Regelmäßig Fisch zu essen, ist für viele selbstverständlich. Vom Verzicht auf überfischte Arten bis hin zu Aquakulturen gibt es allerdings einiges zu beachten.
Fisch zu essen gilt als gesund und viele finden Fischstäbchen, Fischfilets oder Räucherfisch lecker. Wenn wir im Internet Informationen über die Herkunft von Fisch suchen, ist es mit dem Genuss allerdings schnell vorbei: Viele Arten sind überfischt, immer wieder gibt es Berichte über Schadstoffe in Fischen, Aquakulturen seien auch keine gute Alternative und auf die Siegel kaum Verlass. Müssen wir deshalb ganz und gar auf Fisch verzichten? Tatsächlich gibt es viele gute Gründe, Fisch und andere Meerestiere von unserem Speiseplan zu streichen.
Wer dennoch weiterhin Fisch essen möchte, sollte zumindest einiges beachten. Im Folgenden bekommst du einen Überblick.
Nachhaltiger Fisch essen – ohne Überfischung
Laut der Welternährungsorganisation FAO waren 2019 knapp 35 Prozent der weltweiten Fischbestände überfischt. Rund 60 Prozent wurden bereits maximal genutzt, mehr geht also nicht, ohne dass sie ebenfalls überfischt sind.
In welchen Fanggebieten welche Arten noch nachhaltig gefischt werden können, verraten dir unter anderem der Fischratgeber des WWF und der neue Fischratgeber der Verbraucherzentralen. Der, lange Zeit als besonders streng geltende, Fischratgeber von Greenpeace wurde leider in den vergangenen Jahren nicht mehr neu aufgelegt.
In der letzten veröffentlichten Version 2016 galt ausschließlich Karpfen als uneingeschränkt empfehlenswert. WWF und Verbraucherzentralen sehen das heute ähnlich: Auch hier hat Karpfen aus europäischer Aquakultur eine grüne Bewertung.
WWF Fischratgeber: Welchen Fisch kannst du essen?
Einige Fischsorten kannst du laut WWF essen, wenn sie in bestimmten Fanggebieten (FAO) und/oder mit bestimmten Fangmethoden gefischt wurden. In den Empfehlungen des WWF sind alle Fangmethoden und auch Aquakulturen mit inbegriffen.
- Barramundi weltweit aus Aquakulturen unter der Voraussetzung, dass es geschlossene Kreislaufanlagen sind
- Eismeergarnele aus dem Nordost-Pazifik vor Kanada (FAO 67), gefangen mit Reusen
- Tropische Garnele aus Europa (Kreislaufanlage mit Biofloc-Technologie) oder Vietnam Bio-Aquakultur (White Tiger Garnele oder Tiger-Garnele)
- Hering aus dem Nordostatlantik FAO 27: Nordsee (ICES 4), Östlicher Ärmelkanal (ICES 7.d), Irische See (ICES 7.a Nord), Golf von Riga (ICES 28.1), Island (ICES 5.a)Pelagische Schleppnetze, Umschliessungsnetze (Ringwaden), aber auch vielen Ausnahmen
- Karpfen aus Aquakulturen in Europa: Teichanlagen
- Makrele aus dem Nordost-Atlantik (FAO 27) mit Handleinen und Angelleinen oder aus dem östlichen Mittelatlantik (FAO 34) mit Umschließungsnetzen oder Pelagischen Schleppnetzen
- Pazifischer Lachs aus dem Nordost-Pazifik vor Alaska (FAO 67) alle Fangmethoden, vor Kanada (FAO 67) nur Bukel- und Ketalachs mit Umschließungsnetzen, Haken und Langleinen
- Bach- und Seeforelle aus Österreich aus Aquakultur (Teich- und Durchflussanlagen)
- Miesmuschel weltweit, unter der Voraussetzung, dass die Aquakultur eine Leinenkultur ist
- Regenbogenforelle aus Dänemark, Norwegen, Schweden, Schweiz, Finnland aus Aquakultur (Teich- oder Kreislaufanlagen)
- Rotbarsch aus dem Nordostatlantik (FAO 27 Nordostarktis) mit Pelagischen Schleppnetzen
- Saibling aus Europa und Island aus Aquakultur
- Sardelle aus dem Nordostatlantik in der Biskaya (FAO 27) aus Pelagischen Schleppnetzen oder Umschließungsnetzen
- Sardine aus dem östlichen Mittelatlantik (FAO 34: Mauretanien und Marokko), Wildfang (alle Methoden)
- Seehecht aus dem Nordost-Pazifik vor Kanada und USA (FAO 67), gefangen mit Pelagischen Schleppnetzen
- Seelachs (Köhler) aus dem Nordostatlantik (FAO 27: Barentssee, Norwegische See, Spitzbergen und Bäreninsel), gefangen mit Ringwaden, vor Island gefangen mit Stellnetzen-Kiemennetzen oder Grundlangleinen
- Seezunge aus Europa aus Aquakultur (Kreislaufanlage)
- Sprotte aus dem Nordostatlantik (FAO 27: Skagerrak und Kattegat, Nordsee, Ärmelkanal) mit Pelagischen Schleppnetzen
- Thunfisch (echter Bonito) aus dem westlichen und mittleren Pazifik (FAO 61, 71, 77, 78) oder vor Indonesien (FAO 57), mit Handleinen oder Angelleinen gefangen
- Thunfisch (Gelbflossenthunfisch) aus dem östlichen und Südwestpazifik (FAO 61, 71, 77, 81), gefangen mit Handleinen oder Angelleinen
- Thunfisch (Weißer Thunfisch) aus dem Pazifik (FAO 61, 67, 71, 77, 81, 87), sowie aus dem Nordwest- und Nordostatlantik (FAO 21, 27, 31, 34), gefangen mit Hand- oder Angelleinen oder Schleppangeln
- Wels (afrikanischer und europäischer) aus Aquakultur (geschlossene Kreislaufanlagen, Teichanlagen) in Europa
Achtung: Die Liste ist nur eine Auswahl der Empfehlungen und kann sich auch zwischendurch, je nach Lage ändern. Den kompletten Fischratgeber gibt es auf der Website des WWF.
Zusätzlich zu dieser Liste gibt es noch die „Gute-Fisch“-Liste. Diese Liste wurde gemeinsam von den Verbraucherzentralen, der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel (Geomar), dem Naturschutzbund Deutschland (Nabu) sowie dem World Wide Fund For Nature (WWF) veröffentlicht. Im Gegensatz zu den Empfehlungen sind hier keine Fische aus Aquakulturen enthalten.
Fische, die du nicht essen solltest
Bei folgenden Wildfischen sind sich WWF und Verbraucherzentralen einig, dass du sie auf keinen Fall essen solltest:
- europäischer Aal
- alle Hai- und Rochen-Arten
- Granatbarsch, Kaiserbarsch
- Blauflossen-Thunfisch
Die Verbraucherzentralen raten im Gegensatz zum WWF außerdem von Miesmuscheln, nordpazifischem, südlichem und atlantischem Blauflossen-Thunfisch, Makrele, Stör, atlantischem Lachs, Rotbarsch und Tintenfisch generell ab.
Zusätzliche Hinweise, welche Fische du essen kannst, geben dir Siegel für Wildfische. Das bekannteste ist sicher MSC, aber auch einige Bio-Verbände wie Naturland haben inzwischen Siegel für Wildfische. Am Ende des Artikels stellen wir dir die wichtigsten Siegel vor.
Fisch aus Wildfang: Die Fangmethode ist entscheidend
Wenn du Wildfisch essen möchtest, kommt es also nicht nur darauf an, wo er gefangen wurde. Auch das „Wie“ ist entscheidend. Von Greenpeace gibt es eine Liste der verschiedenen Fangmethoden und ihrer Vor- und Nachteile. Hier sind einige Beispiele:
- Schleppnetze: Diese zum Teil riesigen tütenförmigen Netze gehören in der Hochseefischerei zu den beliebtesten Fangmethoden. Es gibt Schleppnetze, die über den Grund gezogen werden und solche, die zwischen Wasseroberfläche und Grund das Meer befischen können. Das Problem von Schleppnetzen ist, dass es zum Teil sehr viel Beifang gibt. Bei Grundschleppnetzen kommt dazu, dass sie den Boden aufreißen und so unter anderem für das Ökosystem Meer extrem wichtige Korallenriffe zerstören.
- Kiemennetze: Diese feinmaschigen Netze heißen so, weil sich Fische mit ihren Kiemen darin verfangen. Eine Art von Kiemennetzen sind Stellnetze, die an einem festen Ort senkrecht aufgestellt werden. Im Gegensatz zu Schleppnetzen haben Stellnetze weniger Beifang und hinterlassen weniger Schäden am umliegenden Ökosystem. Dafür hängen die Fische oft tagelang in den Maschen, bis die Netze eingeholt werden. Im Gegensatz zu Stellnetzen treiben Treibnetze umher. Sie sind inzwischen verboten, da sie oft sehr viel Beifang verursachen, aber in der illegalen Fischerei werden Treibnetze immer noch verwendet.
- Ringwaden: Die ringförmigen Netze werden um einen Fischschwarm gelegt, um diesen einzuschließen. Diese Methode wird gerne verwendet, um Thunfische zu fangen. Das Problem ist, dass Thunfische und Delfine häufig gemeinsam unterwegs sind. Gerne orten Fischer:innen deshalb Delfine und kreisen diese ein. Inzwischen gibt es allerdings feste Regeln, dass mitgefangene Delfine sofort wieder freigelassen werden müssen.
- Angeln: Es gibt unterschiedliche Arten von Angeln. Meistens bestehen sie aus einer kurzen Leine mit einem Haken, an dem sich ein Köder befindet. Angeln gelten als besonders schonend, weil Beifang sofort erkannt und wieder freigelassen werden kann und weil Ökosysteme kaum beschädigt werden.
- Fallen: Fischfallen sind Netze, deren Öffnungen gerade so groß sind, dass die gewünschte Fischart hinein, aber nicht wieder hinausgelangt. Dadurch kann viel Beifang vermieden werden.
Fisch aus Aquakulturen: die bessere Alternative?
Wer nun glaubt, man könne ohne größere Bedenken zwar kaum Wildfische, wohl aber Fische aus Aquakultur essen, irrt leider. Bei Zuchtfischen aus Aquakulturen sind weder bedrohte Bestände noch Beifang ein unmittelbares Problem. Trotzdem sind Aquakulturen leider nicht die ultimative Lösung, da diese Zuchtform ihre eigenen Probleme mit sich bringt:
- Ein großes Problem ist, dass die Fische häufig mit Fischmehl gefüttert werden, das aus Wildfischen hergestellt wurde. So werden die Fischbestände trotz Aquakulturen massiv belastet.
- Da in Aquakulturen viele Fische auf engem Raum gehalten werden, ist der Boden unter ihnen mit besonders viel Fischkot bedeckt. Außerdem werden die Fische häufig mit Antibiotika behandelt. Der Einsatz von Chemikalien belastet die umliegenden Ökosysteme zusätzlich. Dies gilt vor allem für Farmen, deren Wasser im direkten Austausch mit dem Meerwasser steht.
- In tropischen und subtropischen Gewässern gibt es Fischfarmen, für die Mangrovenwälder weichen müssen. Diese Wälder sind die Lebensräume von sehr vielen Arten und auch Laichplätze vieler Wildfische.
- Wenn Fische aus Aquakulturen entkommen, können sie dort grassierende Krankheiten auf Wildfische übertragen. Zudem werden Zuchtfische oft an Orten gehalten, an denen sie nicht heimisch sind. Wenn sie sich mit heimischen Beständen mischen, können sie das empfindliche Gleichgewicht der Ökosysteme stören.
Aus diesen Gründen solltest du auch Fisch aus Aquakulturen nicht bedenkenlos essen. Wie im Fall von Wildfischen können dir auch Siegel wie das ASC- und das Naturland-Siegel eine Orientierung bieten. Mehr Informationen bekommst du dazu am Ende des Artikels.
Fisch essen – ist das wirklich gesund?
Fische zu essen gilt im Allgemeinen als sehr gesund. Sie enthalten unter anderem einige Vitamine, Mineralstoffe, viele Proteine und Omega-3-Fettsäuren. Allerdings nehmen Fische über das Wasser nicht nur unbedenkliche Stoffe auf: Immer wieder gibt es Berichte, wonach Fische mit diversen Schadstoffen belastet sind. Hier sind die wichtigsten Infos:
- Die meisten Wildfische werden so jung gefangen, dass sie noch kaum mit Schadstoffen belastet sind. Eine Ausnahme bilden ältere Raubfische, zum Beispiel Thunfische und Haie (die man sowieso nicht essen sollte). Diese müssen ab einem gewissen Alter aber regelmäßig auf Schadstoffe wie Quecksilber, Blei oder Cadmium untersucht werden. Dennoch solltest du solche Fische, wenn überhaupt, nur selten essen und in der Schwangerschaft und Stillzeit ganz meiden.
- Ein besonderer Fall sind Heringe und Lachse aus der nördlichen Ostsee: Sie sind zum Teil stark mit dem Gift Dioxin belastet.
- Bei Zuchtfischen gibt es ebenfalls Berichte über Schadstoffbelastungen. Besonders problematisch ist das wahrscheinlich krebserregende Ethoxyquin. Es ist fast überall in der Lebensmittelindustrie verboten, durfte aber noch bis 2020 als Zusatzstoff dem Fischmehl beigemengt werden. 2018 fanden sowohl Stiftung Warentest als auch Öko-Test bei Tests von Zuchtlachs erhöhte Ethoxyquin-Konzentrationen, 2021 aber nicht mehr.
- In den vergangenen Jahren haben Berichte über Mikroplastik im Meer immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Eine Studie an Fischen aus der Nord- und Ostsee hat gezeigt, dass über fünf Prozent der Fische Mikroplastik im Verdauungstrakt haben. Bei Nordseegarnelen waren sogar 63 Prozent betroffen. Ob das Mikroplastik selbst in diesen Konzentrationen für Menschen schädlich ist, ist noch nicht klar. Ein Problem ist aber sicherlich, dass Plastik oft schädliche Weichmacher enthält und dass viele Kunststoffe einige giftige Substanzen sehr gut binden und anreichern können.
Besseren Fisch essen: Siegel bieten Orientierung
- MSC: Das älteste Siegel für Fische aus nachhaltigem Wildfang ist das Ende der Neunzigerjahre gegründete MSC-Siegel. MSC steht für Marine Stewardship Council. Das Siegel wurde von Unilever und WWF initiiert, agiert aber nach offiziellen Angaben unabhängig. Inzwischen tragen in Deutschland um die 3000 Produkte das MSC-Siegel. Kernpunkte des Siegels sind, dass keine Bestände überfischt werden dürfen und schonende Fangmethoden wie Angeln oder Fallen verwendet werden müssen. Leider macht MSC jedoch keine Vorgaben zum Tierwohl und unzureichende zu Arbeitsbedingungen. Außerdem hat ein Test von Stiftung Warentest gezeigt, dass Bestände teils zeitweise überfischt werden dürfen und MSC nicht immer den Weg seiner zertifizierten Produkte zurückverfolgen kann.
- Naturland (Wildfang): Strengere Regeln setzt das Siegel für Wildfische von Naturland. Hier gibt es auch Vorschriften zu fairen Arbeitsbedingungen. Bisher gibt es einige Fanggebiete mit zertifizierten Fischen in Deutschland, vor den Azoren und in Tansania.
- ASC: Das Pendant zum MSC-Siegel für Zuchtfische ist das Siegel des Aquaculture Stewardship Council, von dem in Deutschland inzwischen etwa 1000 Produkte erhältlich sind. ASC-zertifizierte Farmen müssen an geeigneten Standorten liegen, die Wasserqualität muss regelmäßig überprüft werden und der Einsatz von Antibiotika soll beschränkt werden. Fischmehl und genverändertes Soja als Nahrung sind aber erlaubt.
- Naturland (Aquakulturen): Erneut macht Naturland strengere Regeln: Die Fische brauchen ausreichend Platz, die umliegenden Ökosysteme müssen geschont werden, Fischmehl darf nur aus Resten von Speisefischen verwendet werden, Gentechnik ist nicht erlaubt.
Unterm Strich: Fisch mit den Siegeln ASC und MSC ist besser als gar nicht zertifizierter Fisch. Noch besser ist es aber, wenn du Fisch essen möchtest, nach Möglichkeit auf die Bio-Verbände wie Naturland setzen – auch wenn bisher leider nicht viele Fischsorten von diesen zertifiziert werden. Ansonsten bieten die Einkaufsratgeber von Greenpeace und Verbraucherzentralen eine gute Orientierung.
Schlussendlich ist es vor allem wichtig, dass du Fisch als das betrachtest, was er ist: ein Luxus, der, wenn überhaupt, nur gelegentlich auf dem Tisch landen sollte.
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Überarbeitet von Lena Kirchner
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