Konventionelle Landwirtschaft ist die häufigste Form der Landwirtschaft in Deutschland. Sie produziert den größten Teil unserer Nahrungsmittel. Gleichzeitig hat sie weitreichende Folgen für unsere Umwelt.
Was ist konventionelle Landwirtschaft?
In vielen Ohren klingt konventionelle Landwirtschaft romantisch – vor dem inneren Auge erscheinen kleine bäuerliche Betriebe, die traditionell wirtschaften. Tatsächlich bezeichnet konventionelle Landwirtschaft die allgemein üblichen und verbreiteten Formen der Landwirtschaft. In Abgrenzung dazu stehen spezielle Formen der Landwirtschaft – zum Beispiel die biologische Landwirtschaft. Konventionell bezeichnet die „Norm“ der Landwirtschaft. In Deutschland wirtschaften über 90 Prozent der Betriebe konventionell.
Die konventionelle Landwirtschaft unterliegt der allgemeinen Europäischen Agrarpolitik. Von ihr profitieren vor allem große industrielle Betriebe, während traditionelle Kleinbetriebe und die Umwelt leiden.
Konventionelle Landwirtschaft: EU Agrarpolitik und ihre Folgen
Seit den 50er Jahren regelt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) die Landwirtschaft in Europa. Das ursprüngliche Ziel: Genügend Nahrungsmittel zu einem angemessenen Preis produzieren und einen stabilen Markt für Lebensmittel schaffen. Um das zu erreichen, basiert die GAP auf zwei Säulen:
- erste Säule: Flächenprämien. Landwirtschaftliche Betriebe erhalten für jeden Hektar eine Prämie. Davon profitieren vor allem große Betriebe in der konventionellen Landwirtschaft: EU-weit fließen 80 Prozent der Flächenprämien an 20 Prozent der landwirtschaftlichen Großbetriebe.
- zweite Säule: Entwicklung des ländlichen Raums. Bestimmte Programme fördern Bio-Landwirtschaft und spezielle Maßnahmen zum Umwelt- oder Naturschutz.
In der Praxis ist die erste Säule wesentlich bedeutender als die zweite – sie verbraucht über 75 Prozent des europäischen Budgets für Landwirtschaft. Die Subventionen der EU machen dabei einen Großteil des Einkommens der landwirtschaftlichen Betriebe aus. Da durch die GAP vor allem Großbetriebe profitieren, wird die konventionelle Landwirtschaft immer spezialisierter und industrieller.
Konventionelle Landwirtschaft: Spezialisierung und Industrialisierung
Die konventionelle Landwirtschaft verfolgt das Ziel, möglichst viele Nahrungsmittel zu möglichst geringen Preisen zu produzieren – Landwirtschaft muss ertragreich sein. Je mehr Fläche bewirtschaftet wird, umso profitabler ist ein Betrieb. Was unter welchen Bedingungen angebaut wird, ist nebensächlich. Die Betriebe vergrößern und spezialisieren sich auf wenige landwirtschaftliche Produkte. Düngemittel kommen aus der Industrie, Saatgut von Saatgutfirmen, Tierprodukte aus Massentierhaltung.
Traditionelle Betriebe, die
- eigenes Saatgut vorhalten,
- Felder in Fruchtfolge bewirtschaften,
- wenige Tiere auf der Weide halten und
- ihr Getreide vor Ort mahlen,
sind zu einer seltenen Ausnahme geworden. In Deutschland ist die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in den letzten 40 Jahren von über zwei Millionen auf weniger als 300 Tausend gesunken.
Die Spezialisierung schwächt den ländlichen Raum: Vor Ort gibt es weniger Arbeitsplätze, da viele Arbeitsschritte ausgelagert werden. Auch die Umwelt leidet zunehmend unter der Industrialisierung der Landwirtschaft.
Konventionelle Landwirtschaft: Auswirkungen auf die Umwelt
Die Spezialisierung in der konventionellen Landwirtschaft bedeutet, dass sich landwirtschaftliche Betriebe auf die Produktion bestimmter Pflanzen oder Tiere konzentrieren. In extremen Fällen führt das zu Monokulturen und Massentierhaltung. Laut dem Bundesumweltamt werden in Deutschland auf rund 60 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen Futtermittel für Masttiere angebaut. Auf jeweils 20 Prozent der Flächen wachsen Lebensmittel und Pflanzen zur Energiegewinnung – also Mais für Biogasanlagen oder Raps für Biokraftstoffe. Das Hauptziel der konventionellen Landwirtschaft ist dabei, so viel Ertrag wie möglich zu erhalten. Die intensive Nutzung belastet die Umwelt auf unterschiedliche Weise:
- Böden verlieren an Fruchtbarkeit und erodieren
- Wasser und Luft werden verschmutzt
- die Artenvielfalt schwindet
- der Verbrauch von Energie und Ressourcen steigt
Zerstörung von Böden durch konventionelle Landwirtschaft
Ein gesunder Boden ist fruchtbar und enthält genügend Nährstoffe, um Pflanzen zu versorgen. Mikroorganismen sorgen für Humus und eine lockere Bodenstruktur. Diese nimmt Wasser auf und filtert es. Wenn landwirtschaftliche Flächen lange Zeit intensiv genutzt werden, leidet der Boden darunter – sowohl die Qualität, als auch die Substanz.
Landwirtschaftlichen Flächen fehlt die natürliche Vegetationsdecke. Sie wird für die Nutzung abgetragen. So ist der Boden der Witterung schutzlos ausgeliefert. Das macht ihn anfällig für Erosion – Wind und Regen tragen ihn ab. Viele konventionelle Landwirte verzichten zudem auf Fruchtfolgen und nutzen ihre Äcker mehrere Jahre intensiv. Dadurch sinkt der Humus-Anteil im Boden und er wird weniger fruchtbar. Damit trotzdem Pflanzen wachsen, wird künstlich gedüngt. Darunter leiden wiederum Mikroorganismen, die dem Boden helfen, sich zu regenerieren – ein Teufelskreis.
Schwere Maschinen und intensive Bearbeitung verdichten die Böden zudem. Sie können kaum noch Wasser aufnehmen und filtern. Stattdessen verschlammt der Boden unter Wassermengen oder wird abgetragen.
Einen großen Einfluss hat die Tierhaltung: Tierfutter wächst oft in großen Monokulturen. Die weiten Felder bieten dem Boden keinen Schutz vor Erosion und brauchen viel Dünger.
Konventionelle Landwirtschaft verschmutzt Wasser und Luft
Gesunder Boden nimmt Regenwasser auf. Die verschiedenen Erdschichten filtern und reinigen das Wasser, bis zum sauberen Grundwasser. Intensiv genutzte Böden sind dazu nicht mehr in der Lage – Regenwasser fließt ungefiltert ab und führt zu Hochwasser.
Dünger und Massentierhaltung mindern zudem die Wasserqualität. Das Wasser bindet Gülle, Medikamente und Giftstoffe. So gelangen sie ins Grundwasser, in Flüsse, Seen und Meere und belasten den gesamten Wasserkreislauf.
Unsere Luftqualität leidet ebenfalls unter der intensiven konventionellen Landwirtschaft. In Deutschland ist die Landwirtschaft der zweitgrößte Emittent klimaschädlicher Treibhausgase. Dazu zählt nicht nur CO2, sondern beispielsweise auch Lachgas und Methan:
- CO2 entsteht vor allem bei der Herstellung synthetischer Dünger.
- Lachgas wird bei der Herstellung von Stickstoffdünger freigesetzt, sickert ins Grundwasser und belastet die Atmosphäre.
- Methan entsteht im Magen von Wiederkäuern wie Kühen und belastet die Atmosphäre etwa 21 mal so stark wie CO2.
Fast 90 Prozent der Emissionen entstehen durch die Tierzucht – vor allem durch Rinder und Milchkühe. Bei ihrer Verdauung entstehen Gase, die sie direkt an die Umwelt abgehen. Auch der Mist von Zuchttieren enthält gebundene Gase. Wenn er sich zersetzt, gelangen sie in die Atmosphäre.
Schwindende Artenvielfalt durch konventionelle Landwirtschaft
Ein schneller Weg zu hohen Erträgen in der konventionellen Landwirtschaft ist die Monokultur: Auf großen Feldern werden wenige, besonders ertragreiche Nutzpflanzen angebaut. Weltweit sind das vor allem Mais, Reis und Weizen. Auch Soja wächst häufig in Monokultur. Über 90 Prozent davon wird als Futtermittel für Tiere angebaut.
Die riesigen Felder vernichten natürlichen Lebensraum. Die Artenvielfalt leidet unter schwindenden Wiesen, gerodetem Regenwald und trockengelegten Mooren. Fossile und synthetische Düngemittel belasten sie zusätzlich: Die Mischung aus Herbiziden, Fungiziden und Insektiziden hinterlassen kaum Leben auf intensiv genutzten Äckern.
Besonders bizarr daran: Auf etwa einem Drittel der Fläche wächst Futter für Masttiere. Unzählige wichtige Arten, die wir teilweise gar nicht kennen, weichen so der Ernährung für wenige gezüchtete Tierarten.
Energieverbrauch der konventionellen Landwirtschaft
Unsere Landwirtschaft produziert heute mehr Nahrungsmittel, als wir brauchen – zumindest in Europa. Allerdings braucht sie dafür auch viel mehr Energie. Besonders die Herstellung von Dünger ist sehr energieintensiv. Ebenso die Maschinen, mit denen die Felder bearbeitet werden. Dabei wird mehr Energie verbraucht, als am Ende geerntet: Pro Kalorie Nahrungsenergie werden allein beim Anbau 1,6 Kalorien investiert. Für die anschließende Weiterverarbeitung bis zum Verkauf kommen weitere knapp sechs Kalorien dazu. Tierprodukte brauchen dabei viel mehr Energie als Obst oder Gemüse. Züchten, melken, Ställe reinigen, schlachten, verpacken, verkaufen – die Produktionskette ist lang und energieintensiv.
Die Landwirtschaft ist außerdem der größte Wasserverbraucher weltweit – sie verbraucht rund 70 Prozent des gesamten Wassers. Besonders wasserintensiv sind Tierprodukte. Ein Kilo Rindfleisch verbraucht allein über 15 Tausend Liter Wasser. Der Großteil davon fließt stark verunreinigt wieder zurück in den Wasserkreislauf und belastet das gesamte Ökosystem.
Konventionelle Landwirtschaft: Vorteile und Chancen
Die konventionelle Landwirtschaft stellt sicher, dass wir in Europa ausreichend Nahrungsmittel zu einem angemessenen Preis bekommen. Wir können uns auf einen stabilen Lebensmittelmarkt verlassen. Global gesehen ist das ein großes Privileg. Wir müssen nicht um jeden Preis mehr und effizienter produzieren. Stattdessen können wir neue Ziele setzen und die Umwelt berücksichtigen. Auch konventionelle Landwirte können mit der Natur wirtschaften – wenn sie nicht zu kurzfristiger Effizienz gezwungen sind. Zum Beispiel, indem sie die Fruchtfolge einhalten, weniger düngen und gesunden Boden erhalten.
Dafür brauchen Landwirte Subventionen, die eine umweltfreundliche Wirtschaft belohnen. Als Konsument kannst du außerdem selbst bestimmen, welche Produkte du kaufst – und von welchem Landwirt.
Einige konventionelle Betriebe wirtschaften bereits im Einklang mit der Natur. Es lohnt sich, einen Blick auf Landwirte in deiner Region zu werfen: Wie wirtschaften sie und wo vertreiben sie ihre Produkte? Auf dem regionalen Wochenmarkt findest du oft Landwirte, die vielleicht nicht alle ökologisch, aber trotzdem umweltfreundlicher produzieren als industrielle Großbetriebe. Mehr Tipps bekommst du hier: Regional einkaufen: so geht’s!.
Besonders klimafreundlich sind pflanzliche Produkte. Sie verbrauchen weniger Ressourcen als Fleisch und Tierprodukte, die zudem eine Menge klimaschädlicher Gase produzieren.
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