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Südkorea: Warum Babys aktuell die Regierung verklagen

Südkorea: Warum Babys aktuell die Regierung verklagen
Foto: CC0 / Unsplash - Chris Bolan / Pixabay - WilliamCho

Babys, Kinder, Erwachsene und sogar ein ungeborenes Kind reichten zwischen 2020 und 2023 in Südkorea Klage ein. Der Vorwurf: Die Regierung unternehme zu wenig gegen den Klimawandel. Heute findet die letzte Anhörung in dem Fall statt.

Schwache Klimaziele, welche die Zukunft zahlreicher Generationen auf der Erde gefährden würden – das ist der Vorwurf, den 200 Kläger:innen aktuell gegen die Regierung in Südkorea richten, wie Nature und Euronews berichten. In Ostasien sei es das erste Mal, dass eine Klimaklage vor Gericht lande.

Konkret kritisieren die Koreaner:innen, die Ambitionen der Regierung zur Erfüllung des Pariser Klimaabkommens. Denn bis 2030 will Südkorea die Emissionen nur um 40 Prozent im Vergleich zum Niveau von 2018 senken. Würden alle Länder entsprechend handeln, würde das Ziel, die Erwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, laut Climate Action Tracker deutlich verfehlt werden. Bis zum Ende des Jahrhunderts läge diese dann nämlich bei 3 Grad. Die Plattform bewertet Südkoreas Ambitionen darum als „völlig unzureichend“.

Ungeborenes Kind unter den Klägern in Südkorea

Das wollen sich die klagenden Koreaner:innen nicht gefallen lassen. Um zu verdeutlichen, wie sehr die aktuellen Klimamaßnahmen das Leben zukünftiger Generationen beeinflussen, reichte ein Elternpaar in Südkorea sogar Klage im Namen ihres ungeborenen Kindes ein. „Specht“ wie der Spitzname des Kindes übersetzt lautet, ist heute bereits ein Jahr alt.

Der Zeitpunkt der Klage spielt dabei eine sehr wichtige Rolle, da nächstes Jahr Südkoreas Nationally Determined Contribution (NDC), also der Beitrag zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens, erneut festgelegt werden soll. Der Ausgang der Klimaklage könnte darauf einen entscheidenden Einfluss haben, sagte Sejong Youn, in Seoul als Rechtsberater für den Fall zuständig, gegenüber Nature.

Parallelen zu deutscher Klimaklage

Dr. Mingzhe Zhu, Dozent an der Universität Glasgow, Großbritannien, der sich mit den Veränderungen des Rechts im Streben nach einer nachhaltigeren Zukunft befasst, sieht laut Euronews eine Parallele zwischen dem südkoreanischen Fall und der deutschen Klimaklage aus dem Jahr 2020. Diese könnte als Präzedenzfall für die aktuelle Klage dienen.

Damals reichten mehrere junge Menschen beim deutschen Bundesverfassungsgericht Klage gegen das Bundesklimaschutzgesetz (KSG) ein. Sie hielten das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 55 Prozent gegenüber dem Niveau von 1990 zu reduzieren, für unzureichend. Damit würden außerdem die in der Verfassung verankerten Menschenrechte verletzt. Das Bundesklimaschutzgesetz musste infolgedessen geändert werden und sah dann eine Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent bis 2030 vor.

Ähnliche Klagen hat es laut der Plattform Nature auch schon in den USA, Europa, Kanada, Australien, Indien und Brasilien gegeben. Rechtsberater Youn ist sich sicher, auch der Prozess in Südkorea könne ein wichtiges Signal sein: „Es wird eine Botschaft senden: Alle Länder müssen Maßnahmen ergreifen, um diese globale Krise zu bewältigen, und es gibt keine Ausnahmen“, zitiert ihn Nature.

Gerichtsverfahren werden in ostasiatischen Ländern laut Euronews tendenziell als letztes Mittel angesehen. Forschende gingen jedoch davon aus, dass ein erfolgreicher Ausgang der Klage andere in der Region zum Handeln ermutige. Ein Urteil werde noch in diesem Jahr erwartet.

Verwendete Quellen: Nature, Euronews, Bundesverfassungsgericht, Climate Action Tracker

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