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Experte: Wer noch keinen Ökostromtarif bezieht, der sollte jetzt wechseln

Utopia-Podcast: Was bringt Ökostrom in der Energiekrise?
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - Kelly Sikkema

Sollte man zu Ökostrom wechseln, ist jetzt ein guter Zeitpunkt und wie sinnvoll sind Tarife von Stadtwerken? Utopia hat im Podcast mit dem Leiter des Energieverbraucherportals, Dr. Uwe Pöhls, gesprochen. Warum es beim Strom um mehr geht als nur um den Preis, lest ihr in diesem Auszug.

Utopia: Gut ein Drittel des Stroms in Deutschland wird von Privathaushalten verbraucht. Das heißt, was wir alle verbrauchen oder nicht verbrauchen, hat einen entscheidenden Einfluss. Bei Utopia wollen wir den Leuten Möglichkeiten aufzeigen, wie sie beim Klimaschutz selbst vorangehen können. Was bringt denn ein Wechsel zu Ökostrom?

Dr. Uwe Pöhls: Es ist erstmal ein wirklich ganz wichtiger Baustein einer umfassenden Verhaltensveränderung, die wir vornehmen müssen. Wenn wir für die nachfolgenden Generationen die Welt lebens- und liebenswert erhalten wollen, dann müssen wir viele solcher Bausteine eben in Augenschein nehmen und auch umsetzen.

Und Ökostrom ist ja eigentlich nur ein Klick entfernt in einem Tarifrechner. Es kostet nur ein paar Minuten und das sollte es einem ja wert sein.

Ökostrom: Es geht um Milliarden

Es gibt auch kritische Stimmen: Ein Durchschnittshaushalt würde über einen Ökostromtarif die Energiewende in Deutschland mit nur etwa 30 Euro pro Jahr fördern. Das würde keinen echten Impact bringen. Was würden Sie entgegnen?

Das ist eine falsche Perspektive, nur auf diese 30 Euro zu gucken. Sondern es geht ja um den gesamten Stromverbrauch, den ein Durchschnittshaushalt hat.

Und der liegt bei 3.500 Kilowattstunden oder wenn es ein energiesparsamer Haushalt ist, vielleicht bei 2.800 Kilowattstunden. Also wir reden über Kosten von vielleicht 750, 800 und 1.000, 1.200 Euro.

Ein gutes Ökostromprodukt investiert diese gesamten Kosten in Ökostrom mit ökologischem Mehrwert. Nicht etwa in 100 Jahre alte Wasserkraftwerke, die abgeschrieben sind. Ein gutes Ökostromprodukt kommt aus Anlagen, die nicht älter sind als sechs Jahre. Ein Teil dieser Kosten, die die Bürgerinnen und Bürger dann tragen, geht auch in Neuanlagen. Die Summe ist also deutlich größer und wenn wir die über 40 Millionen Haushalte zugrunde legen, dann sehen wir, um wie viel Geld es geht. Es sind Milliarden.

Wie gut sind Ökostrom-Tarife von großen Konzernen oder Stadtwerken?

Ich persönlich sehe den Ökostromwechsel tatsächlich als eine Art politischen Akt. Darum auch die Frage hinterher: Gibt es Ihrer Meinung nach empfehlenswerte Ökostromtarife von den großen Energiekonzernen?

Ja, …. das ist ein etwas zweifelndes Ja. Natürlich haben die auch Angebote, die echten Ökostrom liefern, aus neuen Anlagen kommen, also auch einen Mehrwert haben.

Aber bei großen Energieversorgern haben wir natürlich auch immer Anlagen, die noch mit fossilen Energieträgern funktionieren oder bis vor kurzem sogar mit Atomstrom. Ich würde das jetzt nicht groß kritisieren, aber wir brauchen auch hier eine sehr viel schnellere und engagiertere Energiewende. Also wir müssen einfach weg von den fossilen Energieträgern und die Ziele sind einfach zu weit in die Zukunft verlegt worden.

Wir können jetzt sehr viel mehr machen und von daher würde ich sagen, der erste Ansprechpartner sollte immer ein lokaler Versorger sein oder ein Stadtwerk.

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Ökostromtarife finden

Kann man hier von guten und schlechten Stadtwerken sprechen? Beziehungsweise: Wie können Verbraucherinnen und Verbraucher erkennen, welches Stadtwerk in Sachen Ökostrom oder in Sachen Energiewende vorangeht?

Eine generelle Empfehlung für Ökostrom von Stadtwerken ist schwierig, da die Qualität und die Nachhaltigkeit sich deutlich unterscheidet. Aber man kann eben natürlich das ein bisschen unter die Lupe nehmen.

Also einmal, was macht eigentlich da den Ökostrom aus? Welche Zertifikate haben die Ökostromprodukte? Man kann sich den Strommix anschauen, also wie viel fossile Energie ist in dem Angebot für die lokalen Kunden da.

Man sollte schauen, was machen die an Investitionen in erneuerbare Energien und für die langfristige Förderung von sauberen Energiequellen. Zum Beispiel werden da Initiativen gefördert, die sich vielleicht für Windkraft einsetzen oder eben Photovoltaik im Quartier, ähnliches mehr.

Drittes Kriterium wäre Transparenz. Das heißt, ein Stadtwerk sollte seine Vertrauenswürdigkeit dadurch dokumentieren, dass es klare und verständliche Informationen über alle seine Produkte und Serviceangebote, aber insbesondere über seine Ökostromangebote, offenlegt und auch zeigt, wie es sich einsetzt für die Förderung erneuerbarer Energien.

Ist jetzt ein sinnvoller Zeitpunkt, zu Ökostrom zu wechseln?

Unbedingt. Also wer noch keinen Ökostromtarif bezieht, der sollte jetzt wechseln. Die Preisunterschiede sind zwar teilweise immer noch da. Bei manchen Anbietern gibt es aber sogar gar keinen Unterschied.

Man handelt und leistet einen Beitrag sofort. Und wir haben ja eben einen Strommarkt. Wenn die Leute sich mehr und mehr für Ökostromprodukte entscheiden, dann wird da auch nachgezogen werden. Das heißt, jeder Tag, den man eher zu Ökostrom wechselt, ist ein guter Tag für die Umwelt, so klein der Impact in dem Moment sein mag. Aber als Teil von einem umfassenden Bewusstseinswandel und Verhaltensänderungen ist das gar nicht zu unterschätzen.

Energieexperte Uwe Pöhls
Energieexperte Uwe Pöhls im Utopia-Podcast (Foto © Uwe Pöhls)

Zur Person: Dr. Uwe Pöhls beschäftigt sich seit über 20 Jahren mit den Themen Energie und Wasser. Er leitet das Team des Energieverbraucherportals und war einer der ca. 200 Expert:innen, die die Grundlagen für die im März verabschiedete Nationale Wasserstrategie erarbeitet haben.

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