Das Internet verschlingt Energie: Allein in Deutschland schlucken Rechenzentren gut zwei Prozent allen Stroms. Besser also, wenn wir uns für grünes Webhosting entscheiden. Aber gibt’s das überhaupt?
Orange unterstrichene oder mit ** markierte Links sind Partnerlinks. Wenn du darüber bestellst, erhalten wir einen kleinen Anteil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.
Laut IT-Branchenverband Bitkom liefen 2015 allein in Deutschland etwa 50.000 Rechenzentren (RZ), wobei ein typisches RZ von 1.000 Quadratmetern Fläche etwa 5,5 Millionen Kilowattstunden Strom verbrauchte. Das Nachhaltigkeits-Institut Borderstep bezifferte den Energiebedarf von Rechenzentren im Jahr 2016 gar auf 12,4 Milliarden Kilowattstunden (PDF) für Deutschland – so viel wie vier mittlere Kohlekraftwerke – sowie auf 287 Mrd. kWh weltweit. Der Blaue Engel ist da etwas konservativer: Er schätzte 2014, dass deutsche Rechenzentren rund 9,1 Mrd. kWh im Jahr verbrauchen.
Andere Schätzungen gehen davon aus, dass Informationstechnologien in wenigen Jahren die Umwelt stärker belasten werden als der Flugverkehr. Die Corona-Pandemie beschleunigt diese Entwicklung derzeit noch: Die Menschen reisen weniger – und surfen mehr.
Entsprechend groß sind die Nachhaltigkeitseffekte, wenn wir auch hier auf energieeffiziente Systeme und Ökostrom umschalten. Natürlich hat auch die Elektronik an sich, was das Thema Nachhaltigkeit betrifft, einigen Nachholbedarf (Rohstoffgewinnung, Produktion, Entsorgung, …) – und ist von einer „Green IT“ noch weit entfernt. Aber das sollte uns nicht daran hindern, unser Geld bei Anbietern zu lassen, die jetzt schon mit gutem Beispiel vorangehen.
Grünes Webhosting: Server mit Ökostrom
Wir haben uns einmal umgesehen und grüne Webhoster ausfindig gemacht. Das Ergebnis in Kürze: Jede:r, der:die eine Website betreibt, hat heute schon die Wahl zwischen konventionellen Hostern – und solchen, die mit Ökostrom arbeiten.
Allgemein gilt: Sparsame Rechenzentren und Klimaneutralisation sind gut – besser wäre es aber, wenn schon der Strom selbst öko und damit klimaneutral wäre. Am besten natürlich von solchen Anbietern, die die Energiewende aktiv vorantreiben. Wir haben die Anbieter von ‚green hosting‘ daher in eine erste und eine zweite Reihe aufgeteilt:
1. Grünes Webhosting mit empfehlenswerten Ökostromanbietern
Die Kandidaten der ersten Reihe
- nennen ihren Ökostromanbieter ganz konkret,
- haben sich für einen empfehlenswerten Ökostromanbieter entschieden
- und engagieren sich idealerweise auch darüber hinaus für Nachhaltigkeit.
Falls du für dich selbst mal einen Stromvergleich machen willst:
Hinweis: Der jeweils genannte Minimum-Tarif ist nur ein Beispiel; er nennt den günstigsten Tarif mit Domain, PHP und MySQL, mit dem also zum Beispiel ein WordPress-Blog betrieben werden könnte. Als direktes Vergleichskriterium ist diese Zahl aber nicht geeignet, weil andere Faktoren (Traffic-Limits, Webspace etc.) variieren können und den Tarifvergleich bei Webhostern allgemein erschweren.
Avalon Networks
- Dienste: grünes Webhosting, Managed Hosting, Mailhosting
- Minimum-Tarif: „Klein“, 15 Euro monatlich
- Engagement: Ökostrom
- Öko-Stromanbieter: 80 Prozent Naturstrom, 20 Prozent aus eigener Photovoltaik
- Info: avalon-networks.com
BioHost
- Dienste: grünes Webhosting
- Minimum-Tarif: „BioSpace S“, 4,99 Euro monatlich
- Engagement: seit 2006, Ökostrom, nachhaltigere Unternehmensführung, eigene Datacenter seit 2011, zweiter Lebenszyklus für Leasingrückläufer
- Öko-Stromanbieter: Polarstern
- Auszeichnungen: Grüne Helden Förderpreis 2018
- Info: www.biohost.de
GreenSta
- Dienste: grünes Webhosting, Groupware
- Minimum-Tarif: „GreenSta Plus“, 5,97 Euro monatlich
- Engagement: Ökostrom, nachhaltige Bank, nachhaltigere Unternehmensführung, Mitglied im Verband dasselbe in Grün e.V.
- Öko-Stromanbieter: Green Planet Energy
- Auszeichnungen: Atomstromfreier Server (Greenpeace Energy)
- Info: ssl.greensta.de
Lands
- Dienste: grünes Webhosting, Cloud, diverse IT-Lösungen für Unternehmen
- Minimum-Tarif: „Klein & Fein Green 5/1“, 11,90 Euro monatlich
- Engagement: Ökostrom, Gemeinwohlökonomie, Mitglied im Verband dasselbe in Grün e.V.
- Öko-Stromanbieter: Green Planet Energy
- Info: lands-concepts.com
SpaceNet
- Dienste: grünes Webhosting, Managed / Dedicated / Colocation Hosting, Groupware, Cloud, Backup, diverse IT-Lösungen für Unternehmen, notenbankfähig
- Minimum-Tarif: auf Anfrage
- Engagement: seit 2008, Ökostrom, Emissionsausgleich, eigene Niedrigenergie-Rechenzentren
- Klimaneutralität: zertifiziert durch ClimatePartner
- Öko-Stromanbieter: Naturstrom
- Auszeichnungen: Utopia Changemaker 2012, Audit „Zukunftsfähige Unternehmenskultur“ 2018, „Ausbildungsbetrieb 2019“
- Info: www.space.net
- Transparenz-Hinweis: Utopia.de nutzt SpaceNet seit 2008 als Webhosting-Anbieter.
Webgo
- Dienste: grünes Webhosting, Root / Managed / Dedicated Server, Domains, vServer (virtuelle private Server / VPS)
- Minimum-Tarif: „Webhosting Starter“, 5,95 Euro monatlich
- Engagement: Ökostrom für Server und Office, Rechenzentrum in Deutschland, 5.400 Bäume via Plant-for-the-plane, diverse CSR-Aktivitäten
- Öko-Stromanbieter: Green Planet Energy
- Info: webgo.de**
Teuto.net
- Dienste: grünes Webhosting, Groupware, Cloud, Backup, diverse IT-Lösungen für Unternehmen
- Minimum-Tarif: „Webserver Start 17″, 9,90 Euro monatlich
- Engagement: seit 2007, Ökostrom, nachhaltigere Unternehmensführung
- Öko-Stromanbieter: Green Planet Energy
- Info: teuto.net
2. Hosting mit „irgendeinem“ Ökostrom
Die Green-Hosting-Kandidaten der zweiten Reihe
- verwenden nach eigenen Angaben „Ökostrom“,
- nennen aber ihren Stromanbieter nicht
- oder haben sich für einen weniger empfehlenswerten Ökostrom-Anbieter entschieden.
Weniger empfehlenswert ist ein Ökostrom-Anbieter, der noch mit Kohle- und Atomstrom verbunden ist. Die Anbieter Naturenergie oder Energiedienst zum Beispiel sind EnBW-Beteiligungen; und EnBW gilt eher als Bremser denn als Treiber der Energiewende (siehe Lobbypedia, Wikipedia).
Bei Stromlieferanten lohnt der Blick auf Details, denn etwa bei Stadtwerken oder Tochtergesellschaften wie Energiedienst AG findet man in der Stromkennzeichnung (die gesetzlich vorgeschrieben ist) oft noch viel Kohle- und Atomstrom. Bei den grünen Webhostern der ersten Reihe und ihren Stromversorgern ist gerade das eben nicht der Fall.
Wichtig und richtig ist aber auch: Die hier genannten Webhosting-Anbieter mit weniger strengen Ökostrom-Standards sind definitiv besser als Webhoster, die noch konventionellen Strom verwenden!
- 1&1, Webhoster mit Ökostrom der Stadtwerke Karlsruhe, 1und1.de
- All-Inkl, Webhoster mit Ökostrom ohne Anbieternennung, all-inkl.com
- Host Europe, Webhoster mit Ökostrom ohne Anbieternennung, hosteurope.de
- Manitu, Webhoster mit Ökostrom der Stadtwerke St. Wendel, manitu.de
- Strato, Webhoster mit Ökostrom ohne Anbieternennung, strato.de
- Petricore, WordPress- und Webhoster mit Ökostrom ohne Anbieternennung, Server in Island, petricore.is
- UD Media, Webhoster mit Ökostrom von Mainnova, udmedia.de
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit – wir nennen vor allem bekannte, verbreitete Webhoster, die Ökostrom als Feature kommunizieren.
Erkennungsmerkmale für grüne Webhoster?
Leider gibt es derzeit noch keine klaren Erkennungsmerkmale für grüne Webhosting-Anbieter. Wir empfehlen deshalb:
- Achte beim Webhosting-Angebot auf eine klare Nennung des verwendeten Stromanbieters.
- Achte beim vom Webhoster genannten Ökostrom-Anbieter darauf, ob er empfohlen wird – etwa von der Utopia-Bestenliste oder von EcoTopTen.
- Achte auf andere, klar kommunizierte Bemühungen des Webhosters, nachhaltiger zu arbeiten.
- Meide Webhosting-Unternehmen, die keinen Ökostrom verwenden oder nicht transparent machen, woher genau ihr Ökostrom kommt.
Rechenzentren mit „Blauem Engel“?
Theoretisch gibt es übrigens auch den „Blauen Engel“ als Umweltzeichen für Rechenzentren. Stand 1. Februar 2021 haben das in Deutschland aber nur Rechenzentren öffentlicher Institutionen oder Forschungseinrichtungen, nämlich
- das BSH Rechenzentrum Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH),
- der Green IT Cube am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung und
- das HLRS Höchstleistungsrechenzentrum der Universität Stuttgart.
Anders gesagt: Es gibt derzeit noch keine Webhosting-Angebote oder Webserver mit Blauem Engel, die als Alternative in Frage kommen. Schade.
Der PUE-Wert
Inzwischen gibt es erste Kennzahlen, mit denen die Energieeffizienz eines Rechenzentrums abgebildet werden könnte: Der PUE-Wert (Power Usage Effectiveness) gibt die Energieeffizienz bezogen auf den IT-Energieverbrauch an. Der PUE-Wert ist stets größer als 1 – und je kleiner er ist, desto besser. Gelegentlich ist der DCIE-Wert zu finden (Data Center Infrastructure Efficiency): Diese Prozentzahl ist der Kehrwert des PUE (also: je größer, desto besser).
Zu den Problemen dieses Werts gehört unter anderem, dass vor seiner Berechnung definiert sein muss, welche Lasten eigentlich „IT“ sind – denn 2015 entfielen laut Bitkom (PDF) immerhin 33 Prozent auf die Kühlung. Auch hängt der PUE unter anderem von der Umgebungstemperatur ab und kann daher rein rechnerisch unter 1 sinken, auch etwa dann, wenn die Abwärme genutzt wird.
Zur Veranschaulichung: Frühere Rechenzentren (ca. 2009) hatten teils einen PUE-Wert von 2,5. Heute gelten PUE von 2 als Durchschnitt, PUE von 1,5 als gut. SpaceNet baut nach eigenen Angaben gerade ein Rechenzentrum mit einem PUE-Wert von 1,2. Es tut sich also durchaus etwas – doch bislang stieg der Bedarf an Serverkapazität stets schneller, als IT-Systeme mit Energieeffizienz die Entwicklung ausgleichen konnten. Umso wichtiger ist die Verwendung von Ökostrom; und wenn dieser von empfehlenswerten Ökostromanbietern stammt, dann bringt das sogar die Energiewende weiter.
Server-Abwärme nutzbar machen
Ein interessanter Nachhaltigkeitsansatz bei diesem Thema ist die Nutzung der Abwärme von Rechenzentren. Das Projekt reuseheat.eu soll auf EU-Ebene untersuchen, wie sich Abwärme von Serverräumen oder auch Gebäuden nutzen lässt. In Schweden gibt es bereits Internetanbieter, die solche Verfahren einsetzen. Auch deutsche Bundesländer arbeiten an nachhaltigeren Rechenzentren, sprechen allerdings noch keine konkreten Empfehlungen für Anbieter aus.
Überhaupt beginnt gerade erst die systematische Erforschung, wie die Nachhaltigkeit von Rechenzentren vergleichbar ermittelt und sinnvoll verbessert werden kann. Wer tiefer in die Materie einsteigen will, lese den Abschlussbericht „Kennzahlen und Indikatoren für die Beurteilung der Ressourceneffizienz von Rechenzentren und Prüfung der praktischen Anwendbarkeit“ des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2018 (PDF).
Fazit grünes Webhosting: Es geht!
Das Internet verbraucht* ungeheuer viel Energie, sowohl auf Seiten der Nutzer:innen als auch auf Seiten der Webserver. Daher ist es sinnvoll, wenn mehr Diensteanbieter und auch Blogger auf grünes Webhosting setzen und Webhoster ihrerseits zu empfehlenswertem Ökostrom wechseln. Das senkt die CO2-Emissionen der IT und reduziert so das Ausmaß der Steigerung unseres Energieverbrauchs.
Abschläge bei Performance oder Know-how sind bei den „Ökos“ nicht zu befürchten, denn auch sie sind IT-Profis – nur eben nachhaltige. Auch vom Preis her sehen wir derzeit kaum Argumente, die gegen Webhosting mit Ökostrom sprechen.
Wer will, findet derzeit eine Handvoll, aus Nachhaltigkeitssicht empfehlenswerte, grüne Webhoster – plus eine ganze Reihe von Webhostern mit Ökostrom. Bei der eigenen Website auf einen grünen Anbieter umzusteigen, ist heute einfacher denn je und neben dem Wechsel zu Ökostrom, Ökobanken oder nachhaltigen Versicherungen ein weiterer Hebel, mit dem bewusste Konsument:innen ihr Geld in Kanäle lenken können, die nachhaltiger damit umgehen.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Suchmaschinen: 10 spannende Alternativen zu Google
- E-Mail-Alternativen: grüner, sicherer, werbefrei
- Grüne Apps fürs Smartphone
*An die Physiker:innen: Wir wissen, dass Energie nicht „verbraucht“ wird. Aber das hier ist eben kein Text zur Physik, sondern zur Energiewirtschaft.
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?
- Handynacken: Diese 5 Tipps helfen
- Test: Shift 5me von Shiftphones – so gut ist das reparierbare Smartphone
- CDs und DVDs richtig entsorgen: was du wissen musst
- Unser Tipp: Empfehlenswerte Hörbücher bei Spotify
- Fairphone 4 im Praxistest: das Smartphone zum Selbst-Reparieren
- Druckerpatronen entsorgen: Toner und Tintenpatronen gehören nicht in den Hausmüll
- Be My Eyes: Blinden Menschen per App zum Sehen verhelfen
- Lebensmittel wertschätzen: neue Website gegen Verschwendung
- Fairphone kaufen & bestellen in Deutschland