Detox-Kur: Was ist dran am Entgiftungstrend? Von Silke Neumann Kategorien: Gesundheit Stand: 5. Januar 2023, 15:00 Uhr Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - Vitalii Pavlyshynets Entgiftungskuren und Detox-Kuren sind schwer angesagt. Viele der Mittel und Methoden bringen wenig bis nichts. Utopia zeigt, was beim Detoxing funktioniert und was nicht. Mittlerweile gibt es fast aus jedem Bereich einen „Detox-Ableger“: Detox-Tee, Detox-Saft, Detox-Diät, auch Detox-Yoga, -Pflaster, -Massage und weitere Detox-Kuriositäten. Das Thema „Entgiftungskur“ scheint zum Massenphänomen geworden zu sein und jede:r sollte regelmäßig „detoxen“. Doch was ist „Detox“ eigentlich und was bringt es tatsächlich? „Entgiftungskur“ gleich „Detox-Kur“ Streng genommen bedeutet der Begriff „detox“ nichts anderes als „entgiften“. Gerne auch im selben Zusammenhang wie „entschlacken“ verwendet, soll „Detox“ bei allen möglichen Problemen helfen. Eine Entgiftungskur soll die Pfunde purzeln lassen, für mehr Energie sorgen, das Immunsystem stärken, verjüngend wirken und die Allgemeingesundheit verbessern. Detox-Cremes werden gegen Falten angeboten, Detox-Pflaster sollen durch die Haut dem Körper Schadstoffe entziehen – die Liste möglicher Vorzüge von Entgiftungskuren ist lang. Detox-Kur: Giftstoffe einfach durch Tee-Trinken aus dem Körper ausspülen – schön wäre es, funktioniert aber nicht. (Foto: © nicolasberlin - photocase.com) Was genau ist eine Entgiftungskur durch „Detox“? Verwirrend dabei ist jedoch: Mal bedeutet „Detox“, auf bestimmte Lebensmittel (etwa „übersäuernde“) zu verzichten, ein anderes Mal werden bestimmte Pulver empfohlen. Dann wieder sollen Gymnastikübungen (wie Yoga) den Effekt unterstützen. Oder es sollen Kosmetikprodukte und spezielle Massagen dem Körper beim „Ausleiten der Gifte“ helfen. Eine konkrete Definition fehlt. Die einfache Erklärung dafür, dass es keine wirkliche Definition von „Detox“ gibt, ist: „Detox“ im eigentlichen Sinne existiert nicht. Und niemand wird (oder bleibt) krank, wenn er nicht regelmäßig eine Entgiftungskur anwendet. Produkte für Detox-Kuren meist leere Werbeversprechen Unser Körper ist mit Leber, Niere und Darm bestens ausgestattet, Schadstoffe auch ohne „Entschlackungskur“ auszuscheiden. Für alle von Befürworter:innen angeführten angeblichen Wirksamkeitsbeweise gibt es wissenschaftsmedizinische Erklärungen, die jedoch nichts mit „detox“ selbst zu tun haben. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt dazu: „Insgesamt liegen keine aussagekräftigen Humanstudien vor, die die Effektivität von Detox-Diäten untersuchen.“ Das Argument der „Entschlackung“ oder Entgiftung wird meist nur deshalb angeführt, um zweifelhafte Heilmittel, Getränke, Lebensmittel, Kosmetika, Methoden, Workshops und Bücher gewinnbringend zu verkaufen – oder um das eigene ungesunde Verhalten mit Detox-Kuren zu kompensieren. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen warnt ebenfalls vor unnötigen und oftmals überteuerten „Detox“-Produkten. Es gebe auch zur Frage, ob man mit „Detox“ abnehmen könne keine belastbare wissenschaftliche Studie: „Natürlich nehmen Sie ab, wenn sie kurzfristig nur wenig essen – das hat jedoch mit „Detox“ nichts zu tun. Mit „Detox“ wollen Hersteller ihre Produkte besser verkaufen.“ Keine Detox-Wunder: Smoothies können lecker und gesund sein – „entgiften“ können sie allerdings nicht. (Foto: © evitaochel / Pixabay) In der Medizin existiert übrigens der Begriff der „Entschlackung“ ebenfalls nicht, er stammt aus der Naturheilkunde und ist nur mündlich überliefert. Selbst in den Leitlinien des Heilfastens wird er nicht erwähnt. „Entschlackende“ Säfte, Kuren und Anwendungen beruhigen in erster Linie nur das Gewissen der Käufer:innen und füllen die Taschen der Verkäufer:innen. Dteox-Tee hält nicht, was er verspricht Kräutertees, die den Körper entschlacken und entgiften sollen und das eine oder andere Kilo verschwinden lassen. Das klingt für manche verlockend, aber einen Haken haben die sogenannten Detox-Tees jedoch: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Hintergrund, dass unser Körper entgiftet werden muss“, so Antje Degner von der Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern. Auch die Idee des Entschlackens lässt sich wissenschaftlich nicht belegen. Detox-Versprechen sind nicht zulässig. Eben weil die Belege fehlen, ist es Herstellern auch verboten, mit dem Begriff «Detox» zu werben. Einige umgehen dieses Verbot allerdings, indem sie Bezeichnungen wie «d-tox» oder «antitox» nutzen, heißt es von der Verbraucherzentrale. Tees können neben Bewegung und einer kalorienreduzierten Ernährung zwar das Abnehmen unterstützen, da sie ungesüßt so gut wie keine Kalorien haben. Teure Detox-Produkte braucht es dafür allerdings nicht, so das Fazit der Verbraucherschützer:innen. Detox: Aber warum wirkt die Entgiftungskur bei anderen? Wohl jeder kennt Personen, die berichten, wie gut ihnen ihre Entgiftungskur tue oder welche positiven gesundheitlichen Effekte sie durch eine Detox-Kur erreichen konnten. Steckt vielleicht doch etwas hinter Detox? Jein. Der positive Effekt auf die Allgemeingesundheit, die Verdauung, das Immunsystem oder den Gewichtsverlust ist bei vielen „Detox-Anwender:innen“ nicht von der Hand zu weisen. Die Pfunde purzeln, die Verdauung normalisiert sich, Haut, Haare und Nägel verbessern sich. Und so strahlen die begeisterten Verfechter:innen von Entgiftungs- und Entschlackungskuren voll positiver Energie. Nicht die Detox-Kur führt zu mehr Wohlbefinden und Gesundheit, sondern die Beschäftigung mit gesunder Ernährung. (Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - avdalyan) Es ist schön, zu sehen, wie unsere Mitmenschen aufblühen. Das Aufblühen hat jedoch wenig bis gar nichts mit dem verwendeten Detox-Tee, Detox-Smoothie oder anderen Detox-Anwendungen zu tun. Grundsätzlich nämlich nimmt (fast) jede:r Übergewichtige ab, wenn er sich intensiv mit seiner Ernährung auseinandersetzt. Egal, welches Ernährungskonzept dahintersteckt: Meist werden einem Ernährungssünden so vor Augen geführt, und dies führt zu einer bewussteren Nahrungsaufnahme. Die Kilos purzeln also nicht durch das „Entgiften“, sondern durch das aktive Auseinandersetzen mit dem Thema Essen. Wer „entschlackt“, indem er frische Säfte, Smoothies oder Vollkornprodukte auf den Speiseplan setzt, nimmt dadurch mehr Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe zu sich als sonst. Der positive Effekt auf die Gesundheit entsteht also nicht durch Detox, also das „Ausleiten der Gifte“, sondern durch eine gesündere Ernährung. Doch Vorsicht: Wer während einer Detox-Kur auf eigene Faust auf gewisse Lebensmittel verzichtet, riskiert schon nach kurzer Zeit eine Unterversorgung mit wichtigen Nährstoffen. Zudem enthalten gekaufte Fruchtsäfte und Smoothies naturgemäß viel Zucker und sollten nur in Maßen verzehrt werden. So kann sich der angestrebte positive Effekt recht schnell zu einer Gefährdung der Gesundheit wandeln. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen weist darauf hin, dass Anbieter eigentlich gar nicht mit Begriffen wie „Detox“ werben dürfen, da es sich um unzulässige Gesundheitsversprechen handele. Sie warnt davor, dass „Detox“-Produkte – insbesondere Pulver und Wirkstoffe aus dem Internet – sogar gefährlich sein könnten, da die Inhaltsstoffe nicht immer den angegebenen entsprächen. Detox-Produkte auf Zeolithbasis könnten Schwermetalle enthalten, außerdem könne es bei stark konzentrierten oder unreinen Pflanzen-Substanzen zu Wechselwirkungen mit Medikamenten kommen. Seefische und Meeresfrüchte sind oft stark mit Quecksilber belastet – dieses Gift lässt sich nachträglich nicht per „Detox“ ausleiten. (Foto: © PaelmerPhotoArts / Pixabay) Besser giftfrei leben statt Detox-Kur Der Mensch ist am Ende seines Lebens streng genommen Sondermüll. Umweltgifte wie Schwermetalle, Mikroplastik und andere Schadstoffe sammeln sich in unserem Körper an. Besonders das Fettgewebe speichert diese Stoffe. Hinzu kommt: Wir Menschen stehen am oberen Ende der Nahrungskette. Deshalb nehmen wir durch unsere Nahrung auch die Umweltgifte auf, die niedrigere Glieder der Nahrungskette bereits im Körperfett gespeichert haben. Es ist daher nahezu unmöglich, sie wieder zu mobilisieren und per Entgiftungskur „auszuschwemmen“. Das betrifft nicht am Ende nicht nur deine Nahrung, sondern auch die Belastung mit Chemikalien durch Kosmetika, Medikamente und Umweltbelastungen. Auch giftige Farbstoffe, Lösungsmittel und andere Stoffe in unserer eigenen Wohnung belasten den Organismus. Detox-Alltag statt Detox-Kur Statt darüber nachzudenken, zu entschlacken, zu entgiften oder für Detox-Kuren viel Geld auszugeben, gewöhne dir besser einen „Detox-Alltag“ an, um den Körper zu entgiften: Verzichte auf Alkohol und Zigaretten. Koche selbst aus frischen Zutaten, statt zu Fertigprodukten zu greifen. Bevorzuge Bio-Produkte, um Pestizidrückstände zu vermeiden. Ausreichend trinken, am besten natürlich Leitungswasser. Iss wenig bis gar kein Fleisch, sondern viel regionales, saisonales Obst und Gemüse. Lies dazu auch: 10 Tipps, um ein bisschen veganer zu werden Den Großteil des Schadstoffeintrages kannst du selbst durch eine bewusstere Wahl von Nahrung und Kosmetika und dein tägliches Verhalten bestimmen – eine Detox-Kur ist somit überflüssig. Mit Material der dpa. Weiterlesen auf Utopia.de: Nahrungsergänzungsmittel – sinnvoll, unnötig oder gar bedenklich? Digital Detox: 8 Tipps, um bewusst offline zu gehen Kalt duschen: So gut ist es für die Gesundheit English version available: Does Detox Tea Work? Facts and Myths, Dangers and Benefits Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen. ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 231 46 Vielen Dank für deine Stimme! 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