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Gaskrise: Abwärme von Rechenzentren könnte 350.000 Wohnungen versorgen

Gaskrise: Abwärme von Rechenzentren könnte 350.000 Wohnungen versorgen
Foto: CC0 / Pixabay / Akela999

Der Branchenverband Bitkom schlägt vor, mit der Abwärme von Rechenzentren deutsche Wohnungen zu heizen. Angesichts des drohenden Gasnotstandes eine Idee, die Hoffnung weckt – doch es gibt Hürden.

Die aktuelle Sorge vor einer drohenden Gas-Knappheit ist groß. Aktuell sind die Speicher in Deutschland, wie der WDR aufgreift, zwar zu etwa 60 Prozent gefüllt. Im Hinblick auf den kommenden Winter könnte dies dennoch zu wenig sein. Denn laut neuen Füllstandsvorgaben des Bundestags muss der Speicher zu bestimmten Stichtagen wie dem 01. Oktober oder 01. Dezember um ganze 80 beziehungsweise 90 Prozent gefüllt sein, damit die Gasversorgung im Winter gewährleistet bleibt.

Ein Vorhaben, das angesichts der schleppenden Versorgung durch die Pipeline „Nord Stream 1“ und der generell unsicheren Lage durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine kaum schaffbar erscheint.

In dieser Situation schlägt der Bitkom e. V. in einer Pressemitteilung nun vor, die Abwärme von Rechenzentren „umgehend zu nutzen“, um einen direkten Beitrag zur Energieversorgung für Warmwasser und Heizung zu leisten. Dafür müssten die Rechenzentren direkt an öffentliche und private Fernwärmenetze angebunden werden.

Abwärme könnte Hunderttausende von Wohnungen versorgen

Bis zu 350.000 Wohnungen könnten ersten Berechnungen zufolge durch die Abwärme der Rechenzentren versorgt werden.
Bis zu 350.000 Wohnungen könnten ersten Berechnungen zufolge durch die Abwärme der Rechenzentren versorgt werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / tstokes)

Der Digitalverband spricht sich aus mehreren Gründen für die Nutzung der Abwärme aus. Einerseits könnte diese durch die direkte Anbindung an die Fernwärmenetze einen Beitrag leisten, um die Grundversorgung der Menschen zu sichern. Andererseits könnte auch die Energiebilanz der Rechenzentren deutlich verbessert werden. Bisher würde die emissionsfreie Wärmeenergie in den meisten Fällen ungenutzt an die Umwelt abgegeben werden.

Schlussendlich würden sowohl Schwimmbäder als auch Privatwohnungen und Gewerbegebäude versorgt werden können. Ersten Berechnungen zufolge sei es dadurch möglich, bis zu 350.000 Wohnungen im Jahr mit Warmwasser und Heizung zu versorgen – anders gesagt, fast ganz Bremen.

Um das Potenzial freizusetzen, kämen vor allem mittelgroße und große Rechenzentren in Betracht, die beispielsweise an Standorten wie Frankfurt/Main, München, Berlin oder Hamburg liegen. Insgesamt käme deren Anschlussleistung auf gut 965 Megawatt, wobei die Hälfte der Leistung für die Abwärme genutzt werden könnte.

Wärmepumpen für Abwärme benötigt

Eine Hürde besteht darin, dass in Deutschland wichtige Infrastruktur fehlt oder aber nicht nutzbar ist. Deshalb kann die Abwärme der Rechenzentren nicht ohne weiteres in alle Wohnungen gelangen. Zudem erreicht die Abwärme die Temperatur der Fernwärmenetze nicht und müsste im Vorfeld angepasst werden.

Bitkom schlägt für diesen Zweck zusätzliche Investitionen wie hocheffiziente Wärmepumpen vor, die die Temperatur auf das Niveau der Fernwärmenetze anpassen und gleichzeitig Schwankungen ausgleichen. Zugleich betont Bitkom-Präsident Berg in seiner Forderung, dass Wärmepumpen in diesem Einsatz vom Netzentgelt befreit werden sollten, um „unabhängig von russischem Gas zu werden und den Klimaschutz weiter voranzutreiben“.

Weitere Ansätze zur effektiven Nutzung von Abwärme

Wärmepumpen werden als Investition vorgeschlagen, um die Temperatur an das Niveau der Fernwärmenetze anzugleichen.
Wärmepumpen werden als Investition vorgeschlagen, um die Temperatur an das Niveau der Fernwärmenetze anzugleichen.
(Foto: CC0 / Pixabay / HarmvdB)

Nicht nur der Digitalverband Bitkom setzt sich für die effektivere Nutzung der Abwärme ein. Um sie auch bei geringen Temperaturdifferenzen sinnvoll einsetzen zu können, entwickelten beispielsweise Wissenschaftler:innen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gemeinsam mit ihren japanischen Kollegen:innen der Universität Tohoku einen thermomagnetischen Generator. Dieser produziert bereits ab einer geringen Differenz von etwa drei Grad Celsius Strom.

Zudem gibt es weitere Forschung, die sich darum bemüht, Abwärme der Industrie effizienter zu speichern und langfristig einzusetzen. So wurde jüngst an der Technischen Universität Wien ein chemischer Wärmespeicher erfunden, der es ermöglicht, Energie über Monate hinweg verlustfrei zu lagern und diese somit im Winter wieder zum Heizen freizusetzen.

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