Der Meeresspiegel-Anstieg ist eine Folge der Klimaerwärmung. Wir erklären Ursachen und Folgen des Phänomens und berichten über die aktuelle Lage und Prognosen für die Zukunft.
Derzeitige Lage des Meeresspiegel-Anstiegs
Schon länger ist bekannt, dass eine Folge der globalen Klimaerwärmung ein Meeresspiegel-Anstieg ist. 2019 schrieb das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) in seinem Sonderbericht zu den Ozeanen und der Kryosphäre (den Eismassen), der weltweite mittlere Meeresspiegel sei von 1902 bis 2015 um 16 Zentimeter angestiegen.
Außerdem stellten die Autor:innen des Berichts fest, dass sich der Meeresspiegel-Anstieg in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat: Von 2006 bis 2015 stieg der Meeresspiegel durchschnittlich um 3,6 Millimeter pro Jahr – diese jährliche Rate ist 2,5 mal so groß wie die von 1901 bis 1990.
Woher kommt der Meeresspiegel-Anstieg?
Der Meeresspiegel-Anstieg hat zwei Hauptursachen, die beide mit dem Klimawandel zusammenhängen:
- Thermische Ausdehnung: Je wärmer das Wasser ist, desto mehr dehnt es sich aus. Laut des Hamburger Bildungsservers nimmt die durchschnittliche weltweite Ozeantemperatur etwa seit den 1950er Jahren deutlich zu. Das führt dazu, dass der Meeresspiegel steigt, weil das wärmere Wasser mehr Volumen einnimmt.
- Abschmelzende Eismassen: Durch die Klimaerwärmung schmelzen zunehmend Eismassen ab – insbesondere in den Polarregionen sind das riesige Mengen. Das Süßwasser gelangt in die Ozeane und sorgt so für einen zusätzlichen Meeresspiegelanstieg.
Einen kleinen Einfluss hat außerdem der abnehmende Salzgehalt der Ozeane, da salzarmes Wasser weniger dicht ist als salzreiches Wasser.
Der Meeresspiegel-Anstieg schwankt und ist regional unterschiedlich
Wichtig ist, dass es immer um den durchschnittlichen Anstieg des durchschnittlichen Meeresspiegels geht („Global Mean Sea Level rise“). Denn der Meeresspiegel schwankt von Jahr zu Jahr und auch von Region zu Region. Wie kann das sein?
Dass der Meeresspiegel von Jahr zu Jahr schwankt, hängt unter anderem mit Wetterphänomenen wie El Niño und La Niña zusammen. Diese kehren alle paar Jahre wieder und beeinflussen in weiten Teilen der Welt die Niederschläge. Beispielsweise schreibt der Bildungsserver, dass der Meeresspiegel 2010 und 2011 aufgrund von La Niña abgesunken ist. In den Jahren verdunstete besonders viel Wasser aus Teilen des Pazifiks und verursachte starke Niederschläge in Teilen Südamerikas, Südostasiens und Australiens. Da ein großer Teil des Niederschlags im Landesinneren niederging und nicht zurück ins Meer gelangte, sank der Meeresspiegel.
Auch anderswo beeinflussen Strömungen in Atmosphäre und Ozeanen den Meeresspiegel. Das führt nicht nur zu Schwankungen von Jahr zu Jahr, sondern auch von Region zu Region. Das Deutsche Klima Konsortium (DKK) erklärt weitere Gründe dafür:
- Die Ozeane erwärmen sich nicht überall gleich schnell und das abschmelzende Eis (zum Beispiel aus den Polarregionen) verteilt sich auch nicht sofort gleichmäßig über die ganze Erde.
- Auch die Landmassen verändern ihre Höhe. Wenn große Gletscher abschmelzen, steigt der Boden dort beispielsweise an, da er „leichter“ geworden ist. Beispielsweise steigt die Region um Stockholm an, seitdem die Gletscher der letzten Eiszeit verschwunden sind.
- An manchen Orten sorgen die Menschen sogar ganz direkt für einen Meeresspiegel-Anstieg. Wenn eine große Stadt beispielsweise sehr viel Grundwasser abpumpt, sinkt die Stadt in der Folge ab. Ein ähnliches Problem gibt es in Erdöl– und Erdgasfördergebieten.
Welche Auswirkungen hat der Meeresspiegel-Anstieg?
16 Zentimeter Meeresspiegel-Anstieg seit Beginn des 20. Jahrhunderts – ist das nicht vernachlässigbar? Nein, gleich aus mehreren Gründen nicht. Erstens gibt es Regionen, die auf Höhe des Meeresspiegels liegen oder sogar darunter (wie zum Beispiel Teile der Niederlande oder viele Atolle). Außerdem sorgt der höhere Meeresspiegel dafür, dass Sturmfluten noch verheerender ausfallen als ohnehin schon. Sie treten in vielen Regionen häufiger auf und sind stärker.
Die Folgen betreffen sowohl uns Menschen als auch küstennahe Ökosysteme:
- Laut des DKKs leben weltweit etwa 680 Millionen Menschen in der Nähe von Küsten und/oder auf kleinen Inseln. Viele von ihnen sind also akut von einem steigenden Meeresspiegel bedroht.
- Der steigende Meeresspiegel bedroht küstennahe Ökosysteme wie Mangrovenwälder oder Marschland. Diese ganz speziellen Gebiete beherbergen oft Tier- und Pflanzenarten, die genau an die dort herrschenden Bedingungen angepasst sind. Bis zu einem gewissen Grad können solche Ökosysteme zum Ausgleich weiter ins Landesinnere wachsen. Hier versperren jedoch häufig menschliche Aktivitäten den Weg. Laut des IPCCs sind in den letzten 100 Jahren etwa 50 Prozent der küstennahen Feuchtgebiete verschwunden. Das liegt vor allem an der Landnutzung durch Menschen aber auch am steigenden Meeresspiegel.
- Solche küstennahen Ökosysteme speichern nicht nur CO2 und sind Horte der Artenvielfalt, sondern sie schützen auch die Küste vor Erosion. Der steigende Meeresspiegel verringert diesen Schutz, auch durch die häufigeren und stärkeren Sturmfluten.
- Wenn das salzige Meerwasser durch den höheren Meeresspiegel immer größere Landstriche überspült, kann es auch das Grundwasser vor Ort versalzen. Das gefährdet die Trinkwasserversorgung und die lokale Landwirtschaft.
Prognosen für den zukünftigen Meeresspiegel-Anstieg
Das IPCC hat Prognosen erstellt, wie sich der Meeresspiegel in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten entwickeln könnte. Dies hängt stark davon ab, wie viele Treibhausgase wir noch in die Atmosphäre lassen. Doch selbst in dem günstigsten Fall, dass die Treibhausgasemissionen weltweit in den nächsten Jahren stark abnehmen, wird der Meeresspiegel noch lange ansteigen. Denn bis diese Veränderungen beim Meeresspiegel ankommen, vergeht sehr viel Zeit.
- Der Meeresspiegel-Anstieg wird sich im Verlauf des 21. Jahrhunderts weiter beschleunigen. Viele Orte erwarten um 2050 oder spätestens gegen Ende des Jahrhunderts jährlich extreme Hochwasser, wie es sie sonst nur etwa einmal pro Jahrhundert gab. Vor allem in den Tropen wird die Situation sehr problematisch, da auch tropische Wirbelstürme zunehmen werden. Die finanziellen Schäden durch Hochwasser werden sich weltweit bis 2100 je nach Szenario verdoppeln bis verdreifachen, wenn die betroffenen Regionen keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen umsetzen.
- Je nach Szenario steigt der Meeresspiegel bis 2100 (im Vergleich mit 2000) um etwa 40 bis 80 Zentimeter – im Extremfall sogar über ein Meter.
- Möglicherweise werden im Verlauf dieses Jahrhunderts erste Inseln unbewohnbar.
- In allen Szenarien steigt der Meeresspiegel auch nach 2100 weiter an. Im besten Fall schafft er insgesamt nur einen Meter, bis sich das Level irgendwann einpendelt. Im schlimmsten Fall erwärmen sich Atmosphäre und Ozeane so stark, dass Grönland und die Antarktis in den nächsten Jahrtausenden komplett eisfrei werden. Dann würde der Meeresspiegel um mehr als 60 Meter ansteigen. Man bezeichnet dieses Ereignis als einen Kipp-Punkt des Klimas – wann er erreicht wird, ist unklar.
Was tun gegen den Meeresspiegel-Anstieg?
Am wichtigsten ist, dass jeder und jeder gegen die Klimaerwärmung ankämpfen. Denn der Meeresspiegel steigt je nach Szenario unterschiedlich stark an. Vielerorts sind auch Schutzmaßnahmen nötig. Zum Teil gibt es diese schon, weil sich küstennahe Regionen auch in der Vergangenheit schon vor Sturmfluten schützen mussten. Zu solchen Schutzmaßnahmen gehören laut IPCC und DKK:
- Deiche, Wellenbrecher und ähnliches
- Erhalt und/oder Wiederherstellung von küstennahen Ökosystemen wie Salzwiesen, Dünen oder Korallenriffen
- Landgewinnung
- Frühwarnsysteme für Sturmfluten
- Gebäude, die bei Hochwasser möglichst wenige Schäden davontragen
- Umsiedlung
Das IPCC sieht als ein großes Problem, dass solche Maßnahmen oft sehr teuer sind – und häufig seien arme Gemeinden am stärksten durch den Meeresspiegelanstieg bedroht. Ein frühes Handeln ist jedoch wichtig, um so viele Schäden wie möglich zu verhindern.
Meeresspiegel-Anstieg: Wie ist die Lage an Deutschlands Küsten?
Das DKK hat sich auch explizit mit dem Meeresspiegel-Anstieg an der deutschen Nord- und Ostseeküste befasst. So ist die Lage:
- Der Meeresspiegel-Anstieg an den deutschen Küsten entspricht ungefähr dem globalen Mittel.
- An der Nordseeküste bedroht der steigende Meeresspiegel das deutsche Wattenmeer. Dieses kann theoretisch mit dem steigenden Meeresspiegel „mitwachsen“, da durch die veränderten Meeresströmungen mehr Sedimente angelagert werden. Doch das Wattenmeer wächst langsamer als der Meeresspiegel steigt und versinkt deshalb irgendwann.
- Die deutschen Küsten sowie Hamburg und Bremen werden in Zukunft stärker von Sturmfluten bedroht.
Bisher sind die deutschen Küsten jedoch gut geschützt und Deutschland hat im Gegensatz zu vielen anderen Ländern die finanziellen Kapazitäten für weitere Maßnahmen. Die Bundesländer mit Küste sowie Bremen und Hamburg bündeln ihre bisherigen und zukünftig geplanten Maßnahmen in ihren „Generalplänen Küstenschutz“, hier zum Beispiel die Fassung von 2012 von Schleswig-Holstein. Das DKK schließt allerdings auch für Deutschland nicht aus, dass im Falle eines starken Meeresspiegel-Anstiegs vereinzelte Umsiedlungen nötig werden könnten.
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