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Nach Klimaprotest: Polizei ermittelt in eigenen Reihen

Nach Klimaprotest: Polizei ermittelt in eigenen Reihen
Foto: Paul Zinken/dpa

Am Dienstag beschmierten Mitglieder der Letzten Generation das Kanzleramt. Die Polizei schritt teils hart ein. Nun gibt es Ermittlungen in den eigenen Reihen – inzwischen auch in einem weiteren Fall.

Nach einem teils gewaltsamen Einsatz gegen Aktivist:innen der Gruppe Letzte Generation am Bundeskanzleramt ermittelt die Berliner Polizei in den eigenen Reihen: Gegen einen Beamten wurde ein Strafermittlungsverfahren wegen Verdachts der Körperverletzung im Amt eingeleitet, wie eine Sprecherin am Mittwoch mitteilte. Abhängig vom Ausgang dieser Ermittlungen werde auch ein mögliches Disziplinarverfahren geprüft. Ein Fachkommissariat beim Landeskriminalamt habe den Fall übernommen.

Am Dienstag hatten Aktivisten der Gruppe, die nach eigenen Angaben für mehr Klimaschutz eintritt, Fassaden des Kanzleramts mit orangener Farbe beschmiert und Slogans aufgeschrieben. Utopia berichtete. Uniformierte Polizeiangehörige und Männer in Zivil, augenscheinlich auch Polizeibeamte, gingen teils mit körperlicher Gewalt gegen die Aktivist:innen vor.

Ermittlungen gegen Berliner Polizisten

Ein zuerst von der Berliner Zeitung gepostetes und auch von der Gruppe Letzte Generation geteiltes Video zeigt, dass einer der in Zivil gekleideten Männer hart gegen zwei Menschen vorgeht und sie zu Boden bringt. Das Video legt zudem nahe, dass er einer der Personen einen Farbpinsel aus der Hand nimmt und damit mindestens einer Person über das Gesicht malt. Bei dem Mann, gegen den nun ermittelt wird, handele es sich um einen Berliner Polizisten, so die Polizeisprecherin.

Insgesamt hatten sich laut Polizei etwa 70 Demonstrant:innen der Letzten Generation vor dem Kanzleramt versammelt. Viele von ihnen hielten Transparente in den Händen, auf denen sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) „Lügen“ in Bezug auf Maßnahmen zum Klimaschutz vorwarfen.

Beim Einsatz am Kanzleramt gab es zahlreiche vorläufige Festnahmen

Im Zusammenhang mit der Aktion hielt die Polizei laut einer Bilanz vom Mittwoch 67 Beteiligte zeitweise fest, unter anderem zur Feststellung ihrer Personalien. 26 Strafermittlungsverfahren wurden eingeleitet, darunter 24 wegen Sachbeschädigung und je eines wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte. Darüber hinaus leitete die Polizei 43 Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten ein.

Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte, er gehe davon aus, dass die Schmierereien relativ schnell übermalt würden. „Und ansonsten hat wenigstens niemand im Stau gestanden“, fügt er mit Blick auf wiederholte Straßenblockaden der Gruppe Letzte Generation hinzu. Den Vorwurf der Aktivist:innen, Kanzler Scholz lüge, wenn er behaupte, die Maßnahmen der Regierung gegen die „Klimakatastrophe“ reichten aus, nannte Hebestreit „Propaganda“. Er wolle diese nicht noch damit adeln, dass er sich damit auseinandersetze, sagte Hebestreit in der Bundespressekonferenz auf die Frage eines Journalisten.

Am Mittwoch teilte die Polizei auf X mit, es gebe einen weiteren Ermittlungs-Fall in den eigenen Reihen. Zu einem Videoausschnitt, der in sozialen Medien kursiere, ermittle das Landeskriminalamt wegen des Verdachts der Körperverletzung im Amt. „Das Video entstand offenbar bei einem Einsatz an der Straße des 17. Juni. In der veröffentlichten Sequenz ist zu sehen, wie ein Polizist eine Frau schubst und sie daraufhin zu Boden fällt.“ Nach einem RBB-Bericht vom Mittwoch hat die Klimaschutzgruppe Letzte Generation auf Nachfrage des Senders mitgeteilt, dass sich der Vorfall am Samstag ereignet habe.

Inzwischen hat die Gewerkschaft der Polizei (GdP) das Vorgehen verteidigt. „Wir brauchen nicht darüber reden, dass das nicht optimal aussieht“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro in einem auf der Plattform X, vormals Twitter, verbreiteten Statement. „Aber polizeiliche Maßnahmen sehen selten schön aus und wir reden über Sachbeschädigungen, die durch unsere Kollegen geahndet werden müssen.“ Bisher seien alle Verfahren gegen Kollegen wegen angeblich rechtswidriger Maßnahmen juristisch eingestellt worden. Wie es in den aktuellen Fällen ausgehe, müsse man abwarten.

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