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Merz entsetzt mit „Sozialtourismus“-Aussage zu ukrainischen Geflüchteten – und rudert zurück

CDU-Chef Friedrich Merz
© Michael Kappeler/dpa

Seit Monaten herrscht in der Ukraine der Angriffskrieg Russlands. CDU-Chef Friedrich Merz kritisierte nun in einem TV-Interview die damit zusammenhängende Einwanderungspolitik – und warf den ukrainischen Geflüchteten „Sozialtourismus“ vor. Heftiger Widerstand folgte prompt.

Der CDU-Chef Friedrich Merz hat Menschen, die aus der Ukraine flüchten, „Sozialtourismus“ vorgeworfen. Die Aussage löste heftigen Widerstand aus – inzwischen hat sich der Christdemokrat entschuldigt.  

In einem Interview mit Bild TV sagte Merz, dass Geflüchtete von Deutschland immer wieder zurück in die Ukraine reisen würden, in der seit Frühjahr Krieg herrscht. Eine größere Zahl derer, die aus der Ukraine geflüchtet seien, würden sich „dieses System zunutze machen“, behauptete der Parteichef.  „Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge: nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine“, so Merz.

Der Bundesregierung warf er vor, mit ihrer Flüchtlings- und Einwanderungspolitik „soziale Spannungen“ in Deutschland zu provozieren. Worauf er seine Behauptungen stützt, machte der CDU-Politiker allerdings nicht klar. Merz verwies lediglich auf die die Entscheidung der Ampel-Koalition, ukrainische Geflüchtete aus dem Asylbewerbersystem zu nehmen und ihnen Anspruch auf Sozialleistungen zu gewähren.

„Jedes Demokraten unwürdig“

Merz‘ Aussagen löste eine Reihe heftiger Gegenreaktionen aus. Bundesinnenministerin Nany Faeser (SPD) warf dem CDU-Vorsitzenden „Stimmungsmache“ vor – „auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind“. Dies sei „schäbig“, so Faeser auf Twitter. Die Innenministerin verwies darauf, dass „Sozialtourismus“ 2013 das Unwort des Jahres gewesen ist. Ihrer Meinung nach sei die Aussage „auch 2022 jedes Demokraten unwürdig“.

„Ist ja nur ein altbekanntes, rassistisches Nazi-Schlagwort“

Tatsächlich werden Wörter wie „Sozialtourismus“ oder „Sozialtourist:innen“ von rechtsextremen und rechtspopulistischen Parteien verwendet. „Ist ja nur ein altbekanntes, rassistisches Nazi-Schlagwort, dass Herr Merz da verwendet“, twitterte der Volksverpetzer mit Verweis auf Slogans der rechtsextremen NPD und AfD.

Auch die Grünen kritisieren die Auslassungen des Oppositionsführers. „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von ‚Sozialtourismus‘ spricht?“, so die Grünen-Chefin Ricarda Lang auf Twitter.

Fraktionschefin Britta Haßelmann, ebenfalls Grüne, schrieb: „Sich durch die Abwertung anderer Menschen profilieren zu wollen, ist ein Instrument, zu dem Rechtspopulisten regelmäßig greifen.“ Dies wüsste auch Merz, dem „jedes Mittel“ recht sei – „zur Eigenprofilierung.“

Auch der scheidende ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk meldet sich zu Wort. Er fragte auf Twitter: „Woher kommt dieser Unsinn über angeblichen ‚Sozialtourismus‘ von ukrainischen Kriegsflüchtlingen? Sie haben das Recht, Ihre Heimat jederzeit zu besuchen. Woher dieser billige Populismus?“

Nach Kritik meldet sich Merz zu Wort

Inzwischen ist Merz zurückgerudert und hat sich für seine Wortwahl entschuldigt. „Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung“, twitterte er. „Ich bedaure die Verwendung des Wortes ‚Sozialtourismus‘. Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems.“ Außerdem galt der Hinweis „ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge“, schreibt der CDU-Politiker. Es läge ihm fern, „die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren.“

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