Welche Ökostrom-Label garantieren echten grünen Strom? Ein Vergleich der Gütesiegel zeigt, was Grüner Strom Label, ok-power, TÜV Süd und TÜV Nord über Ökostromtarife aussagen.
Ökostrom-Label sollen Kund:innen Orientierung geben und sicherstellen, dass ein Tarif tatsächlich nachhaltigen Strom liefert. Doch die Vielzahl an Ökostromsiegeln und Zertifizierungen macht es oft schwer, den Überblick zu behalten. Manche Gütesiegel sind streng und garantieren wirklichen Zusatznutzen für die Energiewende. Andere prüfen nur Herkunftsnachweise. Und bei manchen hängt es davon ab, welche Details das Siegel checkt. Das alles macht es nicht leichter.
In diesem Ratgeber vergleichen wir daher die wichtigsten Ökostrom-Labels: Grüner Strom Label, ok-power, TÜV Süd und TÜV Nord. Außerdem werfen wir einen Blick auf kleinere Zertifikate wie OmniCert, KlimaInvest oder Check24 KlimaPlus.
Spoiler: Als „sehr empfehlenswert“ beurteilen wir die Siegel „Grüner Strom“ und „ok-power“ / „ok-power-plus„.
- Was sind Ökostrom-Label?
- Grüner Strom Label
- ok-power-Label
- TÜV Süd EE01 / EE02
- TÜV Nord A75-S026-1
- Weitere Ökostrom-Gütesiegel im Überblick
- Kritik an Ökostrom-Siegeln: Besitzverhältnisse
- Warum manche Anbieter auf Ökostrom-Label verzichten
- Fazit: das ist das beste Ökostrom-Label
Was sind Ökostrom-Label?
Ein Ökostromlabel ist ein unabhängiges Zertifikat, das die Qualität von Ökostromtarifen (meistens) oder Ökostromanbieter (selten) bewertet. „Ökostrom“ ist nämlich ein großes Wort, das schlecht definiert ist: Meist geht es um Herkunftsnachweise, wobei aus einem deutschem Kohlekraftwerk nicht ökologischer Strom kommt, aus skandinavischer Wasserkraft aber Ökostrom; die Öko-Stromherkunft wird vom Strom getrennt und der „Herkunftsnachweis für Ökostrom“ (HKN) gesondert verkauft – und färbt hier den Kohlestrom grün.
Empfehlenswerte Gütesiegel gehen meist über reine Herkunftsnachweise für Ökostrom hinaus. Sie stellen auf verschiedene Weise sicher, dass ein tatsächlicher Mehrwert für die Energiewende entsteht, indem zum Beispiel in Deutschland neue Erneuerbare-Energie-Anlagen gebaut oder modernisiert werden.
Die besten Gütesiegel für Ökostrom stellen sicher, dass ein Teil des Strompreises direkt in den Ausbau erneuerbarer Energien fließt. Sie definieren außerdem Ausschlusskriterien, um Kohle- und Atomstrom-Anbieter fernzuhalten. So tragen sie aktiv zur Energiewende bei und verhindern zugleich Greenwashing. Und sie stellen Kriterien auf, damit auch die EE-Anlagen nach ökologischen Mindestkriterien gebaut werden.
Grüner Strom Label – strenge Kriterien & klare Förderung
Das Grüner Strom Label ist das älteste deutsche Grünstromlabel und gilt als besonders streng. Herausgeber ist der Verein Grüner Strom Label e.V., getragen u. a. von den Umwelt-NGOs BUND und NABU.
Wichtige „Grüner Strom Label“-Kriterien:
- getragen von sieben namhaften Umwelt- und Naturschutzverbänden
- direkte Investitionen in Neuanlagen und Energiewendeprojekte in Deutschland und Europa
- strenge Ausschlusskriterien für Versorger (keine Beteiligungen an Atomkraftwerken, ab 2027 auch nicht an Kohlekraftwerken)
- verbindliche Investitionen in Neuanlagen mit einer Investitionshöhe von 0,5 Cent pro kWh (bei privaten Kunden)
- gehobene ökologische Kriterien für EE-Anlagen
Besonderheiten
Ein Alleinstellungsmerkmal ist die Kopplung von Herkunftsnachweis Strom und physischer Lieferung: Der eingekaufte Ökostrom muss tatsächlich aus den gleichen Kraftwerken stammen, die die HKNs ausstellen. So wird eine bloße Umetikettierung von Graustrom verhindert.
Bewertung
Das Label ist konsequent, transparent und fördert aktiv neue Anlagen. Man merkt ihm an, dass Naturschutz-NGOs beteiligt sind – entsprechend beliebt ist es bei traditionellen Ökostromanbietern.
Utopia-Fazit: sehr empfehlenswert
Beispiele: Bürgerwerke, Green Planet Energy, Fair Trade Power, Naturstrom, Polarstern, ProEngeno, Westfalenwind
ok-power-Label – unabhängiges Gütesiegel für nachhaltigen Strom
Das ok-power-Label wird vom Verein EnergieVision e.V. vergeben, an dem u. a. das Öko-Institut beteiligt ist. Es ist eines der bekanntesten Ökostrom-Labels in Deutschland.
Wichtige „ok-power“-Kriterien:
- getragen von EnergieVision e. V., unter anderem unter Beteiligung des renommierten Öko-Instituts
- Fokus auf regionale und nationale Neuinvestitionen und Erneuerungen mit drei flexiblen Modellen
- strenge Ausschlusskriterien für Versorger (keine Beteiligungen an Atom – oder Braunkohlekraftwerken, neuen Steinkohlekraftwerken)
- z.B. verbindliche Investitionen in Neuanlagen mit einer Investitionshöhe von beispielsweise 0,3 Cent pro kWh
- ökologische Kriterien für EE-Anlagen
Besonderheiten
Sehr flexible Fördermodelle für Neuanlagen sowie für Verbraucher:innen faire Vertragsbedingungen (keine Vorkasse, keine Mindestabnahmemengen). Zu kritisieren ist, dass prinzipiell auch Graustrom mit Herkunftszertifikaten das Siegel tragen kann – dennoch stellt es dabei einen Mehrwert für die Energiewende sicher.
Bewertung
Das ok-power-Label garantiert, dass Stromanbieter unabhängig von Atom und Kohle sind und aktiv die Energiewende fördern.
Utopia-Fazit: sehr empfehlenswert
Beispiele: EWS Schönau Ökostrom, Green Planet Energy, Prokon Erneuerbare Energie, Octopus Energy
TÜV Süd Ökostrom-Zertifizierung – EE01 vs. EE02
Der TÜV Süd vergibt zwei verschiedene Ökostrom-Zertifikate: EE01 und EE02. Sie unterscheiden sich in den Kriterien extrem, ohne dass man aber sagen könnte, das eine wäre klar sinnvoller als das andere.
Kriterien TÜV Süd EE01
- mindestens 30 % des Stroms aus Neuanlagen oder 0,2 ct/kWh Investition in Erneuerbare
- alternativ: ein festgelegter Ökostrom-Mix, der sinnvoll auf die Energiewende einzahlt, dies aber eher indirekt als direkt)
- keine Ausschlusskriterien für Atom-/Kohlekraft
- keine ökologischen Mindestkriterien für die EE-Anlagen
Kriterien TÜV Süd EE02
- Strom muss zeitgleich zum Verbrauch und aus der Region beschafft werden („zeitgleiche Lieferung“)
- mindestens 75 % der Aufschläge müssen in Klimaschutz fließen (z. B. Wärmepumpen, Forschung, Neuanlagen)
- keine Ausschlusskriterien für Atom-/Kohlekraft
- keine ökologischen Mindestkriterien für die EE-Anlagen
Kritik und Besonderheiten
TÜV Süd EE01 bietet extrem verschiedene Modelle für Ökostromanbieter, so dass selbstwirksamkeitsorientierte Verbraucher es unter Umständen schwer haben, genau zu erkennen, ob der zertifizierte Tarif die von ihnen gewünschte Wirkung hat. TÜV Süd EE02 hat strenge Kriterien, kann aber komplett ohne Neubauförderung aus ausschliesslich alten Anlagen kommen
Bewertung
EE01 und EE02 sind ausgeklügelte Siegel für nachhaltigen Strom, die unter anderem auf die Infrastruktur und Eigenheiten regionaler Grundversorger Rücksicht nehmen. Aber: Der Strom kann auch von Unternehmen kommen, die mit Atom- und Kohlestrom zu tun haben.
Utopia-Fazit: empfehlenswert; wir vermissen klare Ausschlusskriterien und ökologische Mindestanforderungen an EE-Anlagen
TÜV Nord „Geprüfter Ökostrom“ – Basis-Label mit Einschränkungen
Auch der TÜV Nord vergibt ein Gütesiegel für Ökostrom. Es garantiert eine 100-prozentige Versorgung aus erneuerbaren Energien, ist aber weniger streng als Grüner Strom oder ok-power.
Kriterien TÜV Nord
- Herkunftsnachweise reichen nicht aus
- Anbieter müssen zusätzlich einen gewissen Beitrag zur Energiewende leisten – wahlweise über Investitionen oder über den Bezug aus „jungen“ Erzeugungsanlagen
- mindestens ein Drittel aus Anlagen, die nicht älter als sechs Jahre sind
- oder alternativ 0,1–0,25 ct/kWh Investition in Neuanlagen
Kritik und Besonderheiten
Im Unterschied zu Grüner Strom oder ok-power dürfen Anbieter mit TÜV-Nord-Siegel dennoch Anteile an Atom- oder Kohlekraftwerken haben. Der Investitionsbeitrag von 0,25 ct/kWh fällt geringer aus als zum Beispiel bei ok-power (0,3 ct/kWh) oder Grüner Strom Label (0,5 ct/kWh). Es gibt keine ökologischen Mindestanforderungen an EE-Anlagen.
Bewertung
Das Label bescheinigt einen Mehrwert für die Energiewende, das ist gut. Doch es ist keine Garantie für konsequent nachhaltigen Strom: Du kaufst möglicherweise einen Ökostrom-Tarif – finanzierst damit aber einen Atom-/Kohlestrom-Konzern. Vorsicht: Der noch häufig sichtbare TÜV Nord VdTÜV Standard 1304 ist noch schwächer.
Utopia-Fazit: empfehlenswert (mit Einschränkungen); wir vermissen klare Ausschlusskriterien und ökologische Mindestanforderungen an EE-Anlagen
👉 Mehr zum TÜV Nord Ökostrom-Label
Weitere Ökostrom-Gütesiegel im Überblick
Neben diesen vier sehr relevanten Siegeln sieht man immer wieder mal auch ein weniger bekanntes Zeichen oder Qualitätshinweise. Hier einige Beispiele:
-
KlimaInvest:
Die Zertifizierung basiert grundsätzlich erst einmal auf Herkunftsnachweisen und dem sehr schwachen Standard VdTÜV 1304, der Zusatznutzen erschliesst sich daher zunächst nicht. Erst zusätzliche Zertifizierungen (KlimaInvest Öko Strom D: aus Deutschland; KlimaInvest Öko Strom Re: regionaler Ökostrom; KlimaInvest Öko Strom+: aus Junganlagen etc.) ergeben Sinn, reichen dabei aber nicht an die empfehlenswerten Siegel heran. KlimaInvest ist bei Stadtwerken zu finden – und dort ist ein Tarif mit dem Siegel natürlich einem Tarif ohne Siegel vorzuziehen. -
EcoTopTen:
Kein wirkliches Label (mehr). Die EcoTopTen Ökostrom waren eine renommierte und geachtete Liste von Anbietern, die strengen Kriterien genügten. Die Liste wird leider nicht mehr gepflegt. -
OmniCert Grünstrom:
Eine allgemeine Umweltgutachter-Institution, die eben auf Wunsch auch Ökostrom prüft. Prüft zum Beispiel Herkunftsnachweise, verpflichtet aber nicht zu Investitionen. Eher bedingt empfehlenswert. Denn Kundinnen müssen genau hinsehen: Welchen Aussagen genau sind von OmniCert zertifiziert worden, und wie aktuell ist der ladbare Monitoring-Bericht? -
Check24 KlimaPlus:
Ist kein wirkliches Gütesiegel, sondern ein Ökostrom-Tariffilter, über den bei Check24 ausschließlich Tarife angezeigt werden, die gewisse Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. Kann man schon machen und ist bereits besser als frühere „Öko“-Filter bei Check24. Utopia rät, dennoch auf „Grüner Strom Label“ oder „ok-power“ zu achten.
Kritik an Ökostrom-Siegeln: Besitzverhältnissen
Einige Ökostromtarife sind zwar zertifiziert, die Anbieter gehören aber direkt oder indirekt zu Konzernen mit großem Atom- und Kohlestromanteil. Ein Beispiel ist Yello, das 2023 0% für Kohle- und Atomstrom angibt und sich auch sonst neuerdings als Grünstromanbieter inszeniert. Aber Yello gehört eben zu 100% zu EnBW. EnBW wiederum hat noch immer über 43% fossile Energie im Strommix.
Das läßt sich im Prozess der Transformation der Stromwirtschaft leider nicht von heute auf morgen ändern. Doch gefallen muß einem das nicht. Und für die individuelle Entscheidung kann es wichtig sein, sein Geld nicht bei Atom- und Kohlekraftwerken zu wissen. Das ist aber ein zweischneidiges Schwert: Einerseits ist der Wunsch nach klarer Selbstwirksamkeit verständlich und die „big five“ der Stromkonzerne sind eher keine Grünstromerzeuger aus Überzeugung. Andererseits werden wir die Energiewende nur mit ihnen schaffen, weswegen es nur bedingt sinnvoll ist, sie boykottieren zu wollen.
Für eine fundierte Entscheidung ist aber Transparenz wichtig. Daher berücksichtigt die Utopia-Bestenliste Ökostrom auch auf die Besitzverhältnisse von Ökostrom-Anbietern.
Vorschlag: Wenn Konzern- oder Stadtwerke-Strom sein muß, dann möglichst einen Tarif wählen, der einen der vier oben genannten, großen Ökostromsiegel trägt. Preislich kann Ökostrom aber günstiger sein – lies dazu Strom vom Grundversorger? Alter Stromvertrag? Wer jetzt mit einem Anbieterwechsel spart.
Warum manche Anbieter auf Ökostrom-Label verzichten
Manche Anbieter tragen kein Label oder nur ein einfaches wie das TÜV-Nord-Siegel. Die Gründe dafür sind vielfältig: Kosten, Methodenkritik oder die Überzeugung, dass die eigene Arbeit strenger ist als externe Zertifizierung. Deutschlands größter konzernunabhängiger Grünstrom-Anbieter LichtBlick boykottierte 2015 erstmals das Prüfverfahren für die EcoTopTen des renommierten Freiburger Öko-Institutes. Kann heißen, dass sie es ablehnen, kann aber auch bedeuten, dass sie eben nicht bestanden hätten.
Ein fehlendes Label bedeutet nicht automatisch „schlecht“ – manche Anbieter sind auch ohne Siegel exzellent. Doch mit Ökostromlabel können Konsument:innen klar einschätzen, ob der Ökostrom wirklich einen extern verifizierten Mindest-Mehrwert für die Energiewende bietet. Deswegen unterstützt Utopia ausdrücklich die Kennzeichnung mit relevanten, empfehlenswerten Ökostromsiegeln – denn Verbraucher:innen ist nicht zuzumuten, selbst herauszufinden, ob ihr Ökostrom wirklich öko ist.
Greenpeace Energy verzichtete lange auf ein Siegel – inzwischen besitzt das Unternehmen unter dem Namen „Green Planet Energy“ sogar die beiden wichtigsten Ökostromlabel Grüner Strom Label und ok-power. Zugleich sind sie im Ökostrom-Preisvergleich günstig – das macht Green Planet Energy zum No-Brainer für den Stromanbieter-Wechsel 2025.
In der Utopia-Bestenliste Die besten Ökostrom-Anbieter versuchen wir, der komplexen Situation gerecht zu werden, und lassen auch Empfehlungen und Tests des Verbrauchermagazins Öko-Test sowie Empfehlungen von Naturschutz-NGOs einfliessen.
Fazit: Welches Ökostrom-Label ist das beste?
- Sehr empfehlenswert: Grüner Strom Label, ok-power
- Empfehlenswert: TÜV Süd, TÜV Nord (jeweils auf Details achten!)
Wer sicherstellen will, dass sein Geld wirklich die Energiewende unterstützt und keine Kohlestrom-Anbieter indirekt unterstützt, ist mit Grüner Strom oder ok-power am besten beraten.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Bestenliste: Die besten Ökostrom-Anbieter
- Ökostrom: 7 empfehlenswerte Stromtarife
- Zu Ökostrom wechseln in drei Schritten – und was es dir bringt
Externe Hilfen:
- Stromvergleich Ökostrom: der Ökostrom-Vergleich von Utopia
- Das Umweltbundesamt zu Ökostrom und Labels