Kaffee ist so billig, dass viele Produzent:innen nicht davon leben können. Doch wie viel müsste er eigentlich kosten – auch mit Rücksicht auf Umwelt- und Klimaschäden? Das hat das Unternehmen Truesday aus Berlin ausgerechnet und bringt den ersten Kaffee mit „True Price“ auf den Markt.
Der Weltmarktpreis für Kaffee ist niedrig und schwankt. Laut dem Branchenportal Finanzen.net liegt er derzeit bei circa einem Euro (oder 1,20 Dollar) pro Kilo – für Kaffeebäuer:innen ist es schwer, von diesen Summen zu leben. Für fair gehandelten Kaffee (und oft auch für Bio-Kaffee) erhalten sie einen höheren Preis. Wie hoch, hängt von der jeweiligen Sorte und Organisation ab – der Transfair e.V. (Fairtrade-Siegel) bietet für gewaschenen Arabica-Kaffee zum Beispiel einen Mindestpreis von 1,40 Dollar.
Eine Marke will es noch besser machen. Truesday hat den ersten Kaffee mit „realen“ Preisen in Deutschland auf den Markt gebracht – der orientiert sich an den Auswirkungen des Kaffeeanbaus auf Mensch und Natur.
Bei Truesday zahlst du den „True Price“ für Kaffee
27,90 Euro kostet ein Kilo „Cauca Excelso“-Bohnenkaffee von Truesday. Davon sollen 8,99 Euro zurück in die Anbaugebiete fließen, so der Hersteller. Das ist immerhin fast ein Drittel des Preises. 4,31 Euro davon erhält der Produzent als Preis für die Kaffeebohnen. Der Rest sind Kompensationszahlungen, unter anderem für:
- Luftverschmutzung und Klimawandel: Pro Kilo Kaffee lässt Truesday über die Organisation Eden Reforestation Projects vier Bäume (Mangroven) pflanzen. Diese sollen pro Baum und Jahr im Schnitt 12,3 Kilo CO2 binden.
- Soziale Kosten: 1,79 Euro gehen erneut an die Kleinbauern, die den Kaffee anbauen.
- Weitere ökologische Kosten: Ein Teil des Geldes fließt in den Bau einer Bildungseinrichtung. Dort können Kaffee-Produzent:innen lernen, wie sie Kaffee möglichst klimafreundlich anbauen.
Die Höhe der Kompensation hat Truesday mithilfe der Organisation True Price berechnet. Die übrigen 18,91 investiert der Hersteller laut eigenen Angaben unter anderem in Vertrieb, Marketing, Steuern, die Röstung, Verpackung und Office-Kosten. Nur 2,21 Euro bleiben als Rücklagen übrig.
Bio ist der Kaffee leider nicht. Das hat finanzielle Gründe, erklärt das Unternehmen gegenüber Utopia, da Kaffeebäuer:innen für ihre Bio-Zertifizierungen 1.600-3.000 Euro zahlen müssen. Das kann sich nicht jeder leisten. Die Kleinbauern, die den „Cauca Excelso“-Kaffee anbauen, verzichten aber beispielsweise auf Kunstdünger und nutzen das Koffein von Guarana als natürliches Insektizid. Die geplante Bildungseinrichtung soll den Kaffeeanbau noch nachhaltiger gestalten. Trotzdem will Truesday bald auch einen Bio-Kaffee anbieten.
Den Kaffee gibt es in verschiedenen Größen im Onlineshop zu kaufen – entweder als ganze Bohnen oder gemahlen. Als Verpackung dient eine dunkle Pfandflasche, die Molkereien wiederverwenden können. Alternativ gibt es die Bohnen auch in plastikfreien Nachfüllbeuteln zu kaufen.
Nicht nur Kaffee: Wir brauchen faire Preise für Produkte
Der Kaffeeanbau steht aus vielen Gründen in der Kritik: Nicht nur, dass Menschen für ihre Arbeit oft keine gerechten Löhne erhalten – oft wird der Kaffee auch in Monokulturen angebaut, die den Boden auslaugen. Dafür wird Tropenwald zerstört. Durch den Klimawandel sind viele wichtige Kaffeeanbaugebiete außerdem in Gefahr, warnen Forscher. Schon jetzt haben Produzent:innen mit steigenden Kosten und neuen Schädlingen zu kämpfen. Viele greifen zu bedenklichen Pestiziden, die wiederum der Umwelt und der Gesundheit der Anwender:innen schaden. Die wahren Kosten für unseren Konsum tragen also andere.
Und das ist nicht nur beim Kaffee so. „Die heutigen Produktpreise sagen nicht die ökologische und soziale Wahrheit“, erklärt Dr. Katharina Reuter vom Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft. „Wir wissen aber heute, dass es faire Märkte für Klimaschutz und Nachhaltigkeit nur mit wahren Preisen geben wird.“ Um das zu ermöglichen, müsse die Bundesregierung sich dem Thema widmen.
Auch ohne politische Unterstützung arbeiten Unternehmen bereits daran, die „wahren Kosten“ von Produkten sichtbar zu machen. Neben Truesday hat zum Beispiel Penny vor kurzem eine Filiale in Berlin eröffnet, die Produkte mit zwei Preisschildern auszeichnet: dem Verkaufspreis und einem, der auch Kosten zulasten von Umwelt und Klima einkalkuliert.
Utopia meint: Der wahre Preis von Produkten ist mehr als Angebot und Nachfrage. Denn irgendwer trägt die Kosten immer: Sei es die Natur, das Klima oder die Produzent:innen. Und irgendwann trifft es sogar die Verbraucher:innen; entweder uns oder kommende Generationen. Modelle wie „True Cost“ und Unternehmen wie Truesday helfen dabei, diese Zusammenhänge sichtbar zu machen – und hoffentlich auch die Wirtschaft zum Umdenken zu bringen.
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