Bekommst du als Vegetarier*in überhaupt alle Nährstoffe? Musst du als Veganer*in nicht auf sehr viel verzichten? Darfst du als Vegetarier*in noch …? Wenn dir solche Fragen bekannt vorkommen, erfährst du hier, wie du entspannt damit umgehst.
Deine Ernährung ist deine Entscheidung. Und wenn du nicht darüber sprechen möchtest, dann kannst du das deinem Gegenüber freundlich sagen. Aber: Du kannst solche Fragen als Gelegenheit nutzen, Interesse an pflanzlicher Ernährung zu wecken und Vorurteile abzubauen. Dazu einige allgemeine Tipps:
- Werte Fragen nicht als Kritik. Vielleicht ist dein Gegenüber einfach neugierig.
- Essen ist ein emotionales Thema. Das spürst du, wenn entsprechende Fragen etwas in dir auslösen. Bleib trotzdem stets sachlich, vermeide Vorwürfe und tritt nicht „missionierend“ auf – so erreichen deine Argumente dein Gegenüber am besten.
- Die Grundsätze der sogenannten gewaltfreien Kommunikation helfen, Anliegen klar und präzise zu formulieren und fördern einen erfolgreichen Austausch.
Auch für dein Gegenüber ist die eigene Ernährung wahrscheinlich eine emotionale Angelegenheit. Daher führen gute Argumente nicht zwangsläufig zu einer Meinungsänderung. Und selbst wenn eine Person eine positive Meinung zu nachhaltiger Ernährung hat, kann es sein, dass sie trotzdem nicht danach handelt: Dieses Phänomen, bei dem gute Vorsätze und tatsächliches Handeln auseinandergehen, ist als Attitude Behavior Gap bekannt.
Wenn du jedoch gute Argumente anführst, respektvoll auf dein Gegenüber eingehst und geduldig bist, kannst du vielleicht in den folgenden Wochen, Monaten oder Jahren beobachten, dass das Interesse an deiner Lebensweise steigt. In den folgenden Abschnitten findest du Ideen für Antworten auf typische Fragen.
Warum musst du Veggie-Schnitzel essen?!
Nicht alle Vegetarier*innen essen Veggie-Schnitzel und nicht alle Fleischesser*innen verachten Tofu-Wurst. Und selbstverständlich muss niemand Tofu-Hack und vegane Bratwürstchen essen. Du kannst dich auch ohne fleischähnliche Alternativen sehr gut vegetarisch oder vegan ernähren. Wer den herzhaften Geschmack oder die fleischige Textur dagegen genießt, muss aber nicht darauf verzichten.
Übrigens: Sprache hat eine großen Einfluss darauf, ob Dinge als begehrenswert wahrgenommen werden. Wenn du jemanden überzeugen möchtest, ein vegetarisches Produkt zu probieren, beschreibe es so, dass der oder die andere Interesse bekommt. Wenn du es „mega lecker“ findest, verstecke das nicht hinter einem schüchternen „schmeckt auch ganz gut“.
Aber Fleischersatz enthält doch so viele ungesunde Zusatzstoffe?
Es stimmt: In vielen Fleischalternativen stecken Zusatzstoffe, das gilt auch für vegane Ersatzprodukte wie Milchalternativen. Aber das Problem haben nicht nur pflanzliche Produkte, sondern Fertigprodukte generell – auch Wurstwaren.
Wer auf Zusatzstoffe verzichten will, der sollte mit unverarbeiteten Lebensmitteln kochen. Dazu zählen zum Beispiel frisches Obst und Gemüse. Gut, dass man vegane Ersatzprodukte nicht nur kaufen, sondern auch selber machen kann. Oder ganz ohne sie kochen. Vielleicht haben deine Gesprächspartner*innen ja mal Lust, eines von diesen Rezepten auszuprobieren: Vegan kochen ohne Ersatzprodukte: Ganz einfach mit diesen Rezepten
Klar gönnen sich Vegetarier*innen und Veganer*innen auch mal ein „ungesundes“ Sojawürstchen. Aber ganz ehrlich: Die wenigsten Fleischesser*innen beißen in ihr Schnitzel, weil sie darin besonders wertvolle Nährstoffe vermuten. Es geht um den Genuss – unabhängig davon, ob es sich um ein Produkt aus Tofu, Seitan oder Fleisch handelt.
Ist eine fleischlose Ernährung nicht generell ungesund?
Auch wenn sich die Frage nach der Gesundheit deiner Ernährung provokant anfühlt: Vermutlich hat dein Gegenüber sich noch nicht intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt. Mit sachlichen Informationen kannst du Klarheit schaffen:
- Wie gesund deine Ernährung ist, hängt davon ab, ob du mit allen wichtigen Nährstoffen versorgt bist, möglichst keine schädlichen Stoffe aufnimmst und kein ungesundes Über- oder Untergewicht entwickelst.
- Eine ausgewogene Ernährung ist sowohl rein pflanzlich als auch mit Fleisch möglich.
- Die Verbraucherzentrale berichtet, dass Vegetarier*innen mit einigen Nährstoffen oft besser versorgt sind als Fleischesser*innen.
- Außerdem betont die Heinrich Böll Stiftung, dass die Fleischproduktion einer der Hauptgründe für das Entstehen von antibiotikarestistenten Bakterien ist. Diese stellen eine ernste Bedrohung für die menschliche Gesundheit dar.
Für Veganer*innen ist es aber trotzdem schwieriger, gesund zu leben, oder?
Klar: Veganer*innen (und zu einem gewissen Grad auch Vegetarier*innen) müssen sich genau mit Nährstoffen auseinandersetzen und gewisse Stoffe wie Vitamin B12 supplementieren. Fleischesser*innen beschäftigen sich tendenziell weniger genau mit ihrer Ernährung – aber auch das birgt Risiken:
Laut der Verbraucherzentrale verzehren Männer im Schnitt fast doppelt so viel Fleisch wie empfohlen. Frauen liegen mit durchschnittlich 600 Gramm am obersten empfohlenen Limit. Ein hoher Fleischkonsum kann gesundheitliche Konsequenzen haben: Verarbeitete Fleischprodukte wie Salami, Schinken oder Würstchen ordnen Wissenschaftler der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Beispiel als „krebserregend“ ein. Unverarbeitetes rotes Fleisch gilt als „wahrscheinlich krebserregend“. Das Risiko hänge stark davon ab, wie viel man davon verzehrt.
Beachte: Sensible Gruppen wie Kinder, Schwangere und Senior*innen müssen besonders auf Ihre Ernährung achten. Wenn du unsicher bist, ob eine Ernährungsweise für dich geeignet ist, suche dir ärztlichen Rat.
Für vegetarisches Essen sterben Tiere?!
Immer wieder kommt die kontroverse These auf, dass für vegetarische Wurst mehr Tiere sterben als für tierische Produkte. Diese allgemeine Aussage ist so nicht richtig.
Sie basiert auf folgendem Vergleich, den das Stern-Magazin aufgestellt hat: Für 100 Kilogramm Wurst mit 70 Prozent Eiklar-Anteil müssten im Laufe der Produktion zwölf Hühner sterben, für 100 Kilogramm tierische Wurst dagegen nur ein Schwein.
Diese Rechnung geht aber nicht auf:
- Zum einen ist der Anteil von 70 Prozent ein vergleichsweise hoher Wert – es gibt vegetarische Ersatzprodukte mit deutlich weniger Eiklar.
- Zum anderen werden Faktoren wie die Futtermittel für die Tiere (von denen Hühner deutlich weniger benötigen als Schweine) nicht berücksichtigt. Da die Produktion von Futtermitteln wie Soja Regenwälder und damit den Lebensraum vieler Tiere zerstört, könnte man das Rechenbeispiel also erweitern. Für das Fleischprodukt stirbt dann nicht nur ein Schwein sondern zusätzlich Tiere, deren Lebensraum zerstört wird.
Veganer*innen sind definitiv für deutlich weniger Tierleid verantwortlich, aus diesem Grund haben sie sich überhaupt für diese Ernährungsform entschieden. Mit ihrem Lebensstil unterstützen sie keine Massentierhaltung – im Gegensatz zum Großteil der Fleischesser*innen. Ähnliches gilt in der Regel auch für Vegetarier*innen, wenn sie ihre Fleischalternativen und Milchprodukte mit Bedacht auswählen. Nur die wenigsten essen täglich Fleischersatzprodukte mit 70-prozentigem Ei-Anteil.
Tipp: Es ist wenig zielführend, den Spieß einfach umzudrehen und deinem Gegenüber Vorwürfe zu machen, dass er oder sie für mehr Tierleid verantwortlich sei. Zeige stattdessen sachlich auf, wie du dich ernährst, um Tierleid zu vermeiden. Dabei solltest du nicht erwarten, dein Gegenüber sofort zum Umdenken zu bewegen. Das braucht Zeit, gerade bei emotionalen Themen wie Ernährung.
Darfst du das noch?!
Grundsätzlich meiden Vegetarier*innen Produkte, die aus Teilen toter Tiere bestehen und Veganer*innen essen nur Produkte, die ohne tierische Bestandteile produziert wurden – also auch ohne Eier, Milch oder ähnliches. Aber es kommt auch vor, dass Menschen diese Begriffe unterschiedlich streng auslegen. Sie bezeichnen sich vielleicht als „vegetarisch“, obwohl sie ab und zu Gummibärchen mit Gelatine essen. Oder als „Veganer*in“, obwohl sie ihr Essen mit Honig süßen. Einige verzichten auf Mode aus Leder, andere nicht.
Letzten Endes beschreiben Begriffe wie Vegetarier*in, Veganer*in, Flexitarier*in in einem Wort einen ganzen Ernährungs- und Lebensstil und sind deshalb sehr allgemein. Nicht jeder legt sie gleich aus – aber das ist auch gar nicht der Punkt. Sondern es geht darum, dass jeder die Tier- und Klimaschutzbewegung in dem Maße unterstützt, das ihm oder ihr möglich ist. So tragen wir alle zu einem gemeinsamen Ziel bei und müssen uns nicht über Details streiten.
Tipp: Eine gute Antwort auf Fragen der Art „Darfst du als Vegetarier*in noch…“ ist beispielsweise: „Ich darf alles essen. Ich möchte aber kein Fleisch essen, weil die Produktion tierischer Lebensmittel die Umwelt in großem Maße belastet.“
Es gibt unzählige Fragen, mit denen Veganer*innen und Vegetarier*innen regelmäßig konfrontiert werden – und auch unzählige clevere Antworten darauf. Wenn ihr weitere Anregungen und Tipps habt, dann schreibt sie uns gerne in die Kommentare!
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Klimawandel-Fakten: So überzeugst du die Leugner des Klimawandels
- Fleischindustrie beutet Mensch und Tier radikal aus – das kannst du tun
- Warum der Weltvegantag ein Grund zum Feiern ist
War dieser Artikel interessant?