Einen milden Winter gab es in den letzten Jahren immer häufiger. Das hat Auswirkungen auf die Natur. Wie Pflanzen und Tiere auf die warmen Temperaturen reagieren, erfährst du hier.
Ein Winter ohne frostige Temperaturen und Schneegestöber mag für einige verlockend klingen: Eltern, die ihre Kinderwagen ansonsten durch Schneematsch schieben müssten, ältere Menschen, die sich bei Glätte nicht nach draußen trauen und Pendler:innen, denen es vor wetterbedingten Zugausfällen graut.
Doch die Tier- und Pflanzenwelt kann ein milder Winter ganz schön durcheinanderbringen.
Vermehrt milde Winter in den vergangenen Jahren
Vögel zwitschern aufgeregt, an Hecken und Sträuchern lässt sich erstes Grün entdecken, Pollen fliegen und beim Spaziergang können wir auf Handschuhe verzichten. Was normal für einen Tag im Frühling ist, deutet im Winter auf zu milde Temperaturen hin.
Von solchen milden Wintern gab es in den letzten Jahren einige. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) erlebte Deutschland im Jahr 2021 den zehnten zu warmen Winter in Folge, wobei der Januar 2020 sogar zu den zehn wärmsten seit Beginn der Messungen 1881 zählt.
Auch der Winter 2021/22 lässt noch auf einen signifikanten Kälteeinbruch warten. Bisher waren die Temperaturen deutlich zu hoch: Im Vergleich zu den Mittelwerten von 1961 und 1990 waren der Dezember 2021 um 1,8 Grad und der Januar 2022 um 3,7 Grad zu warm.
Stand Mitte Januar 2022 gab es erst 27 Bodenfrosttage. Zu wenige, wenn man bedenkt, dass es im Verlauf eines ganzen Winters an durchschnittlich 62,5 Tagen Bodenfrost auftritt.
So wirkt sich ein milder Winter auf die Pflanzenwelt aus
Die warmen Temperaturen sorgen dafür, dass Pflanzen, Bäume und Sträucher teilweise viel zu früh austreiben. Besonders Hasel, Erle, Forsythien, der Schneeball und Seidelbast reagieren schnell auf milde Witterungsbedingungen und setzen Knospen schon im Dezember an. Frühblüher wie Krokusse, Schneeglöckchen und Primeln können in einem milden Winter bereits Anfang Februar erste Blüten zeigen. Laut NABU sind sie damit vier Wochen zu früh dran.
Wenn es dann doch noch zu einem Kälteeinbruch mit Frost kommt, können die Jungtriebe absterben. Heimischen Pflanzen macht dies nicht allzu viel aus, da sie im Frühjahr für gewöhnlich ein zweites Mal austreiben. Bleibt es jedoch über längere Zeit mild, setzen die Pflanzen ihr vorzeitiges Wachstum fort. Aus den Jungtrieben werden Blätter und Blüten. In diesem fortgeschrittenen Zustand verkraften die Pflanzen Frosteinbrüche nicht mehr so leicht. Die Energiereserven reichen zwar noch für einen schwachen zweiten Austrieb, doch dieser zehrt an den Kräften. Die Pflanzen werden weniger widerstandsfähig gegenüber weiteren Wetterumschwüngen oder Befall durch Pilze und Insekten.
Auch für Feldfrüchte kann ein milder Winter schwere Konsequenzen nach sich ziehen. Sie wachsen dann viel zu schnell und drohen bei später auftretendem Frost zu erfrieren. Haben Obstbäume bereits Blüten gebildet, kann ein Frosteinbruch im März oder April sogar zu erheblichen Ernteausfällen führen. Obstbäume bilden nämlich erst im Folgejahr wieder neue Blüten.
Milder Winter: Folgen für Insekten, Vögel, und Tiere
Einige Insekten freuen sich über einen milden Winter, für andere ist er eine Bedrohung. Schädlinge wie Blatt- und Schildläuse sterben nur ab, wenn es starke Fröste gibt. Daher werden viele von ihnen überleben und Gartenbesitzer:innen in der kommenden Gartensaison vermutlich besonders plagen. Auch Zecken werden aufgrund zu milder Winter immer mehr zu einer ganzjährigen Gefahr. Eine Bodentemperatur von bereits sieben Grad Celsius reicht aus, damit sie aus ihren Winterverstecken kommen.
Stechmücken gehören zu den Insekten, denen ein milder Winter schadet. Warme Temperaturen fördern die Entstehung von Pilzen und Bakterien, die die Stechmücken nun häufiger befallen. In Folge überleben weniger Stechmücken, was für Menschen nach einer Erleichterung klingt, aber für das Ökosystem keine gute Nachricht ist. Stechmücken dienen nämlich vielen Tieren als Nahrung und bestäuben zudem auch Pflanzen.
Warme Temperaturen locken auch Wildbienen und Hummeln früher als sonst hervor. Zwar mögen dann schon einige Frühblüher blühen, doch trotzdem ist das Nahrungsangebot noch gering. Finden die nützlichen Insekten nicht ausreichend Futter, kann es lebensgefährlich für sie werden.
Heimischen Vögeln und Wildtieren wie Rehen, Hirschen, Hasen und Wildschweinen macht ein milder Winter nichts aus. Einige Zugvögel ziehen bei den warmen Temperaturen gar nicht in andere Gefilde, weil sie auch hier genügend Nahrung finden. Vögel profitieren grundsätzlich von milden Temperaturen, weil sie weniger Energie verbrauchen, wenn es nicht zu kalt ist. So sparen sie sich ihre Kraft auf, um gut gerüstet in den Frühling zu starten. Auch die Wildtiere nutzen die warmen Temperaturen und verlegen die Paarungszeit vor.
Kritisch kann es jedoch werden, wenn Eichhörnchen ihre Winterruhe an warmen Tagen vermehrt unterbrechen. Sie plündern dann vorzeitig die Nahrungsvorräte aus dem letzten Jahr, so Magnus Wessel vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.
Fazit: Wie gefährlich ist ein milder Winter?
Am ehesten bemerken viele Menschen einen milden Winter daran, dass die umherschwirrenden Pollen früher als sonst zu allergischen Reaktionen führen. In der Pflanzen- und Tierwelt können zu warme Temperaturen im Winter aber eine ganze Reihe an Konsequenzen mit sich bringen – manche davon negativ, andere positiv.
Zwar erhält die Natur durch einen milden Winter verwirrende Signale. Doch Umweltexpert:innen seien sich einig, dass solche einmaligen Wetterextreme den meisten Tier- und Pflanzenarten keinen großen Schaden zufügen, so Öko-Test. Trotzdem stehe ein milder Winter mit dem Klimawandel im Zusammenhang. Dieser wird dauerhafte Veränderungen mit sich bringen und somit gravierende Auswirkungen auf die Tier- und Pflanzenwelt haben. Um die Artenvielfalt zu schützen, muss die globale Erderwärmung also dringend reduziert werden.
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