Ein nachhaltigeres Smartphone inzwischen schon für unter 300 Euro? Das hessische Startup Shiftphones zeigt mit dem Shift 5me, wie sowas aussehen kann.
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An nachhaltigeren Smartphones arbeitet Shiftphones aus Hessen nun schon seit über acht Jahren und über einem halben Dutzend Geräten. Aktuellstes Modell: das Shift 5me. Das Kürzel steht für 5-Zoll-Display, modulare Bauweise, Economy-Version. Wir haben es uns in einem Test näher angesehen.
Shift 5me: griffiges Shiftphone
Das Shift 5me folgt mit einem zeitlosen Design in Schwarz äußerlich der Linie der bisherigen Shift-Handys. Es liegt bei einer Größe von 141,5 x 71 x 9 mm und 175 Gramm Gewicht extrem gut in der Hand – besser als jedes andere Shift zuvor und bei nicht ausgeprägt großen Händen auch besser als das Fairphone 3.
Das IPS-Display mit 4,97 Zoll bietet eine satte Full-HD-Auflösung (1920×1080 Pixel) – mehr braucht sowieso kaum jemand. Wie beim Fairphone 2 und anders als bei den meisten anderen Smartphones gibt es zwei SIM-Karten-Einschübe, jetzt in Nano-SIM-Größe. Das Shiftphone eignet sich so als Handy für halb privaten, halb beruflichen Gebrauch ebenso wie für Nutzer, die ausgesuchte Sprach- und Datentarife von zwei Anbietern mischen wollen (4G-LTE).
Mit an Bord der Reyclingpappe-Schachtel: Ein Ladekabel sowie Schraubenzieher und Pfandschein, auf die wir noch zu sprechen kommen.
Das Shiftphone 5me: Android 8.0, Speicher variabel
Nach dem Start meldet sich das Shift 5me mit ShiftOS, einem modifizierten Android 8.0 (Oreo, eingeführt ca. 2017). Hier wäre natürlich Android 9 wünschenswerter gewesen, wie es das FP3 hat. Auch hinkt der Patchlevel-Stand (also der Stand der Sicherheitsupdates) scheinbar hinterher. Vorinstalliert sind Google Play, Google Mail und Chrome sowie andere sinnvolle Android-Apps. Anders als viele andere Hersteller nötigt Shiftphones uns nicht zu irgendwelchen Schund-Apps, die wir gar nicht wollen – dafür ein extra Dank nach Falkenberg in Hessen.
Als Prozessor dient ein MT6797X Helio X27 mit 10 Kernen und bis zu 2,6 GHz. Der wurde 2016 als Highend-Prozessor eingeführt und gehört heute noch zur gehobenen Mittelklasse. Beim Speicher gibt es zwei Optionen:
- Die 444-Euro-Version (inzwischen gibt es das Modell schon ab unter 300 Euro zu kaufen!) kommt mit 3 GByte RAM und 32 GByte Speicher für Apps und Inhalte,
- für 499 Euro gibts 4 GByte RAM und 64 GByte Speicher für mehr Apps und zum Beispiel auch mehr Musik.
Beide Varianten lassen sich über einen SD-Karten-Slot mit einem Micro-SDXC-Speicher um bis zu 256 GB erweitern – der mobilen MP3-Jukebox steht damit nichts im Wege. Gut auch: Einen 3,5-mm-Kopfhöreranschluss gibt es anders als bei Apple weiterhin.
Der Praxistest: So gut ist das modulare Smartphone
Das Shift 5m kommt ab Werk mit Bumper-Protector, den man in den Farben Petrol oder Grün mit und ohne Punkte sowie Transparent bestellen kann. Es liegt richtig gut in der Hand: Fast jede:r bei Utopia.de, dem wir es im Vergleich zu Fairphone 2, Fairphone 3 oder iPhone 6/7 (mit Schutzhülle) in die Hand gaben, fand den Formfaktor höchst gelungen.
Die Startzeit ist minimal, das Touchscreen-Display reagiert einwandfrei. Die drei Knöpfe an der rechten Außenseite (Power, Laut/Leise, letzter als Cam-Auslöser belegt) lassen sich gut bedienen.
16 Megapixel bei Fotos und die 4K-Videoauflösung bedienen aktuelle Standardbedürfnisse zur vollen Zufriedenheit. Der 1/2,4-Zoll-Sensor mit f2,0 macht tadellose Fotos, die Selfie-Cam bietet reichliche 13 MP. Die Kamera schießt gute bis sehr gute Bilder, abhängig auch vom Licht und vielleicht gelegentlich etwas zu aufgebuntet. Schade finden wir nur das 16:9-Format mit 4640 x 2608 Pixeln. (Beispielbilder nur des Shift 5me hier, diese sind enthalten in: Shift 5me + Fairphone 3 + iPhone 7 plus hier. Die Fotos können nur einen Eindruck geben.)
Was macht das Shift 5me nachhaltiger?
Die Nachhaltigkeitsprobleme von Smartphones sind komplex (z.B. Seltene Erden, Konfliktrohstoffe, Kinderarbeit, geplante Obsoleszenz, Elektronik-Entsorgung) und Produkte wie dieses bislang noch keine perfekte Lösung. Aber besser als nichts.
Das Shift 5me kommt wie die bisherigen Shifts mit wechselbarem Akku (2450mAh), damit fängt es schon mal an. Für den schnellen Akkuwechsel entfernt man den Deckel von der Handyrückseite – statt gleich das ganze Handy auszutauschen. Ein Ersatzakku kostet ca. 20 Euro – ineffiziente externe „Akku-Powerbanks“ sind unnötig.
Shiftphones liefert das 5me auch ohne Netzteil. Hintergrund ist, dass wir doch alle ohnehin schon Steckerladegeräte haben. Zudem verwendet das Ladekabel eine USB-C-auf-USB-C-Verbindung mit Adapter auf USB-A auf einer Seite. Die EU versucht schon lange, die Hersteller auf einen einheitlichen Standard einzuschwören, damit funktionierende Ladegeräte nicht gleich nach dem Handywechsel zu Elektroschrott werden. Dieser Empfehlung folgt sichtlich das Shift 5me. Shiftphones empfiehlt allerdings ein Ladegerät mit 1,5-2,5 A Ladestrom für optimale Leistung.
Während das Fairphone 2 mit bloßer Hand zerlegbar war, ist das beim Shift 5me nicht möglich (aber auch beim Fairphone3 nicht mehr). Dennoch versteht es sich als modulares Smartphone und liefert dazu einen eignen Torx-T3-Schraubendreher mit. Mit dem kann jeder sein Shiftphone selbst aufschrauben und problematische Teile ersetzen. (Aufgeschraubt haben wir es mangels Notwendigkeit noch nicht, reichen das aber nach.)
Eine Display-Einheit kostet im Shop beispielsweise ca. 80 Euro und Support-Videos zeigen, wie es geht. Ja, das ist etwas fummeliger als beim Fairphone – aber gut möglich. Und wer es sich nicht zutraut, kann das Gerät auch von Shiftphones reparieren lassen (mit Display: ca. 120 Euro). Akku und Display gehören zu den häufigsten Ersatzteilanfragen. Weitere Ersatzteile kann man per Mail an [email protected] bestellen.
Shiftphones läßt das 5me in der Volksrepublik China produzieren. Allerdings verspricht das Unternehmen dort faire Arbeitsbedingungen, etwa einen achtstündigen Arbeitstag bei überdurchschnittlicher Bezahlung und keine Kinderarbeit. Für die Prüfung der Wertschöpfungskette konnte Shiftphones unabhängige Organisationen wie die NGO TAOS gewinnen. Coltan und Tantalum konnte Shiftphones fast vollständig aus seinem Handy verbannen, typischerweise kommen die aus der konfliktreichen DR Kongo. Gold und Wolfram sind noch nicht fair bzw. konfliktfrei. Das Zinn ist konfliktfrei (Senju Metal Eco Solder Paste), für Reparaturen wird es von Fairtin bezogen.
Ist das alles schon perfekt nachhaltig? Sicher nicht. Aber es ist, gemeinsam mit Fairphone, einfach besser als beim Gros der restlichen Smartphone-Industrie. Den letzten Stand der Dinge kommuniziert das Unternehmen in einem Wirkungsbericht (PDF). Dieser Bericht ist eine deutliche Verbesserung in Sachen firmeneigener Transparenz – und belegt auch, dass Shiftphones es mit Nachhaltigkeit ernst meint und hier schon einen weiten Weg gegangen ist.
Grandiose Idee: Shiftphones erhebt ein Gerätepfand von 22 Euro. Die kriegt man zurück, wenn man das defekte Handy samt Pfandzertifikat und Originalkarton zurückgibt. Ein bisschen ist das natürlich auch eine Wette auf die Zukunft, aber wir halten es für eine Idee, die branchenweit Schule machen sollte. Analoges bietet derzeit nur Fairphone mit einem Recyclingprogramm.
Shiftphones im Vergleich: Alternativen zum Shift 5me
Es sei noch einmal in aller Deutlichkeit gesagt: Wer sich bei einem Gerät wie diesem fragt „Warum ist das denn teurer als ein 99-Euro-Handy?“, der ist hier einfach im falschen Film, denn darum geht es bei solchen Geräten gar nicht.
Dennoch ein Hinweis auf denkbare Alternativen zum Shift 5m:
- Das Shift 6m bietet bei vielen Ähnlichkeiten bessere Kamera, größeres Display, erhöhte Akkukapazität, mehr Speicher sowie Fingerabdruckscanner und NFC. Aber es ist größer und spürbar schwerer. (Kleinere Shift-Varianten wie das Shift 4 gibt es im Shiftphones-Shop leider nicht mehr.)
- Eine denkbare Variante wäre ein gebrauchtes Fairphone 2. Das ist etwas leichter und böte mehr Speicher als die 444-Euro-Version. Allerdings hat es noch Android 7, eine schlechtere Cam und liegt weniger gut in der Hand.
- Das Fairphone 3 ist bei ähnlichem Preis technisch besser ausgestattet (mehr Speicher, mehr Display, deutlich schneller), aber auch größer und schwerer. Der Formfaktor des 5me macht dieses Shift zu einer echten Empfehlung.
Nach wie vor bleiben zwei Dinge die bessere Wahl: 1. Das gebrauchte Smartphone, denn jedes nicht produzierte Gerät ist das bessere. Und 2. gar kein Handy mehr (aber klar: das will derzeit kaum jemand für sich umsetzen).
Utopia-Fazit: das beste Shiftphone ever
Für uns ist das Shift 5me unter Berücksichtigung von Preis, Leistung und Haptik nicht nur das bisher beste Shiftphone, sondern eine echte Empfehlung unter den Smartphones mit Nachhaltigkeitsanspruch. Dieser kann in dieser Industrie noch nicht sehr hoch ausfallen, denn fairer Kaffee ist eben viel einfacher zu machen (man arbeitet seit mehreren Jahrzehnten daran) als faire Smartphones (man arbeitet erst seit gut acht Jahren daran). Doch Shiftphones zeigt wie Fairphone: Da geht was, wenn man nur will! Und einigermaßen bezahlbar ist das dennoch.
- Zu haben ist das Shiftphone zum Beispiel bei Vireo.de.
Als Utopia-Mitglied kannst du die Shiftphones auch in der Bestenliste Smartphones bewerten:
Auch der Handytarif geht besser
Und noch was: Wenn du schon zu einem nachhaltigeren Handy wechselst, warum dann auch nicht gleich zu einem besseren, weil grüneren Handytarif? So kannst du doppelt zu Gemeinwohl und Energiewende beitragen. Gibt’s gar nicht? Dann schau dir mal die Tarife von Wetell an, die auch schon mit Shiftphone kooperiert haben.
Wie steht ihr zum ‚Shiftphone‘? Habt ihr ein Shift-Handy und wie sind eure Erfahrungen damit? Bewertet es in der Bestenliste Smartphones.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Fairphone 3 im Test: das reparierbare Smartphone wurde noch besser
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