Earnest ist dein Begleiter in einem nachhaltigen Leben.“
Das Design der App erinnert an Social Media und startet mit einem interaktiven Homefeed. Darin dreht sich alles um Themen wie Ernährung, Abfallvermeidung, Energiesparen oder DIY. Im Feed erhältst du jeden Tag neue Tipps, Infos oder Challenges, die dich zum Mitmachen einladen.
Der Ansatz der Earnest-App ist es, dir spielerisch zu mehr Nachhaltigkeit zu verhelfen. Dabei will die App aber nicht mit erhobenem Zeigefinger daherkommen – vielmehr veranlasst sie dich Schritt für Schritt zu kleinen Veränderungen. Diese kannst du einfach in deinen Alltag einbauen.
Die Earnest-App erhältst du auf der Website „Meetearnest“ oder in den App-Stores von Apple und Google Play. Der Download ist kostenfrei. Du registrierst dich mit deiner E-Mail-Adresse und kannst sofort loslegen.
Die Smartphone-App ist seit 2020 verfügbar. Auf deren Website zeigt ein Zähler rund 600.000 Downloads an (Stand März 2022). Entwickelt hat die Earnest-App ein Start-up der Versicherungskammer Bayern – „uptodate Venture„.
Die Earnest-App und ihre Funktionen
Das Ziel der Earnest-App ist es, den CO2-Fußabdruck ihrer Nutzer:innen zu reduzieren. Laut Meetearnest sind private Haushalte insgesamt für etwa ein Drittel aller Treibhausgase verantwortlich.
Mit Tipps und Coachings stellt dir die Earnest-App eine Vielzahl an Möglichkeiten vor, um CO2-sparender zu leben. Du wählst aus Themen wie Ernährung, Abfall, Energiesparen oder Konsumverhalten aus und setzt, die für dich passenden Maßnahmen um. Wie viel CO2 du dabei schon eingespart hast, zeigt dir die App immer in jedem Menüpunkt an. Dazu kannst du dir anzeigen lassen, wie du im Vergleich zum Durchschnitt der anderen Nutzer:innen abschneidest.
Die Earnest-App animiert dich zu kleinen, aber nachhaltigen Verhaltensänderungen – zum Beispiel dazu, reines Leitungswasser statt zuckriger Softdrinks zu trinken. Während dieser Challenge fragt dich die App in regelmäßigen Abständen, ob du einen weiteren Tag ohne Softdrinks geschafft hast. Zur Belohnung bekommst du Punkte gutgeschrieben. Diese kannst du dann als Prämie für nachhaltige Projekte einsetzen.
Die Coach-Funktion der App vermittelt dir Wissen in kurzen Lektionen und im unterhaltsamen Story-Format. Ein solches Wissensthema ist zum Beispiel der Plastikmüll in den Meeren. Kleine Aufgaben motivieren dich, dein neues Wissen in den Alltag einzubauen, beispielsweise Müll richtig zu trennen oder Obst und Gemüse unverpackt zu kaufen. Falls du bezügliches eines Themas CO2-Emissionen einsparen kannst, erhältst du den jeweiligen Wert angezeigt. Laut Earnest-App beträgt zum Beispiel die Ersparnis durch regionales und saisonales Einkaufen etwa 200 Kilogramm CO2 pro Kopf. Zum Schluss jeder Lektion kannst du mit einem Quiz weitere Punkte erzielen.
Zusätzlich hält die Earnest App noch weitere Funktionen bereit – unter anderem Gerätechecks oder Analysen zu deinem Energieverbrauch und deinen Mietnebenkosten.
Earnest-App – Die Sache mit den Prämien
Die Prämien, die du in der Earnest-App erwirbst, sind im Grunde Spenden. Die Punkte gibt Earnest für dich an Projekte weiter, die beispielsweise Bäume für den Klimaschutz pflanzen, den Ozean von Plastikmüll befreien oder Korallen gegen die Korallenbleiche züchten, die Korallenriffs bedroht. Außerdem kannst du für Nothilfe in der Ukraine spenden.
Das klingt zunächst alles nach sinnvollen Projekten. Trotzdem lohnt es sich immer, den Sinn einer Spende und die ausführende Organisation kritisch zu betrachten. In den Information der Earnest-App findest du dazu einige Angaben – in der Regel führen gemeinnützige Organisation die Projekte durch.
Am Beispiel der Prämie „Bäume pflanzen“ haben wir uns das genauer angeschaut.
Bäume pflanzen, ja oder nein? – Hinter der Aufforstung steht der Gedanke, dass Bäume natürliche Kohlenstoffspeicher sind. Sie entziehen der Atmosphäre Kohlenstoffdioxid (CO2) und nutzen es für sich als Nährstoff. Aus einer Studie der ETH Zürich geht hervor, dass jetzt gepflanzte Bäume noch Einfluss auf den Klimawandel nehmen können. Allerdings weisen die Forscher:innen auch darauf hin, dass die Zeit drängt. Bis die Bäume ihr volles Potenzial als CO2-Speicher erfüllen können, dauert es Jahrzehnte.
Steht eine seriöse Organisation dahinter? Das Magazin GEO hat eine Liste von Merkmalen aufgestellt, an denen du seriöse Baumpflanzaktionen erkennen kannst. Einige Beispiele:
- Ein Baum für wenige Cent – besser nicht. GEO weist darauf hin, dass es auch in den ärmsten Ländern der Welt nicht möglich ist, für so wenig Geld Bäume zu pflanzen.
- Transparenz – Wie gut informiert die Organisation über ihre Unternehmungen? Gibt es Zahlen, wie viele der Setzlinge überhaupt anwachsen?
- Nachhaltige Umsetzung – Trägt die Aktion zur Erhaltung der Artenvielfalt bei? Passen die gepflanzten Bäume in das vorhandene Ökosystem? Werden entwaldete Flächen wieder aufgeforstet?
Wie sieht es nun bei der Earnest-App aus? In der Earnest-App und bei ihren Partnerorganisationen sind zu einigen dieser Fragen noch keine Informationen abrufbar. Zum Beispiel kannst du deine Prämie dafür einsetzen, den heimischen Wald wieder aufforsten zu lassen. Darum kümmert sich das junge Unternehmen Novatree. Auf seiner Website erklärt das Unternehmen, dass es mithilfe von Drohnen Baumsamen in Form von Seedbombs abwirft. Die Zusammensetzung der Seedbombs ist nach Angaben von Novatree mit Förstern abgesprochen. So soll sichergestellt sein, dass sie die Artenvielfalt im Wald verbessern.
Die entscheidende Frage ist aber, ob die Samen auch keimen und ob daraus wirklich Bäume wachsen. Die Antwort darauf bleibt Novatree bislang schuldig. Andere Organisationen verwenden fast ausschließlich Setzlinge, von denen auch tatsächlich nicht jeder anwächst.
Novatree verspricht, demnächst eine Karte online zu stellen, auf der die bepflanzten Flächen markiert sind. Bis dahin bleibt auch offen, wo und wann die Aufforstungen erfolgen. Ein allgemeines Zertifikat über die Pflanzung der Bäume stellt das Unternehmen dir jedoch aus.
Fazit: Die Earnest-App regt zu mehr Nachhaltigkeit an – Aber…
Die Earnest-App ist gut gemacht und animiert zum Mitmachen. Die Informationen rund um Nachhaltigkeitsthemen kommen häppchenweise und sind gut verdaulich portioniert. So regt die App dazu an, sich tiefer mit den Problemen auseinanderzusetzen, ohne zu überfordern.
Allerdings bleibt unter der bunten Oberfläche der Earnest-App einiges noch unklar. Sie erscheint bei genauerer Betrachtung noch nicht ausgereift.
- Transparenz: Die Earnest-App läßt an einigen Stellen Transparenz vermissen. Neben dem schon angesprochenen, etwas undurchsichtigen System der Prämien fehlen auch Informationen, wie die eingesparten CO2-Emissionen eigentlich berechnet werden.
- CO2-Fußabdruck: Die App will dir nach eigener Aussage dabei helfen, deinen persönlichen CO2-Fußabdruck zu verkleinern. Einen CO2-Rechner stellt sie aber nicht zur Verfügung. Sollte es nicht eine Kernfunktion der App sein, den eigenen CO2-Fußabdruck zu ermitteln?
Smartphone-Apps und Nachhaltigkeit: Ein Widerspruch? Handykonsum verbraucht Strom. Dadurch entstehen fast immer noch Treibhausgase. Nach Berechnungen des Öko-Instituts entstehen bei der durchschnittlichen Nutzung eines Handys im Jahr rund vier Kilogramm CO2. Außerdem kann das blaue Licht der Bildschirme Schlafstörungen auslösen.
Auch die Earnest-App weist auf diese Problematik hin: Sie rät, das Smartphone ab 21.00 Uhr wegzulegen. Auf der anderen Seite lebt die App davon, dass die Nutzer:innen ihre freie Zeit am Handy verbringen. Täglich mindestens ein neues Quiz, Zitate oder Umfragen animieren eher dazu, das mobile Geräte doch länger in der Hand zu behalten.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- 4 Tipps – so handelst und lebst du klimaneutral
- Energieberatung: Das sind die Kosten und Anbieter
- Zero Waste: Diese 5 Dokus zeigen dir, wie du weniger Müll produzierst
War dieser Artikel interessant?