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Umweltbundesamt: Warum wir ein zweites Preisschild auf Produkten brauchen

Jahresbericht Umweltbundesamt, zweites Preisschild für Produkte
Foto: "L1006367_v1" Sigfrid Lundberg unter CC BY-SA 2.0

Jeden Tag verbrauchen wir Aluminium, verbrennen Öl, verbauen Zement und schmeißen wertvolle Ressourcen auf den Müll – die Umweltauswirkungen vom gegenwärtigen Konsum sind enorm. Welche Schritte braucht es, um nachhaltigen Konsum Mainstream zu machen? Über das „zweite Preisschild“ und andere Ideen.

Bis 2050 sollen 10 Milliarden Menschen auf der Erde wohnen – und mit der steigenden Weltbevölkerung steigt auch der Verbrauch endlicher Ressourcen. „Wir müssen diesen Ressourcenverbrauch dringend reduzieren, um unsere Welt auch für die nächsten Generationen zu erhalten“, warnt das Umweltbundesamt (UBA) in seiner Jahrespublikation „Schwerpunkte 2016“ (PDF) und zeigt, wie es um den nachhaltigen Konsum steht, was auf politischer Ebene getan werden muss – und was Verbraucher selbst tun können.

Zweites Preisschild: könnte Umweltkosten transparenter machen

Was wir essen, wie wir von A nach B kommen und wie wir wohnen – all das ist Konsum und verbraucht Ressourcen und Energie. Trotz zunehmenden Interesses an Bio-Lebensmitteln und nachhaltigen Produkten sind wir beim Thema Konsum „noch weit vom Ziel der Nachhaltigkeit entfernt“, meint das UBA und schreibt auch, dass „alternative Praktiken des Konsums […] häufig noch weit entfernt vom gesellschaftlichen Mainstream [sind]“.

Grund dafür sei zum Beispiel die fehlende Transparenz über die tatsächlichen Kosten von Produkten – neben dem Preis auf dem Etikett schlagen schließlich auch unsichtbare ökologische Kosten zu Buche. Diese könne man durch ein „2. Preisschild“ sichtbar machen, schlägt das UBA vor. Auf diesem würden die Kosten, die mit der Herstellung, der Nutzung und der Entsorgung tatsächlich anfallen, für die Konsumenten deutlich sichtbar sein und somit die nachhaltige Kaufentscheidung erleichtern. Ein unnachaltig hergestelltes T-Shirt etwa würde dann auf dem 2. Preisschild die Kosten ausweisen, die für die Entsorgung der benötigten Chemikalien anfallen.

Viel zu schnell im Müll: Billig-Kleidung
Reduzierte Ware verführt zum häufigen Kauf. (Foto: © Vaidas Bucys - Fotolia.com)

Kreislaufwirtschaft und intelligentes Produktdesign

Doch wie wäre es, Produkte bereits umweltfreundlicher zu gestalten? Das Produktdesign bestimmt bis zu 80 Prozent die Umweltauswirkungen – bestes Beispiel dafür ist die Glüh- und LED-Lampe. Die LED-Lampe verbraucht durch ihr Produktdesign gegenüber der klassischen Glühlampe bei gleicher Lichtstärke nur ein Fünftel der Energie und ist zudem deutlich langlebiger. Ein solch intelligentes Design schont nicht nur die Umwelt, sondern sorgt auch für mehr Geld in den Portemonnaies der Konsumenten.

Wichtig wäre auch, in Rohstoffkreisläufen zu denken. Bereits seit 15 Jahren setzt sich die „Cradle-to-Cradle“-Bewegung für eine perfekte Kreislaufwirtschaft ein und für Produkte, die sich nach Gebrauch ohne Abfall wieder in den Wertstoffkreislauf oder den Naturkreislauf zurückführen lassen. Mehr dazu in unserem Artikel „Cradle to Cradle – die Vision von der Kreislaufwirtschaft ohne Abfall„.

Kreislaufwirtschaft und Produktdesign – das muss noch getan werden:

  • Weniger Lebensmittelverschwendung bei der Erzeugung, Verarbeitung, Herstellung, im Einzelhandel und in den privaten Haushalten
  • Hersteller in die Pflicht nehmen: Produkte herausbringen, die reparierbar sind und die Angabe einer garantierten Lebensdauer auf dem Produkt
  • Produktdesign von Anfang auf Kreislaufwirtschaft trimmen

Für sich selbst und für die Umwelt, das kann jeder tun:

  • Fahrrad und die eigenen Füße bei kurzen Wegstrecken nutzen
  • Sharing is caring: Dinge wie Autos, Werkzeug teilen und tauschen
  • Veggie-Days einlegen und damit auch das eigene Gewicht positiv beeinflussen
  • Kaputte Elektrogeräte, Möbel oder Kleidung selbst reparieren, statt wegzuwerfen
Schweden Reparieren
So wie früher: reparieren statt wegwerfen (Foto: © Kadmy - Fotolia.com)

Green Economy – die Politik ist gefragt

Selbst wenn Produkte intelligent designt sind und wir so oft wie möglich im Sinne der Umwelt konsumieren und handeln, bleiben Stolpersteine. Denn wenn der Flug nach Kopenhagen ein Drittel billiger ist als das Zugticket, und wenn das Stück Fleisch für unter fünf Euro zu haben ist – dann fällt die nachhaltige Kaufentscheidung schwer und erreicht wohl nie den Mainstream. Solche Preise stehen in keiner Relation zu den ökologischen Auswirkungen – denn Luftverschmutzung und Überschwemmungen als Folge kosten uns am Ende eine Menge.

Das UBA zeigt, wie der Weg zu einer Green Economy aussehen könnte:

  • Steuerbefreiung von Kerosin und Dieselkraftstoff aufheben: umweltschädliche Subventionen abbauen
  • Ausstieg aus dem Kohleabbau (bis 2018 wird die Steinkohleförderung noch subventioniert) und somit erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenenergie endlich wettbewerbsfähig machen
  • Der Einsatz elektrischer Wärmepumpen als wichtige zukunftsweisende Heizungssysteme
  • LKW- und Reisebusmaut auf allen Bundesstraßen

Auch auf Verbraucherseite können wir die Entwicklungen hin zur Green Economy beeinflussen, indem wir zum Beispiel mit erneuerbaren Energien heizen.

Fast Fashion und Kleidungsindustrie

Nachhaltig konsumieren meint nicht nur Lebensmittel oder Strom, sondern auch Kleidung. Jeden Monat komplett neue Outfits? Mit bis zu zwölf neuen Kollektionen im Jahr macht es die Kleidungsindustrie möglich. Und wir machen mit: Im Durchschnitt kauft jeder von uns 12 Kilogramm Kleidung jährlich.

Dabei hat Fast Fashion große Auswirkungen auf die Umwelt und die Menschen, die unsere Pullis und Jeans herstellen. „Ein T-Shirt kann bis zu 20.000 Kilometer zurücklegen, bevor es in einem deutschen Laden womöglich für vier Euro zu kaufen ist“, schreibt das UBA. Dass bei solchen Preisen bei der Näherin oder dem Näher der Kleidung nicht viel Geld übrigbleibt, liegt auf der Hand. Hinzu kommt die enorme Umweltbelastung durch die Vielzahl an Chemikalien, die für die Kleidungsproduktion eingesetzt werden.

Die fatale Konsequenz von Fast Fashion: Je mehr Kleidung im Umlauf, desto mehr Chemie in der Umwelt.

Fast Fashion: Tipps gegen Wegwerfmode / Schaufenster
Kaufen, kaufen, kaufen: Fast Fashion verführt zum schnellen Konsum. (Foto: Pixabay unter CC0 1.0)

Das kann jeder beim Kleidungskauf beachten:

  • Kaufe nur Baumwolle aus kontrolliert ökologischem Anbau, dort sind synthetische Pestizide und Düngemittel verboten.
  • Outdoor-Kleidung, Tischdecken, Sitzbezüge oder Arbeitsschutzkleidung: Bitte keine Produkte mit PFC (per- und polyfluorierte Chemikalien) kaufen, diese bleiben dauerhaft in der Natur, manche PFC „gefährden die menschliche Gesundheit und reichern sich in Organismen an“, so das UBA.
  • Keine PVC-haltige Kleidung kaufen. Dem Kunststoff sind Phthalate als Weichmacher zugesetzt. Diese Weichmacher sind vor allem in PVC-Aufdrucken von Textilien, in Regenkleidung und in Lederimitaten (wie auch bei Kinderschuhen) enthalten. Viele dieser Weichmacher wirken ähnlich wie Hormone und sind fortpflanzungsgefährdend.
  • Slow Fashion statt Fast Fashion: Kleidung länger tragen, Second-Hand kaufen, reparieren, selber nähen oder Kleidertausch-Parties besuchen
  • Faire und nachhaltige Mode kaufen: Orientiere dich beim Kauf an Siegeln wie dem Blauen Engel, GOTS, Fairtrade und dem europäischen Umweltzeichen.
  • Achtung beim Thema Kleidung spenden: Nicht jeder Altkleider-Sammler ist seriös.
  • Frag beim Hersteller nach und setze somit ein Signal für Produkte, die frei von besorgniserregenden Chemikalien sind.

Die hier vorgestellten Punkte sind nur ein Ausschnitt aus dem umfangreichen und interessanten Jahresbericht des Umweltbundesamtes. Den 100 seitenstarken Bericht kannst kostenlos online abrufen (PDF-Download).

Aktuell schaut sich das Umweltbundesamt übrigens das Thema „Kunststoffe in der Umwelt“ genauer an und will in diesem Zusammenhang eine Langzeitüberwachung von Müll im Meer entwickeln.

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