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Ökostrom-Label: die wichtigsten Siegel im Vergleich

Ökostrom-Label im Vergleich
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Ökostrom-Label sollen die Einhaltung wichtiger Kriterien garantieren und einen Vergleich ermöglichen. Allerdings gibt es mehrere Ökostrom-Siegel – die teils auch unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Utopia.de sagt, auf welche Ökostrom-Label du dich verlassen kannst, und nennt die Haken.

Ökostrom ist nicht gleich Ökostrom: Verschiedene Label sollen die Angebote und transparenter und dem Kunden so einen Vergleich erlauben, doch ihre Vielzahl stiftet eher Verwirrung. Hier sind die relevanten Siegel mit den wichtigsten Kriterien im Überblick. Als „sehr empfehlenswert“ beurteilen wir die Siegel „Grüner Strom“ und „ok-power“ / „ok-power-plus„.

Das Ökostrom-Label „Grüner Strom“

Ökostrom-Label: Grüner Strom

Hinter dem Trägerverein des Labels Grüner Strom stehen beispielsweise die Umweltverbände Euro-Solar, BUND und NaBu. Nach eigenen Angaben sind rund 80 Energieversorger zertifiziert und bieten diese geprüften Tarife an.

Das älteste deutsche Grünstrom-Label Grüner Strom achtet auf „100 Prozent echten Ökostrom aus erneuerbaren Quellen“. Wichtig sind daneben garantierte Investitionen eines Erlös-Teiles in neue Grünstrom-Anlagen oder regenerative Kraft-Wärme-Kopplung. Dafür müssen – je nach Stromverbrauch des Kunden – zwischen 0,1 und 0,5 Cent pro Kilowattstunde eingesetzt werden. Dies ist verpflichtend – ein Alleinstellungsmerkmal. Eine Förderung von Wasserkraft wird nur anerkannt, wenn sich die Gewässerökologie deutlich verbessert, etwa durch Schutzeinrichtungen für Fische.

Besonders ist, dass die notwendigen Herkunftsnachweise für den Ökostrom und der eingekaufte Strom selbst aus denselben Kraftwerken kommen. Durch diese Kopplung wird verhindert, dass ein Stromanbieter nur die äquivalente Menge an Herkunftsnachweisen einkauft und Atom- und Kohle-Strom damit umdeklariert. Diese Kopplung ist ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Siegels. Inwiefern dies aber tatsächlich einen höheren ökologischen Nutzen bringt, ist unklar. In jedem Fall verlangt es von den Stromanbietern aber dadurch, sich ernsthaft für eine nachhaltige Stromgewinnung einzusetzen.

Früher gab es das Grüner-Strom-Label noch in Wertungen wie „Silber“ und „Gold“, seit 2015 gibt es nur noch das Grüner-Strom-Label. Oder eben nicht – etwa für Betreiber, die noch Atom- und neuen Kohlekraftwerke betreiben.

Das Ökostrom-Label „ok power“

Ökostrom-Label: ok power

Mit dem Label ok power hat der Verein „Energie Vision e.V.“ seit 2016 etwa 80 geprüfte Grünstrom-Produkte zertifiziert. Damit verfügt das ok-power-Label, hinter dem ein Forschungs-Institut aus Hamburg steht und an dem das Öko-Institut beteiligt ist, ebenfalls über große Reichweite und Bedeutung.

Die Zertifizierung basiert auf Pflichtkriterien, die jeder Anbieter erfüllen muss und so genannten Wahlpflichtkriterien. Letztere belegen, was die Anbieter jeweils zusätzlich zu gesetzlichen Fördermaßnahmen für die Energiewende leisten – und bilden quasi das Herzstück der Zertifizierung. Dazu gehören entweder 0,2 bis 0,3 ct/kWh für innovative Projekte oder die Förderung von Neuanlagen oder die Förderung von ehemals staatlich geförderter Anlagen.

Kein Label erhalten Anbieter, die entweder direkt oder als Konzerntochter an Atom- oder Braunkohlekraftwerken beteiligt sind. Auch der Neubau von Steinkohle-Meilern ist ein No-Go. Zudem darf es keine Mindest-Abnahmemenge und keine Vorkasse geben.

TÜV Süd: Standards EE01 und EE02

Ökostrom-Label: TÜV Süd EE01 (auch: EE02)

Gleich zwei verschiedene Grünstrom-Zertifizierungen bietet der TÜV Süd mit Sitz in München an, wo man sich übrigens als Konkurrent des TÜV Nord begreift.

Beiden gemeinsam ist die 100-Prozent-Abdeckung – das Label EE02 verlangt jedoch, dass dieser Ökostrom auch zeitgleich zum Verbrauch des Kunden bereitgestellt wird. Diese zeitliche Kopplung ist ein Alleinstellungsmerkmal – der ökologische Nutzen ist aber umstritten. Vereinnahmte Preisaufschläge müssen mindestens zu 75 Prozent „der Förderung des Klimaschutzes“ zukommen. Dazu zählen neben dem Zubau von Ökostrom-Anlagen aber auch Förderprogramme für Wärmepumpen sowie „Forschungsprojekte in Zukunftsenergien“.

Für das TÜV Süd EE01-Siegel können die Stromanbieter zwischen drei Optionen wählen: eine Förderung von 0,2 ct/kWh für erneuerbare Energien oder Technologien, 30 Prozent des Strom aus Neuanlagen oder ein festgelegter Ökostrom-Mix. Für das TÜV Süd EE02-Siegel müssen Stromanbieter den Ökostrom aus der Region einkaufen und das zeitgleich zum Verbrauch.

Neue EE-Anlagen dürfen beim TÜV Süd auch schon mal 15 Jahre alt sein. Ein ökologischer Zusatznutzen wird nicht gefordert. Laut TÜV Süd wurden beide Label zusammen mehr als 50 Mal in Deutschland vergeben.

Anbieter-Label „Energiewendeunternehmen (EWU)“

Energiewendeunternehmen (EWU) (TÜV Süd)

Das Label „Energiewendeunternehmen (EWU)“ zeichnet nicht Grünstrom-Produkte aus, sondern „Unternehmen, die bereits jetzt den Erfordernissen der Energiewende in besonderem Maß gerecht werden“.

Zu den Kriterien für Energiewendeunternehmen zählt, dass alle angebotenen Grünstrom-Tarife ein Qualitätslabel tragen müssen. Zudem muss u. a. der Energie-Anteil aus erneuerbaren Quellen im Unternehmens-Mix um ein Drittel höher ausfallen als der nationale Durchschnitt – und Atomstrom ist tabu.

Sofern man selbst Strom produziert, muss der grüne Anteil mindestens 80 Prozent betragen. Beteiligungen an Kohle- und Atomenergie dürfen nicht ausgebaut werden. Das Unternehmen muss außerdem mindestens 75 Prozent Ökostrom für den eigenen Bedarf nutzen.

„Geprüfter Ökostrom“: TÜV Nord

TÜV Nord: Geprüfter Ökostrom

Auch hier ist die 100-Prozent-Vollversorgung mit Grünstrom erste Bedingung. Daneben muss mindestens ein Drittel des Produktvolumens aus EE-Anlagen stammen, die nicht älter als sechs Jahre sind. Alternativ kann der Stromanbieter 0,1 bis 0,25 Cent/kWh in den Zubau solcher Anlagen stecken.

Bei der Frage, was unter „erneuerbare Energien“ fällt, orientiert sich der TÜV Nord am Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Demnach ist Energie aus (fossil betriebenen) Kraft-Wärme-Kraftwerken (KWK) inzwischen nicht mehr erlaubt. Allerdings dürfen die Ökostrom-Anbieter auch Anteile an Kohle- und Atomkraftwerken besitzen.

Das internationale Ökostrom-Label „EKOenergie“

Ökostrom-Siegel EKOenergie

Das Zertifikat bescheinigt Energieversorgern, dass der Ökostrom aus naturverträglichen Anlagen stammt. Alle Kraftwerke müssen ausgesuchten Nachhaltigkeitskriterien folgen: Anlagen dürfen nicht in Naturschutzgebieten, Natura-2000-Gebieten, Vogelschutzgebieten oder UNESCO-Welterbestätten befinden und die Natur darf nur „geringfügig verändert“ werden.

Das Ökostrom-Siegel bescheinigt, dass 0,0001 €/kWh (0,10 €/MWh) – bei Bezug von Wasserkraft zusätzlich 0,0001 €/kWh – in einen Umweltfonds investiert werden und es eine verlässliche Stromrückverfolgung sowie Informationen über die Herkunft und Produktionsweise des Stroms gibt (RECS/EECS erlaubt). Derzeit gibt es nur wenige Stromanbieter in Deutschland, die mit dem EKOenergie-Siegel zertifiziert wurden. Die Anbieter dürfen zudem Anteile an Kohle- und Atomkraftwerken besitzen.

  • Utopia-Bewertung: bedingt empfehlenswert
  • Details zum Ökostrom-Label: EKOenergie
  • Anbieter mit einem Tarif mit EKOenergie-Label in der Utopia-Bestenliste Ökostrom: für Endkunden derzeit keiner

Ökostrom-Label und kritische Besitzverhältnisse

Bis vor wenigen Jahren bürgten Ökostrom-Label ausschließlich für die Qualität des umweltfreundlichen Stromtarifs. Diese Vorgehensweise ist inzwischen umstritten. Denn ein Ökostrom-Angebot schließt nicht immer aus, dass der jeweilige Energieversorger außerdem noch massig fossil und atomar erzeugten Graustrom anbietet.

Beispiel: „NaturEnergiePlus“ wird für sein Grünstrom-Angebot von den Kollegen von Öko-Test mit „sehr gut“ bewertet. Alleiniger Gesellschafter des Anbieters ist aber der Atomkonzern EnBW – und in dessen Energiemix kommen Kohle und Atom mit über 30 Prozent auf fast ein Drittel Anteil (Gesamtjahr 2019). Puristen ist das ein Graus. Die Bestenliste Ökostromanbieter berücksichtigt daher auch Besitzverhältnisse.

Warum gute Anbieter auf Ökostrom-Label verzichten

Namhafte und nachweislich „reine“ Anbieter tragen bestimmte Ökostrom-Labels nicht, sind aber dennoch empfehlenswert. Das hat verschiedene Gründe.

Einige Labels betrachten ausschließlich den Strom – aber nicht die Mühen des Unternehmens, sich an der Entwicklung einer deutschen Ökoenergie-Infrastruktur zu beteiligen. Deutschlands größter konzernunabhängiger Grünstrom-Anbieter LichtBlick boykottierte 2015 erstmals das Prüfverfahren für die EcoTopTen des renommierten Freiburger Öko-Institutes. Greenpeace Energie verzichtete lange auf ein Siegel. EWS Schönau nimmt nach eigenen Angaben aus Kostengründen nur das preiswerte TÜV-Nord-Siegel und belegt dann individuell, dass es ein astreiner Anbieter ist.

In der Utopia-Bestenliste Die besten Ökostrom-Anbieter versuchen wir, dem gerecht zu werden – und richten uns nicht allein nach Siegeln, sondern auch nach Empfehlungen des Ökoinstituts EcoTopTen, nach Empfehlungen und Tests des Verbrauchermagazins Öko-Test, nach Empfehlungen von Naturschutz-NGOs. Wir vermerken positive Nachhaltigkeitsarbeit im Text, kritisieren aber zugleich fehlende Siegel, weil diese aus unserer Sicht wichtig wären, um den Konsument*innen die Entscheidung zu erleichtern.

Ökostrom-Label = im Vergleich gut?

Machen Ökostrom-Label die Tarife vergleichbar und transparent? Die Antwort lautet leider: Ja, aber.

Ja: Siegel wie Grüner Strom und ok-power sind zweifellos aussagekräftig und garantieren, dass bestimmte Kriterien eingehalten werden. Aber es geht eben noch besser, wie einige Ökostrom-Anbieter vormachen, und zugleich zeigt sich, das das Fehlen solcher Siegel auch nicht unbedingt bedeutet, dass der Ökostrom schlecht ist. Eine wirklich zufriedenstellende Orientierung bieten Ökostrom-Labels derzeit eher nicht.

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