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Warum Bio-Fisch die bessere Wahl ist

Bio-Fisch
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash - Gregor Moser

Überfischte Meere, Schwermetalle und Antibiotikarückstände auf unseren Tellern – Fisch ist längst kein nachhaltiges oder gesundes Lebensmittel mehr. Ist Bio-Fisch besser?

Die weltweite Nachfrage nach Fisch steigt seit den 1960er Jahren immer weiter an – laut FAO auf mittlerweile 20,5 Kilogramm pro Person und Jahr. Bei Bio-Fisch und -Meeresfrüchten ist die Auswahl insgesamt aber noch sehr überschaubar.

Was auffällt: Wildfisch mit dem vertrauten hellgrünen EU-Bio-Siegel sucht man vergeblich, Bio-Zuchtfisch hingegen gibt es häufiger. Irgendwie paradox: Fisch, der in der freien Natur aufwächst, soll also weniger bio sein als seine Artgenossen aus künstlich angelegten Aquakulturen?

Utopia erklärt, was Bio-Fisch ausmacht.

Wildfisch gibt es nicht in Bio-Qualität

In der EU-Öko-Verordnung, also sozusagen dem Bio-Grundgesetz, heißt es: „Die Erzeugnisse […] der Fischerei wild lebender Tiere gelten nicht als aus ökologischer/biologischer Produktion stammend.“

Damit ist festgelegt: „Natürlich“ und „bio“ ist nicht automatisch dasselbe. Denn bei Wildfisch wird weder Einfluss auf die Haltung noch auf die Ernährung der Tiere genommen, weshalb sich auch keine Fischerei hierfür bio-zertifizieren lassen kann. Wildfisch mit EU-Bio-Siegel gibt es also nicht.

Fischkutter an der Nordsee
Überfischung gefährdet Fischbestände und Ökosysteme weltweit. (Foto: CC0 / Pixabay / siebenhochsieben)

Potenziell umweltfreundlichere Fischprodukte, bei deren Fang Fischbestände und Lebensräume geschont wurden, tragen dafür häufig das Logo des Marine Stewardship Council (MSC). „Unser Siegel ist ein Nachhaltigkeits-Siegel und kein Qualitäts-Siegel. Die Sicherung der Fischbestände für die Zukunft durch verantwortungsvolle Fischerei hat für uns höchste Priorität“, betont MSC-Pressesprecherin Andrea Harmsen. Allerdings gerät der MSC immer wieder in die Kritik, weil er überfischte Bestände nicht ausreichend schütze und potenziell zerstörerische Fangmethoden wie Grundschleppnetze zulasse.

Laut WWF ist schon heute etwa ein Drittel aller Bestände weltweit überfischt, 60 Prozent sind maximal genutzt. Industrieller Fischfang zerstört ganze Ökosysteme und generiert enorme Mengen an Beifang.

Naturland Wildfisch macht die Ausnahme

Naturland Wildfisch Logo
(© Naturland e.V.)

Der Bio-Verband Naturland geht beim Thema Wildfisch eigene Wege. So findet sich etwa auf der Verpackung des Victoriasee-Barsch von Followfish zwar kein EU-Bio-Siegel, wohl aber das „Naturland Wildfisch“ Label. Auch deutscher Seelachs und Thunfisch von den Azoren ist als Naturland-Wildfisch erhältlich.

Ähnlich wie beim MSC stehen bei Naturland Wildfisch die Schonung der Fischbestände und Ökosysteme sowie der Verzicht auf umweltschädigende Fangmethoden mit hohem Beifang an erster Stelle. Zertifiziert werden vor allem kleine, handwerkliche Fischereien; entlang der gesamten Lieferkette werden hohe soziale Standards verlangt. Und auch die Verarbeitung muss nach strengen Naturland-Richtlinien erfolgen.

Problemfall Aquakultur: Massentierhaltung mit dramatischen Auswirkungen

Aufgrund der steigenden Nachfrage stammt mittlerweile fast die Hälfte des weltweit konsumierten Fischs aus Aquakultur (s. WWF). Diese Alternative zum Fang wildlebender Fische ist zunächst alles andere als Bio – sie bedeutet in den meisten Fällen Massentierhaltung auf engstem Raum, mit allen daraus resultierenden Konsequenzen:

  • erhöhter Stress und wenig Bewegung für die Tiere in überfüllten Anlagen, in denen sich Krankheiten schneller ausbreiten können
  • Belastung der Gewässer durch Kot, Hormone und Medikamente, die mitunter auch bei uns auf den Tellern landen
  • Verbreitung neuer sowie die Verdrängung bestehender Arten, wenn Tiere aus Netzgehegen in offenen Gewässern ausbrechen
  • Zerstörung wertvoller Lebensräume zugunsten von Aquakulturen (z.B. Vernichtung von Mangrovenwäldern in Asien und Mittelamerika für die Shrimps-Zucht)
Ethoxyquin ist häufig in Fischfutter enthalten.
Aquakultur: Nicht immer die bessere Lösung. (Foto: CC0/pixabay/jonesthejones)

Ein besonderes Problem ist hierbei das Thema Futter: Viele beliebte Speisefische werden vor allem mit Fischmehl oder -öl gefüttert. Laut Greenpeace werden zum Beispiel für ein Kilo Zucht-Thunfisch um die 20 Kilo Futter benötigt. Und dieses besteht überwiegend aus Fischmehl und -öl von Wildfischen. Inzwischen soll etwa jeder fünfte gefangene Fisch aus dem Meer zu Fischmehl oder -öl verarbeitet werden. Damit heizt konventionelle Aquakultur die Überfischung wilder Bestände zusätzlich an. Bei Bio-Zuchtfisch sieht es diesbezüglich etwas besser aus.

Das macht Bio-Aquakultur besser

Im Gegensatz zu Wildfisch gibt es für die Bio-Fischzucht EU-weit klare Spielregeln: Pflanzliche Futtermittel müssen aus Bio-Anbau, Fischmehl und Fischöl aus nachhaltiger Fischerei stammen. Die Besatzdichte ist für jede Fischart genau geregelt: In 1.000 Litern Wasser dürfen in Netzgehegen beispielsweise „nur“ 10 Kilogramm Forelle leben (s. EU-Verordnung). In der konventionellen Zucht sind weit höhere Besatzdichten üblich.

Wenn weniger Tiere im Wassser sind, kann sich das positiv auf ihr Stresslevel, ihr natürliches Wachstum und ihre Gesundheit auswirken. Expert:innen sehen auch Vorteile für den und Geschmack. So ist Bio-Fisch oft weniger fett, dafür aromatischer. Auf den Einsatz von Hormonen wird verzichtet, Antibiotika dürfen nur in Ausnahmen verabreicht werden. Und gentechnisch veränderte Organismen sind verboten – sowohl im Futter als auch im Fisch.

„Bio-Fisch hat auch den Vorteil, dass die Lieferkette meist besser nachzuvollziehen ist, weil ja alle Akteure zertifiziert sein müssen – das erhöht die Sicherheit des Lebensmittels“

sagt Mark Heuer, Projektmanager für nachhaltige Fischerei beim WWF. „Was beim normalen Bio-Fisch nach EU-Verordnung allerdings fehlt sind Sozialstandards“, gibt er zu bedenken. „Gerade bei Fisch aus Asien oder Südamerika ist es daher empfehlenswert, Produkte zu kaufen, die zumindest auch das ASC (Aquaculture Stewardship Council) Siegel tragen oder Naturland-zertifiziert sind.“

Noch nachhaltiger: Bio-Fisch aus Aquakultur von Naturland und Bioland

In der Aquakultur stellen sowohl Fisch-Vorreiter Naturland als auch Bioland Anforderungen, die über die EU-Mindeststandards hinausgehen.

Fisch essen
Wer Fisch essen will, kann auf das Naturland-Siegel achten. (Foto: CC0 / Pixabay / Free-Photos)

Das Naturland-Siegel findet sich sowohl bei fleisch- als auch bei pflanzenfressenden Zuchtfischen. Eine Naturland-Zertifizierung ist nur für einen kompletten Betrieb möglich – nicht, wie bei EU-Bio, für Teilbetriebe. Sofern Fischmehl und -öl zur Fütterung verwendet wird, muss dieses aus Resten der Speisefischverarbeitung stammen. Außerdem müssen auch in Zuchtbetrieben soziale Standards eingehalten werden. Neben Garnelen aus Ecuador, Peru und Vietnam gibt es zum Beispiel Naturland-zertifizierte Forellen aus Deutschland, Lachs und Muscheln aus Irland sowie Pangasius aus Vietnam. Mark Heuer vom WWF bestätigt: „Naturland bietet bei Fisch aus Aquakultur sozusagen das Rundum-Sorglos-Paket. Allerdings ist die Verfügbarkeit im Handel noch relativ gering“.

Von Bioland gibt es hingegen ausschließlich Karpfen. „Karpfen sind Friedfische. Carnivore Fische [d.h. fleischfressende Fische, Anm. d. Red.] werden nicht zertifiziert, da der Proteinbedarf von Raubfischen häufig mit Tiermehl gedeckt wird, dessen Einsatz Bioland ablehnt. Sollten die Karpfen über das in den Zuchtteichen vorkommende Nahrungsangebot hinaus Futter benötigen, darf nur pflanzliches Bio-Futter zugefüttert werden“, erklärt uns Pressesprecherin Susanne Rihm. All das gilt aber nur in der Theorie: Derzeit sind keine Bioland-Kaprfen im Handel erhältlich.

Regionaler Fisch kann auch ohne Bio-Label nachhaltiger sein – mit einer wichtigen Ausnahme

Auch der Bio-Verband Biokreis hat eigene Richtlinien für die Teichwirtschaft von Karpfen und Forellen, es gibt aktuell jedoch kaum Züchter:innen mit entsprechender Zertifizierung. Pressesprecherin Stefanie Lehmann weiß: „Es gibt nachhaltig betriebene Aquakulturen, für die sich eine Bio-Zertifizierung aufgrund ihrer etablierten Vermarktungsstrukturen nicht lohnt.“

Besonders bei kleinen regionalen Fischzuchten können Fische umweltverträglich gehalten werden – häufig ganz ohne Bio-Logo. Das bestätigt auch Mark Heuer vom WWF, allerdings mit einer Ausnahme: „Aal sollten wir unbedingt alle von unserem Speiseplan streichen. Er ist als einziger Speisefisch in Deutschland vom Aussterben bedroht“.

Fazit: Wenn Fisch, dann Bio

Angesichts der verheerenden Folgen der Fischerei für Umwelt und Fischbestände weltweit ist es am nachhaltigsten, ganz auf Fisch zu verzichten.

Auch aus Gesundheitsgründen ist der Fischverzehr nicht nötig: Omega-3-Fettsäuren sind auch in pflanzlichen Lebensmitteln wie zum Beispiel LeinölHanfölRapsölWeizenkeimöl und Walnüssen sowie Mikroalgen-Präparaten enthalten. Auch JodVitamin D und Proteine kann man problemlos aus pflanzlichen Quellen aufnehmen.

Wer dennoch (noch) nicht bereit ist, Fisch ganz wegzulassen, sollte beim Fisch-Kauf Folgendes beachten:

  • Wildfisch mindestens in MSC-, wenn möglich in Naturland-Qualität kaufen
  • Zuchtfisch ist zwar in EU-Bio-Qualität erhältlich. Kommt er aus Ländern mit eher niedrigen Sozialstandards, sollte er jedoch besser zusätzlich ASC– und/oder Naturland-zertifiziert sein. Pflegeleichte Friedfische wie Karpfen sind aufgrund der Futterproblematik den Raubfischen vorzuziehen. Und manchmal gibt es Zuchtfisch aus kleinen regionalen Aquakulturen, die nicht zertifiziert sind, jedoch trotzdem nachhaltig und ökologisch wirtschaften. Hier am besten direkt nachfragen.
  • Insgesamt lohnt sich vor dem Fisch-Kauf ein Blick in den Fischratgeber von WWF (auch als App erhältlich) oder den Verbraucherzentralen-Fischratgeber.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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