Von unnötigen Hygieneprodukten bis hin zu pinkfarbenem Werkzeug – Industrie und Werbung reden Frauen* und Mädchen* gerne ein, sie bräuchten ganz spezielle Produkte. Viele vermitteln überholte Rollenbilder, manche sind ungesund und wieder andere sind einfach nur bizarr.
1. “Tussi on Tour”-Werkzeug
Weil… Frauen* wären mit echtem Männerwerkzeug vermutlich einfach überfordert. Und mit Werkzeugkoffern, die mehr als eine Handvoll Schraubenzieher enthalten, erst recht. Nein, echtes Tussi-Werkzeug muss es sein.
Übrigens: Wem das Angebot an gegenderten Werkzeugen hier nicht ausreicht: Es gibt (Danke, Internet!) einen eigenen Onlineshop nur für pinke „Werkzeuge & Arbeitskleidung für die Frau“ namens Missfixx. Darauf hat die (Frauen*-)Welt gewartet.
2. Toilettenpapier “Lady”
Dieses Papier ist ein “besonders hautverträgliches Toilettenpapier mit einzigartiger Wohlfühlprägung“. Handelsübliches Toilettenpapier wäre für zarte Lady-Popos auch viel zu grob. Und die großen Packungen mit ganzen acht anstelle von zwei Rollen drin viel zu schwer. Ach ja, den Aufpreis von weit über 100 Prozent zahlen wir dafür doch gerne. Nicht.
Für Mutige und Neugierige: Alternativen zu Toilettenpapier
3. Gummibärchen für die Vagina
„Untenrum frisch“, so etwa lautet das Versprechen der Gummibärchen für die Vagina. Richtig gelesen, Gummibärchen für die Vagina. Kourtney Kardashian (eine der Schwestern des IT-Girl-Kardashian-Clans) wirbt für die Gelatine-Drops, die zu einer gesunden und duftenden Vagina verhelfen sollen.
Äußert problematisch, da dieses Produkt vermittelt, dass Personen mit Vagina hierfür Hilfe von außen benötigen. Dabei gilt für eine gesunde Scheidenflora: Weniger ist mehr. Denn im Grunde regelt sich das vor allem durch eine gesunde Lebensweise, nicht durch teure Gummidrops.
4. „Happy Face Trainer“
In Zeiten, in denen die feministische Forderung „Stop telling Women to smile“ („Hört auf, Frauen zu sagen, sie sollen lächeln“) es sogar bis auf T-Shirts geschafft hat, wirkt dieses seltsame Produkt nicht nur dumm, sondern ein bisschen wie aus der Zeit gefallen.
Es gibt zwar inzwischen Studien, die belegen, dass sich Körper und Psyche beeinflussen. Ein Lächeln kann demnach zu einer verbesserten Stimmung beitragen. Doch weder kann man ernsthafte Erkrankungen wie Depressionen weglächeln noch braucht man für den positiven Effekt eines Lächelns einen „Lächel-Trainer“ aus Kunststoff; schon gar nicht Frauen*.
5. Lippenmaske – „zum Küssen schön“
Nochmal zum Thema Lächeln: Wusstest du, dass man was für zarte und „pralle“ Lippen „mit dem Wow-Effekt“ tun sollte? Zum Beispiel diese Lippenmaske kaufen. Da steht zwar nicht drauf, dass sie für Frauen ist, das Design legt es aber arg nahe. Unnötig nicht nur der Müll, den dieses Produkt produziert – Wegwerf-Plastik-Verpackung und Wegwerf-Einmal-Maske – sondern auch die Message dahinter: Nämlich, dass weibliche Wesen bitteschön einen gut gepflegten Kussmund haben sollen, um die Welt mit ihrer Schönheit zu erfreuen. Sorry, not happening.
Hier findest du noch mehr Drogerie-Produkte, die kein Mensch braucht.
6. Kugelschreiber „For Her“
Mit dem „For Her“-Kugelschreiber hat das Unternehmen BIC vor einigen Jahren Tausende Menschen gegen sich aufgebracht – darunter die bekannte US-amerikanische Moderatorin und Komikerin Ellen DeGeneres. Vollkommen zu Recht, wie wir finden. Ein Kugelschreiber für Frauen* – da fällt uns nichts mehr ein. Ellen zum Glück schon.
„Könnt ihr das glauben? Wir haben all die Jahre Männer-Kugelschreiber benutzt!“, machte sie sich in ihrer Show über die Kulis lustig. „Am schlimmsten ist: Sie kommen nicht mit einer Anleitung. Wie erwarten die von uns, dass wir damit schreiben lernen?“
Das sehr amüsante Video (leider nur auf Englisch) gibt es hier:
Übrigens: BIC ist auch für diese wunderbaren Feuerzeuge namens „Miss BIC“ verantwortlich – so wirklich aus Fehlern zu lernen scheint man in diesem Unternehmen nicht.
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7. Intim-Pflegetücher
Eigentlich scheinen sich die meisten Gynäkolog:innen einig zu sein, dass gesunde Menschen mit Vulva für die „Intimpflege“ (schon dieses Wort!) nichts weiter als Wasser brauchen. Zu viele und scharfe Reinigungsprodukte können sogar mehr schaden als nutzen.
Was wir jedenfalls ganz bestimmt nicht brauchen, sind in Plastik verpackte Wegwerf-Tücher, die so viele gruselige Inhaltsstoffe (unter anderem PEG, Parabene und Duftstoffe) enthalten, dass wir nicht einmal gerne unsere Füße damit „pflegen“ würden – und unseren Intimbereich schon gar nicht.
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8. Intim-Deo
Wenn wir grade schon beim Thema sind: „Im Intimbereich gibt es mehr Schweißdrüsen als unter den Achseln. […] Dabei kann auch Intimgeruch entstehen.“ Zum Glück können wir dagegen etwas tun! Findet zumindest die Firma Vionell. Das „Intim Mild-Deo“ kann, so der Hersteller, „täglich verwendet werden und so oft wie nötig, z.B. als fester Bestandteil der Intimpflege-Routine für ein wohltuendes Frischegefühl.“
Also bitte, liebe Leser:innen, wenn ihr euren Intim-Bereich mit plastikverpackten Einweg-Tüchern (s. oben) fertig „gereinigt“ habt, dann sprüht doch noch ein bisschen Deo drauf, damit sich auch ja niemand über einen Rest natürlichen Körpergeruch beschweren kann. Schließlich sollte jede Vulva einen „frischen, zarten Duft“ haben. Wird etwas vergleichbares eigentlich auch an Männer* vermarktet? Oder dürfen die noch schwitzen?
9. Brust-Trenner
Dieser „Fashion First Aid Titty Bear“, so verspricht der Hersteller „verhindert Falten am Morgen“. Leute, ab jetzt schlafen wir nur noch mit Titty Bear zwischen den Brüsten!
10. Vagina-Glitzer
Ja, ihr habt richtig gelesen. Und ja, das ist mindestens so verstörend, wie es sich anhört. Ein US-amerikanisches Unternehmen mit dem bezeichnenden Namen „Pretty Woman Inc“ vermarktet seit einigen Jahren Glitzer-Kapseln, die sich Menschen in ihre Körperöffnungen einführen sollen, um sodann – man ahnt es – den Sexpartner:innen eine glitzernde Überraschung zu bereiten.
„Dieses Produkt suggeriert der Frauenwelt erneut, dass die Vagina in natura nicht ausreichend attraktiv oder lecker genug sein könnte und deswegen aufgepimpt werden müsse. Das nervt und das will keine(r) mehr hören,“ schreibt das Portal Wunderweib. Besser hätten wir es nicht sagen können.
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11. Pinky, der Menstruationshandschuh
Ein pinker (!) Einweghandschuh als Lösung vermeintlicher Menstruations-Produkte-Entsorgungs-Probleme, erfunden von zwei Cis-Männern – es wurde schon so viel geschrieben und gesagt über den vermeintlichen Coup bei „Höhle der Löwen“, da wollen wir hier nicht mehr allzu sehr in die Tiefe gehen (höhö).
„Schnell und unauffällig entsorgen, damit ja niemand von Geruch oder Aussehen gestört wird. Diese Zeiten sollten echt vorbei sein. Genauso wenig brauchen wir noch ein weiteres Einwegprodukt, das noch mehr Plastikmüll produziert.“ Meine Utopia-Kollegin Nora Braatz bringt es damit auf den Punkt.
Gut, dass die Pinky-Gründer sich die Kritik offenbar zu Herzen genommen und die Handschuhe inzwischen vom Markt genommen haben.
Übrigens: Es gibt Alternativen zu herkömmlichen Monatshygieneprodukten: Umweltfreundlicher und deutlich günstiger als Tampons & Co. sind Menstruationstassen.
12. Die „Pink Tax“
Die sogenannte „Tampon Tax“ (der hohe Mehrwertsteuersatz auf Periodenprodukte) ist zum Glück inzwischen Geschichte – auch wenn längst nicht alle Marken die Preisersparnis weitergeben.
Anders ist das mit der „Pink Tax„. Die ist keine Steuer, sondern ein simpler, nicht vernünftig zu rechtfertigender Preisaufschlag auf an Frauen* vermarktete Produkte. Beispiele? Damen-Rasierer, Rasierschaum, Duschgele, Parfums, Haarschnitte und vieles mehr sind auffällig häufig deutlich teurer als das mehr oder weniger identische Produkt „for Men“. Ganz offensichtlich ist pink eine teurere Farbe als schwarz.
Hinweis: Mit dem Begriff Frau* sprechen wir alle an, die sich hinsichtlich ihrer Geschlechtsidentität als Frau* definieren. Dasselbe gilt für die Verwendung von Mann*.
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