Schadstoffe auf der Haut? Das will keiner von uns. Welche Kleidung wirklich sauber und umweltfreundlich ist, zeigt der neue Öko-Textilsiegel-Ratgeber von Greenpeace – mit einem Ranking.
Textilsiegel gibt es so viele, dass kaum noch jemand den Durchblick hat: Bei welchem ist die Kleidung wirklich giftfrei und die Produktion umweltschonend? Und mit welchem waschen sich die Hersteller nur grün? Der neue Ratgeber „Textil-Siegel im Greenpeace-Check“ (PDF, zuletzt aktualisiert im April 2018) liefert klare Antworten.
(Mit einem Klick auf die einzelnen Siegel erhaltet ihr weitere Infos wie Kriterien, zertifizierte Produkte usw.)
- Die strengsten und unabhängigsten Siegel am Kleidungs-Markt und von Greenpeace mit drei Sternen ausgezeichnet: IVN Best, GOTS, Made in Green von Oeko-Tex
- Im mittleren Bereich mit jeweils zwei Sternen: Bluesign, Cradle to Cradle Siegel, Der Blaue Engel, EU-Ecolabel
- Nur einen Stern bekommt das reine Verbraucherschutzsiegel Oeko-Tex Standard 100.
Die Bewertung der Textilsiegel erfolgt ausschließlich nach ökologischen Kriterien: Strenge Grenzwerte oder Ausschluss von umwelt- und gesundheitsschädlichen Textilchemikalien entlang der gesamten Lieferkette, außerdem Recyclingfähigkeit und umweltfreundliche Fasern. Neu in diesem Ratgeber: Eine Liste der deutschen Eco-Fashion-Stores – damit du auch weißt, wo die zertifizierte Mode zu finden ist. Die besten Online-Fair-Fashion-Shops findest du bei uns.
Mehr zum Thema Siegel findest du unter utopia.de/siegel.
So bewertet Greenpeace die wichtigsten Textilsiegel
*** IVN Best Siegel
Strengstes Kleidungs-Siegel, nur Naturfasern
Der Standard des Internationalen Verbands der Naturtextilwirtschaft (IVN) ist derzeit der strengste der Branche. Für die gesamte Lieferkette vom Anbau der Fasern bis zum Endprodukt sind alle wichtigen Chemikalien verboten. Für Anbau und Verarbeitung definiert der IVN strenge Sozialstandards.
Übrigens: Auch für Leder hat der IVN die strengsten Kriterien der Branche entwickelt. Für IVN-zertifiziertes Naturleder sollen nur als Nebenprodukt der Fleischgewinnung anfallende Tierhäute verarbeitet werden. Die Hersteller müssen ihr Abwasser gründlich reinigen, Chromgerbung ist nicht erlaubt, Farbstoffe müssen schwermetallfrei und möglichst pflanzlich sein.
Fasern und Recycling:
IVN Best ist vorbildlich beim Thema Kreislauffähigkeit: Denn es lässt nur Naturfasern aus Bio-Anbau zu, die komplett biologisch abbaubar sind. Jegliche Synthetik und damit auch die schlecht zu recycelnden Mischfasern sind ausgeschlossen.
Hier findest du das Siegel: z.B. Maas Naturwaren, Cotonea oder Engel Sports – also eher Naturtextil-Spezialisten. Insgesamt etwa 40 Marken und Produktionsbetriebe.
*** GOTS-Siegel
Strenger Standard, Mischfasern zugelassen, wenige Schwächen
Der Global Organic Textile Standard (GOTS) gehört zu den bekanntesten und am weitesten verbreiteten Öko-Textilsiegeln. Der Standard regelt die gesamte Produktionskette, vom Rohstoffanbau bis zum Endprodukt, und umfasst auch soziale Mindeststandards. GOTS verbietet zwar alle besonders gefährlichen Chemikaliengruppen, aber: Abwasser- und Klärschlammtests sind nicht erforderlich, um die tatsächlichen Fabrikemissionen zu überprüfen. Was die Rückstände der Chemikalien in den fertigen Textilien anbelangt, ist GOTS etwas lückenhaft und vergleichsweise schwach.
Fasern und Recycling: GOTS schreibt mindestens 70 Prozent Bio-Naturfasern vor, dazu dürfen bis zu 30 Prozent Recyclingfasern wie recyceltes Polyester beigemischt werden. Die Mischfaserkleidung darf sich also mit dem GOTS-Siegel schmücken, ist aber weder biologisch abbaubar noch wirklich recyclingfähig. Doch damit können die strengen GOTS-Produktionsstandards immerhin auf eine breitere Masse an Produkten angewendet werden.
Hier findest du das Siegel: Kleidung mit GOTS-Siegel gibt es in jedem lokalen und Online-Fair-Fashion-Shop (z. B. Avocado Store, Glore, Greenality, Hessnatur, Grüne Erde) und zunehmend auch bei großen Händlern wie Peek&Cloppenburg oder als Aktionsware in Supermärkten und Discountern.
*** Made in Green Siegel
Starkes Siegel, umfassende Zertifizierung
Der 3-Sterne-Neuling: Made in Green hat seine Standards so angezogen, dass Greenpeace es nun zu den strengsten Siegeln am Markt zählt. Die Fabriken unterliegen dem umfassenden Nachhaltigkeits-Proramm STeP, das von Chemikalien über Umwelt- und Qualitätsmanagement bis hin zu Arbeitssicherheit alles abdeckt. Die Endprodukte sind schadstoffgeprüft nach dem weit verbreiteten Oeko-Tex Standard 100. Die Regulierung der Chemikalien in den Fabriken entspricht den höchsten Anforderungen am Markt (Greenpeace-„Detox“-konform), die erlaubten Rückstände im Endprodukt sind teilweise ambitionierter als bei GOTS oder Bluesign.
Fasern und Recycling: Neben Naturfasern lässt Made in Green auch Recycling- und Mischgewebe zu, womit die Kreislaufffähigkeit der Kleidung eingeschränkt ist. Immerhin setzt das Siegel auf geschlossene Produktionskreisläufe in den Fabriken.
Hier findest du das Siegel: Von Alltagsmode über Outdoor- bis hin zu Berufsbekleidung: Etwa 40 Firmen, darunter z.B. Eterna und die Wäschemarke Calida, führen das Siegel.
** Der Blaue Engel
Umfassendes Siegel, aber keine Lizenznehmer
** Cradle to Cradle Siegel
Sehr ausgefeiltes Kreislaufprinzip, aber schwer durchschaubar
Von der „Wiege zur Wiege“ sollen alle Materialien beim Kreislaufkonzept Cradle to Cradle (C2C) geführt werden – ohne jeglichen Abfall zu produzieren. Dabei werden die Produkte bewertet nach Materialgesundheit, Wiederverwendung, erneuerbaren Energien, sozialer Fairness und Wasser. Während die Liste verbotener Chemikalien eher limitiert ist, bewertet C2C alle eingesetzten Substanzen sehr umfassend nach 23 toxikologischen Kriterien. Die Zertifizierung erfolgt stufenweise: Von Basic über Bronze, Silber, Gold bis Platin. C2C ist ein sehr umfassendes und beim Gold-Level anspruchsvolles System, aber für den Verbraucher aufgrund der vielen verschiedenen Bewertungsstufen schwer durchschaubar. Denn Firmen dürfen etwa auf ihrer Website mit dem C2C-Logo werben, auch wenn das Produkt nur „Basic“-zertifiziert ist – und noch schädliche Chemikalien enthalten sein können.
Fasern und Recycling: Kreislauffähigkeit ist der Kern der C2C-Idee, dazu gehören biologische und technische Recyclingverfahren. Keine Faserart ist von vornherein ausgeschlossen, jede wird aber toxikologisch akribisch bewertet. Und je sauberer und besser recycelbar die Faser, desto goldener die Zertifizierung.
Hier findest du das Siegel: Im Bereich Textilien gibt es unter anderem T-Shirts von Trigema (Silber-Level) oder C&A (Gold-Level). C2C-zertifizierte Materialien verwenden einige Öko-Firmen wie z.B. Melawear.
** EU-Ecolabel
Eher massentauglich
Das EU-Ecolabel, das zur EU-Blume gehört, steht für „umweltfreundlichere und gesündere“ Produkte mit dem Anspruch, schädliche Substanzen sowie Luft- und Wasserverschmutzung zu reduzieren. Das zeigt sich auch in der zwar recht umfangreichen Chemikalien-Liste, deren Grenzwerte jedoch eher niedrig sind. Am Endprodukt sind nur wenige Laboranalysen zwingend.
Fasern und Recycling: Alle Faserarten, also auch Recyclingfasern etwa aus PET-Flaschen, sind zugelassen. Die dabei möglichen toxischen Inhaltsstoffe sollen ausgeschlossen, Wasserverbrauch reduziert werden. Um den Kreislauf zu schließen, setzt das Siegel, ähnlich wie der Blaue Engel, bereits beim Produktdesign an.
Hier findest du das Siegel: Beim Lyocell-(Viskose)Hersteller SmartFiber, ansonsten sind die etwa 50 Lizenznehmer kaum in Deutschland vertreten.
* Oeko-Tex Standard 100 Siegel
Verbraucherschutzsiegel mit gestiegenen Anforderungen
Dieser am weitesten verbreitete Standard ist vor allem ein Verbraucherschutz-Siegel: Es prüft nur die Schadstoffrückstände am Endprodukt – mit allerdings deutlich gestiegenen Anforderungen. Die textile Produktionskette wird dagegen nicht untersucht. Der Standard hat je nach Hautkontakt vier Produktklassen, Babykleidung (Klasse I) ist am strengsten reglementiert. Zehn der elf „Detox“-Chemikaliengruppen sind berücksichtigt, dazu kommen weiteren Substanzgruppen. Auf der Produktebene ist Standard 100 inzwischen etwa so streng wie GOTS.
Fasern und Recycling: Oeko-Tex Standard 100 ist ein Massenlabel – und arbeitet entsprechend mit allen, auch schlecht recycelbaren Mischfasern. Auch Recyclingfasern sind zugelassen.
Hier findest du das Siegel: Produkte mit dem Oeko-Tex-100-Label sind sehr weit verbreitet – von Babykleidung über Kinderjacken bis hin zu Vorhängen. Alle Lizenznehmer hier.
Weitere Labels: Recycling-Siegel und die Ökosiegel der Textilhändler
Das Kleidungs-Siegel des Global Recycled Standard (GRS) will vor allem Transparenz schaffen über die recycelte Lieferkette. Es darf verwendet werden, wenn Produkte mindestens 20 Prozent recycelte Materialien enthalten und die ganze Lieferkette zertifiziert ist. Außerdem reguliert der GRS die chemischen Zusatzstoffe und gibt Vorgaben an Umweltmanagement und soziale Unternehmensverantwortung. Das Siegel, geführt von der amerikanischen NGO Textile Exchange, hat weit über 1000 Kunden. Es hängt allerdings oftmals nicht am Endprodukt, weil die Firmen nicht ihre gesamte Lieferkette zertifiziert haben.
Viele große Textilunternehmen haben ihre eigenen Öko-Siegel aufgesetzt. Das Greenpeace-Urteil: Diese Händlerzeichen seien nicht viel mehr als ein „Feigenblatt“. Bessere Produktion sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung. Aber oft würden nur einzelne Kollektionen oder Produkte entsprechend sauberer produziert und dann stark beworben, während das restliche Sortiment konventionell bleibe. Ein weiteres Problem dieser Ökolabels: Die Vorschriften sind oft weniger streng, es fehlt oft die unabhängige Kontrolle. Und: Bei den vielen Siegeln steige niemand mehr durch. Verbraucherfreundlicher wäre, wenn sich auch die großen Firmen bei den unabhängigen Textilsiegeln zertifizieren ließen.
Hier eine Auswahl der vermeintlichen Ökolabels: Vaude Green Shape, H&M Conscious, Tchibo Gut Gemacht, C&A Bio Cotton, C&A Wear The Change, Zara Join Life oder die Mango Committed Collection.
Better Cotton Initiative & Co: Schwache Baumwoll-Siegel
Die Better Cotton Initiative (BCI) oder Cotton Made in Africa (CmiA) sind Baumwoll-Siegel, hinter denen von Marken über Non-Profit-Organisation bis zu Politik mehrere Träger stehen. Die Baumwolle ist nicht bio, aber nach besseren ökologischen und sozialen Kriterien produziert. Externe Kontrollen gehören meist dazu.
Da diese Produkte als nachhaltig verkauft werden, sieht Greenpeace auch hier Verbraucher-Verwirrung als das entscheidende Problem, denn der Unterschied zu wirklicher Biobaumwolle verwische. Im Einzelnen bewertet Greenpeace diese Baumwoll-Labels daher nicht, sondern konzentriert sich auf die unabhängigen Textilsiegel, weil diese „strenger, belastbarer und transparenter“ seien. „Damit Konsumenten unterscheiden können, was gut ist – und was nur gut gemeint.“
Hier findest du BCI-Baumwolle: Bei unzähligen Firmen von Esprit über Puma bis zu Aldi.
Hier findest du CmiA-Baumwolle: Vor allem bei Otto, Tchibo und Rewe.
Das Textilbündnis fällt im Greenpeace-Check durch
Greenpeace geht mit dem „Textilbündnis“, das 2014 auf Initiative des Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (CSU) gegründet wurde, hart ins Gericht: Ein „von der Textilindustrie verwässertes Programm“ sei das Textilbündnis heute, das zudem noch freiwillig bleibt. Dabei war das Bündnis als Antwort auf die Katastrophen in asiatischen Textilfabriken gedacht gewesen.
Sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher sollte die deutsche Textilindustrie werden. Doch spürbare Veränderung haben die rund 150 Textilbündnis-Mitglieder aus Regierung, Wirtschaft, NGOs, Gewerkschaften und Standardorganisationen bislang nicht bewirkt. Auch was die Chemikalien anbelangt, sind die Standards so niedrig, dass Greenpeace seine Mitgliedschaft verweigerte: Das Bündnis hat sich auf die schwachen Industrie-Zielmarken der „Zero Discharge of Hazardous Chemicals“ (ZDHC) geeinigt. Diese liegen weit hinter den Standards einer sauberen Produktion der Detox-Kampagne.
Greenpeace fordert von Minister Müller vielmehr ein gesetzliches Rahmenwerk – wie das Gesetz zur Unternehmensverantwortung in Frankreich oder der britische „Modern Slavery Act“ gegen Zwangsarbeit und Menschenhandel in der Lieferkette.
Fair produzierte Mode: Kurzinfo zu weiteren Textilsiegeln
Vielleicht hast du schon einmal die folgenden Siegel auf Kleidung gefunden. Die Siegel machen keine oder kaum Aussagen zu Chemikalien, sondern beziehen sich auf Sozialstandards. Deshalb hat Greenpeace sie in seinem Ratgeber nicht so bewertet wie die oben stehenden Zertifizierungen. Wir stellen sie dennoch kurz vor.
Fairtrade Certified Cotton & Fairtrade Textile Production
„Fairtrade Cotton„ ist seit 2005 auf Baumwoll-Produkten zu finden. Das Label garantiert faire Arbeitsbedingungen, die Baumwollbauern erhalten Mindestpreise für ihre Baumwolle. Für Bio-Anbau zahlt Fairtrade Zuschläge und fördert die Umstellung. Der Einsatz von synthetischen Pestiziden und Düngern ist eingeschränkt, Gentechnik verboten. Mit diesem Siegel versehene Textilien müssen zu 100 % aus Fairtrade-zertifizierter Baumwolle bestehen.
Für die Weiterverarbeitung der Baumwolle verlangt Fairtrade einen „Nachweis über die Einhaltung der ILO-Kernarbeitsnormen“, überprüft selbst aber nur die Arbeitsbedingungen im Baumwollanbau.
2016 hat Fairtrade einen neuen Textilstandard veröffentlicht, der die ganze Lieferkette umfasst („Fairtrade Textile Production“). Die Kriterien umfassen faire Arbeitsbedingungen und Arbeitsrechte und der Standard definiert einen festen Zeitrahmen, innerhalb dessen existenzsichernde Löhne erreicht werden sollen. Laut Greenpeace gibt es allerdings Kritik daran, dass nicht die Marken, sondern die Fabriken zu höheren Löhnen verpflichtet würden.
Die Fair Wear Foundation setzt sich sehr glaubwürdig für eine Verbesserung der sozialen Bedingungen in der Textilindustrie und existenzsichernde Löhne ein. Sie formuliert Richtlinien, führt Kontrollen durch und berichtet transparent und regelmäßig über die Fortschritte ihrer Mitgliedsunternehmen.
Rund 80 Unternehmen mit insgesamt etwa 120 Marken sind Mitglieder in der Fair Wear Foundation (FWF), darunter öko-faire Marken wie Hess Natur, Grüne Erde oder Nudie Jeans, aber auch konventionelle Hersteller wie zum Beispiel Takko und Jack Wolfskin. Das Label allerdings ist nur unter bestimmten Bedingungen an Kleidung zu finden: Das Unternehmen muss länger als ein Jahr Mitglied und in die höchste Kategorie eingestuft sein, d. h. alle Anforderungen an faire Arbeitsbedingungen weitestgehend erfüllen.
Tip: Beim Umweltinstitut gibt es einen fudierten und hilfreichen Slow-Fashion-Ratgeber. Das E-Book kannst du dort kostenlos bestellen. Du erfährst darin unter anderem wie Kleidung hergestellt wird, was drin steckt und worauf es bei Slow Fashion ankommt.
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