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Aldi, Fleisch, Avocado: Entwicklungsminister spricht aus, was keiner wahrhaben will

Maischberger, Gerd Müller, Entwicklungsminister
Foto: Screenshot "maischberger. die woche"

Am Mittwoch war Bundesentwicklungsminister Gerd Müller bei Maischberger zu Gast. In der Sendung sprach er unter anderem darüber, wie Konsument*innen in Deutschland Sklavenarbeit fördern – und wie er das ändern will. Maischberger konnte er nicht so recht überzeugen.

Egal ob Fleisch, Kaffee oder Obst und Gemüse: Viele Lebensmittel gibt es in Deutschland extrem billig zu kaufen. Darunter leiden vor allem diejenigen, die diese Nahrungsmittel herstellen – und die Umwelt. Genau darüber diskutierte Sandra Maischberger am Mittwoch mit Bundesumweltentwicklungsminister Gerd Müller in ihrer Sendung „maischberger. die Woche“.

Müller kritisierte, dass Menschen in Deutschland nur etwa acht Prozent ihres Einkommens für Lebensmittel ausgeben: „Da sind wir in Europa am ganz unteren Ende. Warum ist uns eigentlich Qualität im Essen nicht mehr wert?“

Gerd Müller bei Maischberger: Avocado-Preis ist „absoluter Skandal“

Der Wunsch nach möglichst billigen Lebensmitteln führe dazu, dass Mensch, Tiere und Natur ausgebeutet werden – sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern. „Die Preise, die die Bauern bekommen, sind stehen geblieben. Der Bauer heute bekommt nicht mehr, weder für Fleisch noch für Milch noch für Eier, wie vor 40 Jahren. Wie reagiert er? Er muss intensiver wirtschaften, die Ställe werden größer und da ist genau eines der Probleme“, sagte der Minister in der Sendung.

Avocado zum Billigpreis. (© Pixabay / FoodieFactor )

Maischberger zeigte Müller einige Prospekte von Discountern, die Sonderangebote bewarben. Mit dabei war ein Kilo Hackfleisch für 4,99 Euro von Lidl und 500 Gramm Avocados für 1,49 Euro bei Aldi Nord. „Das ist ein absoluter Skandal“, sagte der Entwicklungsminister zum Avocado-Preis.

Der Einkaufskorb entscheidet

Müller nannte außerdem einige erschreckende Zahlen: Händler würden Bananen in den Erzeugerländern für nur 14 Cent pro Kilo einkaufen. Für ein Kilo Kaffee-Rohbohnen würden sie etwa 50 Cent zahlen. Familien, die auf Plantagen arbeiten, würden nur 50 bis 80 Cent Lohn am Tag bekommen. „Wie sollen die Menschen leben?“

„Für 14 Cent die Bananen einzukaufen, das heißt die Versklavung der Menschen auf den Plantagen. Und die Folge davon ist, dass Kinder mit auf die Plantagen gehen.“  Weltweit arbeiten Müller zufolge 70 Millionen Kinder auf Kaffee- und Kakaoplantagen. „Das muss jeder wissen, der zum Einkaufen geht: Mit dem Einkaufskorb entscheiden Sie über die Zukunft der Kinder in Afrika.“

Selbstverpflichtungen bei Aldi, Lidl und Co.?

Müller erklärte in der Sendung auch, wie er gegen die Kinder- und Sklavenarbeit für unsere Lebensmittel vorgehen will. Demnach habe er mit dem deutschen Einzelhandel ausgehandelt, dass dieser Bananen nicht unter einem Euro pro Kilo verkaufen dürfe. Lidl habe die Vorgabe akzeptiert, Aldi habe jedoch in der folgenden Woche Bananen für 88 Cent pro Kilo verkauft. Daraufhin habe Lidl den Bananenpreis ebenfalls auf 88 Cent gesenkt, „weil sie nichts mehr verkauft haben. Das ist der Reflex ‚Billig ist supergeil‘“.

Bananen aus fairem Handel sollten alle Supermärkte anbieten.
Bananen gehören zu den Lebensmitteln, die man nur fair kaufen sollte. (Foto: CC0/pixabay/StockSnap)

Selbstverpflichtungen von Discountern sind also offenbar nicht wirksam genug, meinte Sandra Maischberger. Müller gab ihr Recht und erklärte, aktuell an einem Lieferkettengesetz zu arbeiten. Das Gesetz soll soziale und ökologische Mindeststandards auch am Anfang der Lieferkette garantieren. Ob und wann das Gesetz kommen wird und wie effektiv es sein kann, ist allerdings noch unklar. „Ich hab enormen Widerstand aus der Wirtschaft“, sagte Müller bei Maischberger.

Maischberger ist skeptisch

Die Moderatorin war am Ende der Diskussion nicht besonders überzeugt. Immerhin appelliere der Wirtschaftsminister schon seit Jahren an seine Kollegen in der Regierung – bislang habe sich nur wenig getan. „Wir hoffen, dass Sie dieses Mal etwas mehr Erfolg haben“, sagte die Moderatorin. „Sonst müssen wir uns wieder sprechen und dann müssen Sie möglicherweise doch stärker eingreifen […], sonst wird’s ja nichts.“

Die ganze Sendung ist in der ARD-Mediathek verfügbar (die Diskussion mit Gerd Müller beginnt etwa ab Minute 22).

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