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Neuer Sonderbericht des Weltklimarats: Die Menschheit muss ihre Ernährung ändern

Weltklimarat IPCC: Studie Klimawandel und Landnutzung
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - reidy68

Im Kampf gegen die Klimakrise wird es nicht ausreichen, die CO2-Emissionen aus Verkehr und Industrie zu reduzieren – die Menschheit muss auch die Landnutzung umkrempeln. Diese Warnung stammt aus einem neuen Report des Weltklimarats.

Ein Entwurf für den neuen Sonderbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, auch: Weltklimarat) wurde bereits im Juli geleakt. Erst jetzt hat das IPCC aber den Sonderbericht über Klimawandel und Landnutzung verabschiedet. Ein internationales Team aus Wissenschaftlern hat dafür in fast dreijähriger Arbeit tausende Studien ausgewertet.

Der etwas sperrige Titel des Reports: „Climate Change and Land, an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes in terrestrial ecosystems (SRCCL)”.

(„Klimawandel und Landsysteme: Ein IPCC-Sonderbericht über Klimawandel, Desertifikation, Landdegradierung, nachhaltiges Landmanagement, Ernährungssicherheit und Treibhausgasflüsse in terrestrischen Ökosystemen“)

Worum es geht: Die Art und Weise, wie wir weltweit das Land nutzen, hat großen Einfluss auf das Klima – und im Umkehrschluss: Um das Klima zu schützen, müssen wir Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Energiegewinnung überdenken.

Der Mensch nutzt 70 Prozent der globalen Landfläche

Derzeit würden bereits rund 70 Prozent der globalen eisfreien Landoberfläche in irgendeiner Form vom Menschen genutzt – bis zu einem Drittel davon für Nahrung, Futtermittel, Textilfasern, Holz und Energieerzeugung, heißt es im neuen Report des Weltklimarats.

Landwirtschaft bringt viele Probleme mit sich.
70 Prozent der globalen eisfreien Landoberfläche werden vom Menschen genutzt. (Foto: CC0 / Pixabay / wobogre)

Landwirtschaft, Forstwirtschaft und sonstige Landnutzung seien dabei insgesamt für beinahe ein Viertel (23 Prozent) der weltweiten vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Insbesondere zum Anstieg der Methanemissionen trage dabei die Haltung von Wiederkäuern bei.

Vergleichsdaten seit 1961 zeigten, dass neben dem Bevölkerungswachstum „Veränderungen im Pro-Kopf-Konsum von Nahrung, Futtermitteln, Fasern, Holz und Energie beispiellose Mengen an Land- und Frischwassernutzung verursachen.“ Das habe „zu gestiegenen Netto-Treibhausgas-Emissionen, dem Verlust natürlicher Ökosysteme […] und einem Rückgang an Biodiversität beigetragen.“

Im Klartext:

  • Dem Report zufolge hat sich seit 1961 der Pro-Kopf-Konsum von Pflanzenölen und Fleisch mehr als verdoppelt.
  • Gleichzeitig gehen demnach 25 bis 30 Prozent der gesamten Nahrungsmittelproduktion verloren oder werden verschwendet.
  • Beide Faktoren werden mit hohen Treibhausgasemissionen in Verbindung gebracht.
Fleisch
Der weltweite Fleischkonsum hat sich seit den 60er verdoppelt – das schadet dem Klima. (Bild von Karamo auf Pixabay / CC0 Public Domain)

Wir müssen Fleischkonsum und Lebensmittelverschwendung reduzieren

Prinzipiell gibt der Weltklimarat keine Empfehlungen, sondern liefert wissenschaftliche Fakten – auf deren Grundlage können Regierungs- und Nicht-Regierungs-Organisationen dann Empfehlungen entwickeln.

Maßnahmen für die Landnutzung, die dem IPCC zufolge helfen könnten, den Klimawandel zu begrenzen, sind dem Bericht zufolge etwa:

  • der Erhalt von kohlendioxidreichen Torfböden und Moorgebieten, Weidelandschaften, Mangroven und Wäldern (Maßnahmen mit sofortiger Wirkung)
  • (Wieder-)Aufforstungen, die Wiederherstellung von kohlenstoffreichen Ökosystemen und degradierten Böden (langfristige Maßnahmen)

Während solche Veränderungen aber schwer für Verbraucher zur realisieren sind, legen die im Report zusammengestellten Fakten nahe: Es gibt zwei Dinge, die jeder Einzelne tun kann:

  1. Der globale Fleischkonsum muss drastisch reduziert werden – das bedeutet für den Einzelnen: weniger Fleisch essen.
  2. Die Lebensmittelverschwendung muss stark eingeschränkt werden  – also: weniger Essen wegwerfen.

Das IPCC schreibt im neuen Report, unter anderem könne eine weitreichende Umstellung auf eine vegetarische oder vegane Ernährungsweise die Risiken des Klimawandels reduzieren: „Eine ausgewogene Ernährung, die pflanzenbasierte Nahrungsmittel beinhaltet“ habe großes Potenzial. Gemeint sind damit Ernährungsweisen „die auf Getreiden, Hülsenfrüchten, Obst und Gemüse, Nüssen und Samen basieren.“ Gleichzeitig sehen die Autoren aber auch in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs, die in emissionsarmen „nachhaltigen Systemen“ produziert werden, Potenzial.

Und: Eine Reduzierung der Lebensmittelverschwendung könne Treibhausgasemissionen senken und „zur Anpassung beitragen durch die Reduzierung der Landgebiete, die für die Nahrungsmittelproduktion notwendig sind.“

„Der Klimawandel betrifft bereits die Ernährungssicherheit“

Im Report (PDF) heißt es, schon heute seien die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu spüren – Dürren, Extremwetterereignisse, Überflutungen und Bodenerosion sind nur einige Beispiele. Wenn es nicht gelingt, die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, sei die Stabilität des globalen Ernährungssystems in Gefahr. Das IPCC hatte bereits in der Vergangenheit gewarnt, dass bei einem Anstieg über 1,5 Grad Celsius ein Kipppunkt erreicht sein könnte, der eine weitere Erwärmung unumkehrbar machen würde.

Der Klimawandel trifft vor allem Länder im globalen Süden stark
Extremwetterereignisse wie Dürren bedrohen die Ernährungssicherheit – der Klimawandel verstärkt sie. (Foto: CC0 / Pixabay / Donations_are_appreciated)

„Ich hoffe, dieser Bericht schafft bei allen Menschen Bewusstsein für die Bedrohungen und Chancen, die der Klimawandel für das Land darstellt, auf dem wir leben und das uns ernährt“, sagte der Vorsitzende des Weltklimarats Hoesung Lee.

Linda Schneider, Referentin für Internationale Klimapolitik der Heinrich-Böll-Stiftung, hat die Verhandlungen für den neuen Sonderbericht vor Ort in Genf begleitet und sagt:

„Der Bericht stellt […] unmissverständlich klar, wie desaströs unsere emissions- und ressourcen-intensiven Produktionsweisen in der Landwirtschaft […] mit Blick auf die Klima-Krise sind.“

Sie ist überzeugt: „Eine klimagerechte Welt gibt es nur mit agrarökologischen Anbauweisen, nachhaltigen Ernährungssystemen, der Sicherung von Landrechten und dem Schutz und der Wiederherstellung der natürlichen Ökosysteme.“

Viele Umweltschutzorganisationen und Aktivisten reagierten in den sozialen Medien auf die Veröffentlichung des Sonderberichts (eventuell musst du die Anzeige von Twitter-Elementen aktivieren):

Der gesamte Report ist auf der Seite des IPCC verfügbar. Die zentralen Aussagen findet man hier in deutscher Übersetzung.

Anmerkung: In einer früheren Version dieses Beitrags hieß es, dass 70 Prozent der eisfreien Erdoberfläche vom Menschen genutzt würden. Das war ein Übersetzungsfehler. Korrekt ist, dass 70 Prozent der eisfreien Landoberfläche genutzt werden. Wir haben die Textstelle entsprechend korrigiert.

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