Kein Energieaufwand nötig: Neue Farbe wirkt wie Klimaanlage

Das „weißeste Weiß“ der Welt reflektiert Sonnenlicht besonders stark und soll nicht nur Autos und Gebäude, sondern auch den Planeten kühlen können.

Schwarze Farbe absorbiert Sonnenstrahlen, weiße Farbe reflektiert sie – was zur Folge hat, dass sich helle Gegenstände weniger stark erwärmen als dunkle. Wissenschaftler:innen an der Purdue University in West Lafayette (Indiana, USA) hatten sich diesen Grundsatz der Physik zunutze gemacht und bereits 2021 die „weißeste Farbe“ der Welt entwickelt, die mehr als 98 Prozent des einfallenden Sonnenlichts reflektieren kann.

Dadurch kann sie ihre Oberfläche auf 4,5 Grad Celsius weniger als die Umgebungstemperatur herunterkühlen. Beispielsweise auf Dächern aufgetragen, kann dieses Weiß den Einsatz von energieaufwendigen Klimaanlagen in Gebäuden reduzieren. 

Allerdings ging die Farbe mit einem Problem einher, welches die Forschenden nun mit der Nachfolgerformulierung beheben konnten. Es sei „ziemlich erstaunlich“, was die neue weißeste Farbe alles leisten könne. 

Weißeste Farbe der Welt bekommt neue Formulierung

Um eine Kühlung unter Umgebungstemperatur zu erreichen, mussten die Wissenschaftler:innen die ursprüngliche Farbe in einer 0,4 Millimeter dicken Schicht auftragen. Das sei laut Xiulin Ruan, Maschinenbauprofessor und Entwickler der Farbe, für robuste und stationäre Strukturen wie Dächer kein Problem. Für andere Anwendungen, die genaue Anforderungen an Größe und Gewicht stellen, allerdings schon. 

Damit man auch Autos, Züge und Flugzeuge mit der Farbe lackieren kann, muss sie deutlich leichter und dünner auftragbar sein. Dem Team um Ruan gelang dies nun mit einer neuen Formulierung. Diese kann eine ähnliche Kühlung mit einer Schichtdicke von nur 0,15 Millimetern erreichen.

Während die ursprüngliche Formulierung Nanopartikel aus Bariumsulfat verwendete, nutzt die neue Farbe hexagonales Bornitrid als Pigment. Das ist eine Substanz, die hauptsächlich in Schmiermitteln zum Einsatz kommt und einen hohen Brechungsgrad vorweist. Sie kann also Sonnenlicht besonders stark streuen. Statt auf Nanopartikel setzt die neue Formulierung zudem auf sogenannte Nano-Plättchen, welche die Sonnenstrahlung effektiver reflektieren als kugelförmige Nanopartikel. Außerdem verfügt die neue Farbe über eine geringere Dichte.

Zusammen mit der geringeren Dicke, in der die Farbe aufgetragen werden muss, verschafft dies der neuen Formulierung einen großen Vorteil: das geringere Gewicht. 

Wie die weißeste Farbe den Planeten abkühlen kann

Dieses würde George Chiu, Professor für Maschinenbau an der Purdue University, zufolge „die Türen zu allen möglichen Anwendungen öffnen“. Die neue Formulierung kann nun auch die Außenseite von Flugzeugen, Autos und Zügen verkleiden und so die Innenräume kühlen.

Bereits 2021 war im Gespräch, dass das weißeste Weiß der Welt auch dazu beitragen kann, Städte vor der Überhitzung zu bewahren, indem Gebäude mit der Farbe beschichtet werden. Zwar ist es beispielsweise in Griechenland und anderen heißen Länder längst gängige Praxis, Häuser weiß zu streichen. Doch die bisher auf dem Markt befindliche weiße Farbe reflektierte lediglich 80 bis 90 Prozent des Sonnenlichts und absorbierte zudem ultraviolettes Licht. Dadurch wird sie selbst wärmer und nicht kälter. Die an der Purdue University entwickelte Farbe hingegen kann sowohl reflektieren als auch kühlen.

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Somit würde der Bedarf an Kühlung durch Klimaanlagen erheblich sinken, was neben Geldersparnissen auch einen geringeren Energieverbrauch bewirken würde. 

Das wiederum reduziert die Treibhausgasemissionen, ergänzt Xiulin Ruan. Und: „Im Gegensatz zu anderen Kühlmethoden strahlt diese Farbe die gesamte Wärme in den Weltraum ab, wodurch auch unser Planet direkt abgekühlt wird“. 

Mittlerweile befinden sich die Wissenschaftler:innen im Gespräch mit der Industrie, um die Farbe auf den Markt zu bringen. Es könnte also noch ein wenig Zeit vergehen, bis sie ihre Leistung, Haltbarkeit und Wetterfestigkeit außerhalb des Labors unter Beweis stellen kann. Auch eine Antwort auf die Frage, ob die Farbe aufgrund der enthaltenen Nanoteilchen möglicherweise schädlich für Mensch und Umwelt sein könnte, steht noch aus.

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