Palmöl steckt Schätzungen zufolge in jedem zweiten Supermarktprodukt, etwa in Kosmetika, Fertigprodukten, Süßigkeiten und Brotaufstrichen. Doch ist Palmöl gesund – oder womöglich krebserregend, wie einige Studien nahelegen?
Mehrere Verbraucherschutz-Organisationen haben in den vergangenen Jahren gezeigt: Ganz unbedenklich ist das Öl nicht. Öko-Test, Stiftung Warentest, Marktcheck, Greenpeace und die Verbraucherzentrale Bayern sowie die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa beschäftigten sich mit der Frage, wie gesund oder ungesund Palmöl ist. Das sorgte mitunter für Schlagzeilen – und die generelle Behauptung „Palmöl ist krebserregend“. Ganz so einfach ist es nicht.
Ist Palmöl ungesund oder sogar krebserregend?
Ist Palmöl wirklich krebserregend? Ja und nein: Das unbehandelte Öl an sich ist nicht krebserregend. Doch die Europäische Lebensmittelbehörde Efsa warnt vor Produkten, die raffiniertes Palmöl enthalten. In einer Risikobewertung aus dem Mai 2016 wurden Stoffe bewertet, die bei der Verarbeitung von Pflanzenölen bei Temperaturen um die 200 Grad entstehen.
Die Untersuchung ergab, dass die entstandenen Stoffe Glycidyl-Fettsäureester (GE) sowie 3- und 2-Monochlorpropandiol (3-MCPD und 2-MCPD) und deren Fettsäureester gentoxisch und krebserregend sind. Sie kommen in unterschiedlichen Pflanzenölen vor, die Konzentrationen in Palmölen und -fetten sind jedoch besonders hoch. Unter bestimmten Umständen ist also Palmöl ungesund und krebserregend – aber eben nur, wenn es bei sehr hohen Temperaturen verarbeitet wird.
2018 aktualisierte die Efsa die Bewertung und geht nun davon aus, dass die Aufnahmemengen von 3-MCPD für die Mehrzahl der Bevölkerung unbedenklich ist. Allerdings gibt es gesundheitliche Bedenken bei Kindern, die sehr viele verarbeitete Produkte essen. Auch Säuglinge, die anstatt Muttermilch ausschließlich Säuglingsanfangsnahrung bekommen, nehmen besonders große Mengen der gesundheitsbedenklichen Fettsäureester auf.
Um die Aufnahme von 3-MCPD-Estern zu senken, rät das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zu naturbelassenen Fetten und Ölen, sparsamer Verwendung von Streichfetten wie Margarine und einem maßvollen Umgang mit fettreichen Lebensmitteln.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung bezeichnet die Fettschadstoffe als „Kontaminanten in Lebensmitteln, die ein gesundheitsschädigendes Potenzial aufweisen und daher in Lebensmitteln unerwünscht sind“.
Nutella & Co.: ungesundes Palmöl?
Auf die Untersuchung der Efsa gab es heftige Reaktionen – und wie immer, wenn es um Palmöl geht, Kritik an Nutella-Hersteller Ferrero. Laut Ferrero werden aber bei der Verarbeitung des Öls Verfahren mit kontrollierten Temperaturen eingesetzt. Somit sei Nutella und das enthaltene Palmöl nicht ungesund oder gar krebserregend.
Wir haben beim Bundesinstitut für Risikobewertung nachgefragt. Dort bestätigte man uns, dass für den Gehalt an GE, 2-MCPD und 3-MCPD im Lebensmittel insbesondere die Verarbeitungsschritte entscheidend sind. Dies sei ein generelles Problem bei pflanzlichen Ölen, die schädlichen Stoffe könnten beispielsweise auch beim Rösten von Nüssen entstehen.
Wenn Ferrero also das Öl tatsächlich so verarbeitet wie behauptet, müsste der Konsum von Nutella & Co. dahingehend unbedenklich sein.
Produkte mit Palmöl im Test: Wie ungesund ist das?
Dafür spricht auch eine Öko-Test-Untersuchung: Im Januar 2019 fand Öko-Test in einer Reihe der getesteten Nuss-Nougat-Cremes, nicht aber in Nutella „Spuren“ des Fettschadstoffs 3-MCPD. (Dafür Mineralölrückstände, zu viel Zucker und Aroma.) Problematisch fanden die Tester:innen die Belastung mit Glycidol in Nuss-Nougat-Cremes. Diese Fettschadstoff-Komponente beurteilt Efsa als deutlich gefährlicher als 3-MCPD, da sie als erbgutschädigend und krebserregend gilt. Allerdings: Der Glycidolgehalt war im Test besonders hoch in einem palmölfreien Produkt.
Auch in der Untersuchung von Stiftung Warentest im April 2016 enthielt Nutella nur geringe Mengen der krebserregenden Stoffe und schnitt mit der Note „gut“ sogar als Testsieger ab. Die Untersuchung bestätigt auch hier, dass es sich nicht nur um ein Problem bei Palmöl handelt: Ein auf Sonnenblumenöl basierender Schokoaufstrich erhielt wegen der ungesunden Schadstoffe die Note „mangelhaft“. Entscheidend ist also nicht das Öl, sondern das Verarbeitungsverfahren.
Zudem besteht das Problem nicht nur bei Schokoaufstrichen: Im Labortest der SWR-Sendung Marktcheck (Februar 2017) wiesen auch unter anderem Oreo-Kekse und TUC-Cracker hohe Gehalte krebserregender Glycidil-Fettsäureester auf. Diese Tests und Untersuchungen beschäftigen sich hauptsächlich mit den enthaltenden Schadstoffen im Palmöl, die Umweltauswirkungen der verwendeten Öle fließen jedoch selten in das Testergebnis ein.
Krebserregende Palmöl-Produkte: Greenpeace warnt
Auch Greenpeace Österreich hat sich Palmöl-Produkte im Jahr 2017 genauer angesehen und elf Lebensmittel aus dem Supermarkt in einem Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis der Analysen: In allen Produkten mit Palmöl waren die ungesunden Schadstoffe 3-MCPD und Glycidyl-Fettsäureester enthalten, die bei der Raffination von Palmöl entstehen. Sie waren in den getesteten Produkten teilweise in bedenklich hohen Konzentrationen enthalten. Bei drei Produkten (einer Milka-Schokolade und zwei Margarinen) war die 3-MCPD-Konzentration so hoch, dass vor allem Kinder die von der Efsa festgesetzte „tolerierbare tägliche Aufnahmemenge“ schnell überschreiten.
Als „tolerierbare tägliche Aufnahmemenge“ legt die Efsa für 3-MCPD-Ester 2 Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht fest. Zwar ist eine kurzfristige bzw. gelegentliche Überschreitung der tolerierbaren täglichen Aufnahmemenge von 3-MCPD-Ester laut Bundesinstitut für Risikobewertung nicht gefährlich. Eine fortdauernde Überschreitung sei allerdings gesundheitlich bedenklich.
Warnung der Verbraucherzentrale: Palmöl ungesund für Kinder
Die Verbraucherzentrale Bayern wollte im Juli 2019 ebenfalls wissen, wie viel von dem Fettschadstoff 3-MCPD in Produkten mit Palmöl steckt – und fragte bei 26 Herstellern nach. Mit dabei waren zum Beispiel die Marken Oreo, Bifi, Hanuta, Prinzen Rolle, Leimer (Backerbsen) und Knorr, sowie Eigenmarken von Supermärkten und Discountern.
Elf Hersteller antworteten der Verbraucherzentrale mit genauen Angaben zum 3-MCPD-Gehalt in ihren Produkten. Anhand dieser Zahlen überprüfte die Verbraucherschutzorganisationen, wie realistisch es ist, die „täglich tolerierbare Aufnahmemenge“ einzuhalten.
Das Ergebnis auch hier: Vor allem Kinder sind gefährdet, wie die Verbraucherzentrale am Beispiel eines Fünfjährigen mit 18 Kilogramm Körpergewicht zeigt. Es reicht, wenn das Kind ein paar Produkte mit Palmöl zu sich nimmt, um den Grenzwert zu überschreiten. Konkret waren das in der Untersuchung: 40 Gramm Knuspermüsli, 25 Gramm Schokolade, 25 Gramm Backerbsen und 48 Gramm Kekse. Kombiniert würde das Kind mit diesen Lebensmitteln 41,2 Mikrogramm 3-MCPD aufnehmen – der Grenzwert läge bei seinem Körpergewicht bei 36 Mikrogramm. Prinzipiell gilt: Je weniger ein Kind wiegt, desto schneller ist die tolerierbare Aufnahmemenge für den Fettschadstoff überschritten.
Fazit: So ungesund ist Palmöl
Ob Palmöl ungesund oder gar krebserregend ist, kommt auf die Verarbeitung an. Wenn das Öl raffiniert wird und dabei bei sehr hohen Temperaturen (um 200 Grad Celsius) ausgesetzt ist, können gesundheitsschädliche Schadstoffe wie 3-MCPD, 2-MCPD und Glycidyl-Fettsäureester entstehen. Vor allem in größeren Mengen können diese Stoffe teils erbgutschädigend und krebserregend wirken. Gefährdet sind dabei vor allem Kinder, Säuglinge, die ausschließlich Säuglingsnahrung erhalten, und ältere Menschen sowie Personen, die große Mengen stark verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen. Allerdings gilt die Gefahr durch die ungesunden Fettschadstoffe nicht nur für Palmöl, sondern alle raffinierten Öle.
Der beste Schutz ist daher, möglichst unverarbeitete Lebensmittel zu konsumieren. Das echte Problem von Palmöl liegt sowieso woanders.
Palmöl: die tägliche Umweltzerstörung
Ob Palmöl nun ungesund ist oder nicht – es gibt ganz andere Gründe, die gegen den Konsum sprechen. Das Öl ist einer der wichtigsten Rohstoffe für die Lebensmittelindustrie und wird in großen Mengen verarbeitet. Seine Gewinnung verursacht massive Probleme in den Herkunftsländern: Regenwaldzerstörung, Treibhausgase und Menschenrechtsverletzungen.
Mehr dazu: Palmöl: Die tägliche Regenwald-Zerstörung beim Einkauf
Alternativen zu Nutella
Wenn du auf Nutella verzichten möchtest, gibt es gute Alternativen: Diese sieben Nutella-Alternativen sind palmölfrei, bio, fair oder vegan. Oder probiere doch mal aus Nutella selber zu machen. Dabei kannst du selbst bestimmen, welche Zutaten du verwendest und in welchen Mengen. Viel Spaß dabei!
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