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Nur noch 12 Mal im Jahr: Braucht man bald eine Erlaubnis zum Autofahren in Berlin?

Nur noch 12 Mal im Jahr: Braucht man bald eine Erlaubnis zum Autofahren in Berlin?
Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Life of Pix

Autos sollen aus Berlins Innenbereich verschwinden. Das möchte zumindest die Initiative „Berlin autofrei“. Privatpersonen sollen demnach nur unter bestimmten Bedingungen in der Zone fahren dürfen.

Wird Berlin bald autofrei sein? Die Initiative „Berlin autofrei“ möchte mit einem Volksentscheid den Verkehr in der Berliner Umweltzone, innerhalb des S-Bahn-Rings so weit wie möglich einstellen. Die Fläche soll dann nur noch für Wirtschafts- und den öffentlichen Verkehr zur Verfügung stehen – Taxis, Handwerker, Polizei, Liefer- und Rettungsdienste. Privatpersonen dürften demnach nur mit einer Erlaubnis zwölf Mal im Jahr für jeweils 24 Stunden mit dem Auto in dieser Zone fahren. Ausgenommen davon sind körperlich beeinträchtigte Menschen, die auf den Wagen angewiesen sind. Für eine Sondernutzung zusätzlich zu den zwölf Fahrten bedarf es dann einer weiteren Erlaubnis.

Im Gesetzentwurf festgelegt ist die Nutzung der autofreien Innenstadt auf Fußverkehr, Radverkehr, Personennahverkehr, Elektrokleinstfahrzeuge und Kraftfahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von maximal 20 hm/h.

Vor dem Brandenburger Tor sollen dann nur noch öffentliche Verkehrsmittel, Fußgänger und Fahrradfahrer auf der Straße unterwegs sein.
Vor dem Brandenburger Tor sollen dann nur noch öffentliche Verkehrsmittel, Fußgänger und Fahrradfahrer auf der Straße unterwegs sein. (Foto: Initiative Volksentscheid Berlin autofrei / CC by-sa 4.0)

Die Initiative möchte damit die Luftqualität in Berlin verbessern, außerdem soll sich der Verkehrslärm verringern, weniger Menschen würden im Verkehr verletzt oder getötet, Autos nehmen nicht mehr so viel öffentlichen Raum in Anspruch wie jetzt.

Senat lehnt Entwurf ab

Der Berliner Senat lehnte am Diensten den Gesetzesentwurf ab. „Wir sind gemeinsam der Überzeugung, dass der Gesetzentwurf nicht dazu geeignet ist, die Ziele, die wir mit der Berliner Mobilitätswende verfolgen, zu erreichen“, sagte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne) nach der Senatssitzung. Die gesamte Fläche innerhalb des S-Bahn-Rings sei immerhin 88 Quadratkilometer groß, argumentierte Jarasch. Bisher habe es noch in keiner anderen europäischen Metropole eine so große autofreie Zone gegeben.

Vor allem befürchtet der Senat, dass sich die Probleme aus der Innenstadt in die Stadtteile außerhalb des S-Bahn-Rings verlagern würden – Lärm, Abgase und zusätzlicher Verkehr bei der Parkplatzsuche zum Beispiel würden dann dort zunehmen, wie Jarasch aufzählte. Rot-Grün-Rot wolle aber verkehrspolitisch auch den Außenstadtbereich stärken. Nötig sei deshalb ein gesamtstädtischer Ansatz.

Das grundsätzliche Ziel des Volksbegehrens, den Autoverkehr zu verringern, teile der Senat durchaus, sagte die grüne Verkehrssenatorin. Das im Gesetzentwurf vorgesehene Auto-Fahrverbot würde die Mobilitätswende aber nicht beschleunigen.

Die Innenverwaltung hatte in der vergangenen Woche außerdem bereits juristische Bedenken gegen den Gesetzentwurf geäußert. Nach ihrer Einschätzung verstößt er gegen das Grundgesetz, weil er mit unverhältnismäßigen Eingriffen in die allgemeine Handlungsfreiheit verbunden sei. Die Zahl der zulässigen Privatfahrten von zunächst zwölf pro Jahr sei zu starr und zu gering.

Nun berät das Landesparlament

Die Innenverwaltung werde den Gesetzentwurf innerhalb von 14 Tagen dem Landesverfassungsgerichtshof vorlegen, kündigte Jarasch an. Bis ein Ergebnis vorliegt, werde das Volksbegehren nicht in die nächste Phase gehen. Wie lange das Verfahren dauern werde, lasse sich schwer einschätzen.

Außerdem muss auch das Abgeordnetenhaus noch über den Gesetzentwurf beraten. Naheliegend ist allerdings, dass das Landesparlament zunächst die Entscheidung des Verfassungsgerichts abwartet, bevor es sich mit dem Thema beschäftigt.

Unterschrifteneinreichung vor der Senatsinnenverwaltung von 50.333 Unterschriften.
Unterschrifteneinreichung vor der Senatsinnenverwaltung von 50.333 Unterschriften. (Foto: Initiative Volksentscheid Berlin autofrei / CC by-sa 4.0)

Wenn die Abgeordneten das Anliegen der Initiative dann komplett ablehnen oder die wesentlichen Inhalte nicht für ein entsprechendes Gesetz übernehmen, kann die Initiative die Durchführung des Volksbegehrens verlangen. Sie müsste dann in einem nächsten Schritt rund 175.000 Unterschriften sammeln, um eine Abstimmung durchzusetzen. In der ersten Phase des Volksbegehrens hatten im vergangenen Jahr mehr als 50.000 Berliner:innen unterschrieben. Nötig waren 20.000 gültige Stimmen.

Dass der Landesverfassungsgerichtshof nun die Verhältnismäßigkeit des Autoverkehrs in Berlin prüfen müsse, sei eine große Chance für die Verkehrswende, sagte die Sprecherin der Initiative, Marie Wagner. „Unser Gesetz wird vor Gericht standhalten.“ Co-Sprecher Benni Wasmer sagte, es passe ins Bild der mutlosen Verkehrspolitik der letzten Jahre, dass der Senat den Gesetzentwurf nun vorzeitig vor Gericht bringe. „Gibt das Gericht unser Gesetz wie erwartet frei, bekommen wir neuen Rückenwind für die nächste Unterschriftenphase und den Volksentscheid.“

Mit Material der dpa

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