Wärmepumpen gelten als die Lösung, um klimafreundlicher zu heizen. Doch ganz einfach wird der Umstieg von der Gasheizung zur Wärmepumpe nicht. Und gibt es sinnvolle Alternativen? Wir haben bei einem Energieexperten nachgefragt.
Der Krieg in der Ukraine und die daraus entstandene Gaspreiskrise hat überdeutlich gemacht: Wir müssen weg vom Gas und das möglichst schnell – auch um das Klima zu schützen. Aktuell gelten vor allem Wärmepumpen als nachhaltige Alternative zur Gasheizung, die Bundesregierung will einen möglichst schnellen Umstiegund bis ins Jahr 2030 sechs Millionen Wärmepumpen verbaut haben. Dafür sieht das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hohe Förderungen vor.
Zur Wahrheit gehört aber auch: Die schnelle Umrüstung wird nicht einfach. Wärmepumpen kosten, es fehlen Handwerker:innen und nicht für alle Gebäude sind sie die richtige Lösung.
Wir haben mit dem Energieexperten Reinhard Loch, Leiter des Bereichs Energieeffizenz bei der Verbraucherzentrale NRW, gesprochen.
Anmerkung: Das Interview wurde im Juni 2022 geführt.
„Energieeffiziente und klimaneutrale Wärmeversorgung kann nur die Wärmepumpe leisten“
Utopia: Warum gibt es jetzt eigentlich diesen Hype um Wärmepumpen? Und warum sind die so viel nachhaltiger als Gas- und Ölheizungen?
Reinhard Loch: Das hat zwei Gründe. Zum einen ist eine elektrische Wärmepumpe vom Wirkungsgrad her besser als eine Öl- oder Gasheizung. Sie macht aus einer Energieeinheit Strom, die man reinsteckt, drei bis vier Wärmeinheiten, die nachher im Heizkörper oder im Warmwasser landen. Sie ist also sehr effizient.
Und der andere Grund ist, dass wir den Strom, mit dem wir die Wärmepumpen betreiben, langfristig 100 Prozent erneuerbar machen können. Um die 42 Prozent des Stroms erzeugen wir ja jetzt schon mit Öko-Energie – also im Wesentlichen Sonne und Wind – und bis 2040 sollen es dann 100 Prozent sein.
Diese energieeffiziente und klimaneutrale Wärmeversorgung, das kann derzeit nur die elektrische Wärmepumpe leisten.
Können Sie in drei Sätzen erklären, wie eine Wärmepumpen eigentlich funktioniert?
Also erstmal: Eine Wärmepumpe hat jeder, nämlich in seinem Kühlschrank. Da sieht man schon, dass es eine bewährte und einfache Technik ist. Der Kühlschrank macht ja nichts anders, als dass Wärme aus dem Inneren nach hinten an den Wärmetauscher gepackt wird und also einfach Wärme gepumpt wird.
Bei der Heizung funktioniert das so: In einer Wärmepumpe ist ein Kreislauf mit einem Kältemittel. Das Kältemittel dehnt sich aus, kühlt dabei sehr stark ab und nimmt Wärme auf. Und das macht es draußen in der Umgebung, es nimmt also Wärme aus der Außenluft oder dem Erdreich auf. Dieses Kältemittel wird dann so warm wie etwa die Umgebungsluft oder das Erdreich und dann wird es von einem Kompressor komprimiert. Bei der Komprimierung wird es noch heißer und diese Wärme gibt es dann wieder ab, wenn es in Richtung Heizkörper geht oder zum Warmwasserspeicher. So kann man also das Temperaturniveau anheben, durch diesen Kreislauf aus Expansion – das Gas kühlt sich ab – und Kompression – das Gas wird heiß.
Wir kennen das übrigens auch von der Fahrradpumpe: Wenn ich einen Fahrradreifen aufpumpe, dann wird die Luftpumpe irgendwann heiß. Das ist genau dasselbe Prinzip. Da wird ja auch Gas komprimiert und das wird dann warm.
Es heißt ja oft, das funktioniert am besten in Kombination mit einer eigenen Photovoltaik-Anlage. Warum?
Wenn man zur Wärmepumpe noch eine Photovoltaikanlage auf dem Dach hat, kann man im Sommer beispielsweise die Warmwasserbereitung komplett mit Sonnenenergie abdecken, indem die Wärmepumpe von der Photovoltaikanlage betrieben wird. Im Winter ist das schwieriger, weil die Sonne weniger scheint, da muss man dann schon den Strom aus dem Netz nehmen.
Im Winter haben wir aber in Deutschland sehr viel mehr Windenergie, die dann die Wärmepumpen antreiben kann, also aufs ganze Land gesehen. Das ist so die Hoffnung: Im Sommer haben wir viel Sonnenenergie und nutzen die durch die eigenen Photovoltaikanlagen auf den Dächern, und im Winter haben wir mehr Windenergie und so gleicht sich das auf das ganze Land gesehen quasi aus.
„Nicht jedes Gebäude ist geeignet für eine Wärmepumpe.“
Und können wir jetzt einfach alle Haushalte mit Wärmepumpen ausstatten?
Das ist eine gute Frage. Nicht jedes bestehende Gebäude ist geeignet für eine Wärmepumpe. Eine Wärmepumpe braucht bestimmte Rahmenbedingungen im Heizsystem, damit sie effektiv und sparsam läuft. Das sind eine niedrige Vorlauftemperatur, etwas größere Heizkörper und ideal ist eine Fußbodenheizung. Und man braucht natürlich auch einen Ort, wo der Wärmetauscher stehen kann. Da wird eine Art Ventilator wie bei Klimaanlagen außen aufstellt, der die Luft ansaugt, und das braucht ein bisschen Platz und macht auch Geräusche. Man kennt das vielleicht von Klimaanlagen, so ein Strömungsgeräusch. Das Gerät muss man also erstmal irgendwo im Garten platzieren können.
Gibt es weitere Schwierigkeiten bei der schnellen Umrüstung?
Ja, es gibt neben der technischen Seite noch zwei andere. Die eine ist, dass die Luftwärmepumpe in der Regel etwas teuer ist als eine Gas- oder Ölheizung. Das heißt, wer das installieren will, braucht etwas mehr Geld. Allerdings wird es vom Staat massiv gefördert. Aktuell werden elektrische Wärmepumpen mit etwa 35 Prozent gefördert, aber Herr Habeck möchte das noch erhöhen, es ist also durchaus möglich, das sie demnächst mit 50 Prozent gefördert werden.
Und die andere ist, dass wir natürlich erstmal die Handwerker brauchen. Und selbst, wenn die Handwerker da sind, fehlt zum Teil das Material, also die Wärmepumpen oder Einzelteile. Es gibt da zum Teil Lieferengpässe, die Wartezeiten betragen zur Zeit etwa sechs Monate.
Im Moment wird die Wärmepumpe ja als relativ alternativlos dargestellt. Gibt es denn sinnvolle Alternativen?
Man geht davon aus, dass 70 bis 80 Prozent unserer Gebäude irgendwann in den nächsten zehn bis 15 Jahren mit einer Wärmepumpe versehen sein werden. Das ist in der Tat eine sehr ehrgeizige Aufgabe und ich bin gespannt wie erfolgreich wir sein werden. Aber es ist schon so: Für ein Ein- oder Zweifamilienhaus ist das einfach im Moment DIE überragende Lösung.
Eine Alternative im städtischen Bereich ist natürlich die Fernwärme. Ein Vorteil ist: Ein Fernwärmenetz gibt es bereits in sehr vielen Städten und viele Haushalte sind relativ bequem daran anzuschließen. Allerdings ist das im ländlichen Bereich eher schwierig. Die Nachteile der Fernwärme sind außerdem, dass der weitere Ausbau relativ aufwändig und teuer ist und dass sie aktuell noch nicht 100 Prozent umweltfreundlich ist, weil sie zum Teil immer noch mit Kohle oder Gas betrieben wird.
Aber: Experten fordern schon lange, dass mehr für den Ausbau der Fernwärme getan wird. Das ist eben einfach nicht so schnell voran zu bringen, sowas muss mehr in Jahrzehnten denken.
Solarthermie, Elektroheizung, Holzheizung: Echte Alternativen?
Und was ist mit individuellen Heizsystemen wie zum Beispiel der Solarthermie?
Die Solarthermie ist immer im Rennen, allerdings kann sie immer nur unterstützend funktionieren. Wenn im Winter die Sonne nicht scheint, kann ich damit das Haus nicht beheizen. Man kann man mit der Solarthermie nur rund 20 bis 30 Prozent der Wärme abdecken im Haus. Und zur Zeit gewinnt, was den Ausbau auf den Dächern angeht, auch einfach die Photovoltaik das Rennen.
Die andere Alternative ist die Elektrodirektheizung. Die hat aber einen sehr schlechten Wirkungsgrad. Die elektrische Wärmepumpe hat ja einen Wirkungsgrad von 3 bis 4, die Elektroheizung – nehmen wir als Beispiel die Infrarotheizung – arbeitet mit einem Wirkungsgrad von 1. Die macht also aus einer Kilowattstunde Strom eine Kilowattstunde Wärme. Das ist natürlich sehr teuer. Das kann man sinnvoll nur einsetzen in Häusern, die sehr, sehr wenig Energie verbrauchen, also in Passiv- oder Niedrigenergiehäusern. Im Altbau dagegen macht das keinen Sinn, sonst werden Sie von den Stromkosten aufgefressen.
Natürlich hat das Heizen mit Strom den Vorteil, dass wir den Strom 100 Prozent erneuerbar erzeugen können. Sie können ja auch heute schon Ökostrom beziehen, das ist dann im Prinzip klimaneutral. Nur ist im Altbau die Elektroheizung eben viel zu teuer.
Wie schneidet da die Holzheizung ab?
Die gute Seite daran ist, dass das Holz klimaneutral ist, wenn es aus nachhaltiger Waldwirtschaft stammt. Es sollte natürlich nicht irgendwo aus dem Regenwald stammen, aber wenn es sozusagen Abfall- oder Restholz ist, dann ist das klimaneutral. Aber es bleibt die Schattenseite: Die Feinstaubbelastung. Pelletheizungen haben in der Regel Filter, die müssen auch strenge Emissionswerte einhalten, da sind die Feinstaubwerte relativ gering, aber natürlich immer noch da. Wenn jetzt alle auf Holzverbrennung umsteigen würden, wäre das nicht sinnvoll.
Die Studien gehen im Moment in der Regel davon aus, dass wir irgendwann so etwa 10 Prozent der Wohnungen in Deutschland mit Holz beheizen werden. Holzheizungen werden dabei eher im ländlichen als im städtischen Raum verbaut.
Es wird also auch langfristig ein Mix aus verschiedenen Heizarten bleiben?
Ja. Es gibt viele Studien, die das beschreiben – auch vor dem Hintergrund, was überhaupt bezahlbar ist. Die Studien sagen, dass wir etwa zwischen 60 und 80 Prozent Wärmepumpen haben werden, um die 10 Prozent Biomasse, also zum Beispiel Pellet- oder Hackschnitzelheizungen, und in der Größenordnung von 20 Prozent Fernwärme. Und die muss dann erneuerbar werden.
„Als Mieter kann man nur durch sein Verhalten etwas verändern“
Und was genau können Mieter:innen jetzt tun, wenn sie diesen Winter nicht von den Gaspreisen aufgefressen werden wollen?
Der Mieter kann den Energieträger seiner Heizung in der Regel leider nicht beeinflussen und kann in der Regel nicht das Haus dämmen. Als Mieter kann man nur durch sein Verhalten etwas verändern und durch kleine Investitionen, die man auch machen darf. Da gehören bei der Sonnenenergie zum Beispiel Stecker-Solaranlagen dazu, das können ja auch viele Mieter am Balkon oder auf der Terrasse nutzen.
Außerdem haben wir im Sommer großen Einfluss auf unseren Warmwasserverbrauch. Den können wir zum Beispiel durch besonders sparsame Duschköpfe senken und man kann kürzer duschen, also bewusster. Da kann man ungefähr die Hälfte einsparen.
Im Winter können wir natürlich die Temperatur der Heizung anpassen. Habeck sagt ja auch, 10 bis 15 Prozent kann jeder einsparen und das stimmt. Eben auch indem wir die Temperatur etwas heruntersetzen. Das geht auch mit elektrischen Thermostatventilen, dass wir einfach die Raumtemperatur so anpassen, dass wir weniger Energie verbrauchen. Da gibt es die Faustformel, dass ein Grad weniger Raumtemperatur rund sechs Prozent Energie einspart. Wenn das alle machen, ist das schon was.
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