Zum Kochen und als Beautytipp: Kokosöl ist angesagt. Doch eine Medizinerin meint, das Fett sei giftig und so gefährlich wie Schweineschmalz. Was ist dran an den Aussagen? Ist Kokosöl gesund oder schädlich? Das sagen Expert:innen.
Wer asiatische Gemüsegerichte kocht, kommt an Kokosöl schwer vorbei. Auch bei trockener Haut und trockenen Haarspitzen gilt Kokosfett als Beautyhelfer. Doch wie gesund ist Kokosöl – und hat es auch Nachteile?
Kokosöl: Daraus besteht das Kokosfett
Kokosöl eignet sich zum Backen, Kochen und Braten, denn es ist hoch erhitzbar. Das weiße Pflanzenfett besteht wie jedes Öl aus Fettsäuren. Bei Kokosöl sind das zum größten Teil gesättigte Fettsäuren, diese gelten als weniger gesund als (mehrfach) ungesättigte Fettsäuren.
Vor ein paar Jahren verunsicherte ein Vortrag von Prof. Dr. Dr. Karin Michels deshalb viele: Kokosöl sei gefährlicher als Schweineschmalz, sagte die Medizinerin und Uni-Professorin. „Das Kokosöl ist eines der schlimmsten Nahrungsmittel, die Sie überhaupt zu sich nehmen können.“
Der Grund: Das Öl aus der Kokosnuss enthalte hauptsächlich gesättigte Fettsäuren, die das Risiko für einen Herzinfarkt erhöhen sollen. Außerdem würden lediglich Spuren von Vitaminen, Mineralien und Pflanzenstoffen in dem Öl stecken – so wenig, dass sie kaum einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. Inzwischen ist das Video vom Vortrag nicht mehr verfügbar.
Wir wollten wissen, was an den Aussagen der Professorin dran ist und haben bei Experten nachgefragt, wie ungesund oder gesund Kokosöl tatsächlich ist.
Machen die gesättigten Fettsäuren Kokosöl ungesund?
Dass Kokosöl einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren hat, ist unbestritten. Kokosfett etwa besteht laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zu etwa 87 Prozent aus gesättigten Fettsäuren. Nur acht Prozent machen ungesättigten Fettsäuren aus, 5,8 Prozent davon sind einfach ungesättigt und 1,8 Prozent mehrfach ungesättigt. Die Zusammensetzung von Kokosöl ist entsprechend ähnlich. Das Bio-Kokosöl von Alnatura etwa hat 92 Prozent Fett, davon ebenfalls 87 Prozent gesättigte Fettsäuren.
Diese großen Mengen an gesättigten Fettsäuren beeinflussen die Blutwerte negativ, erklärt Diplom-Ökotrophologin Antje Gahl von der DGE. Das schlechte Cholesterin werde erhöht, das Risiko von Arterienverkalkungen steige. Ab welcher Menge Kokosöl bedenklich wird, lasse sich pauschal nicht sagen. Der Standpunkt der DGE lautet aber: „Kokosöl ist nicht das Öl, das wir empfehlen würden – wegen dem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren“, sagt Gahl gegenüber Utopia.
Ähnlich auch die Aussage des Bundeszentrums für Ernährung: „Natives Kokosöl ist ernährungsphysiologisch hochwertiger als das zum Braten/Frittieren gedachte Plattenfett. Aber auch Kokosöl enthält über 80 Prozent gesättigte Fettsäuren, also just jene Fettsäuren, die es nach offiziellen Ernährungsempfehlungen zu meiden gilt.“
Die mittelkettigen Fettsäuren in Kokosöl
Es gibt aber auch Studien, die einen positiven Effekt von Kokosfett auf den Fettstoffwechsel zeigen – darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ebenfalls hin. Der positive Effekt werde dabei durch die sogenannten mittelkettigen Fettsäuren verursacht.
Knapp 14 Prozent der gesättigten Fettsäuren im Kokosfett bestehen laut DGE aus mittelkettigen Fettsäuren. Das Bundeszentrum für Ernährung spricht sogar von einem Anteil von bis zu 50 Prozent, den größten Teil mache dabei Laurinsäure aus.
Die mittelkettigen Fettsäuren werden vom Körper schneller gespalten als langkettige Fettsäuren oder gleich ungespalten aufgenommen, lassen sich also leichter verdauen. Es wird außerdem vermutet, dass speziell Laurinsäure die Konzentration des „guten“, gefäßschützenden HDL-Cholesterins im Blut erhöhen. Ob die Säure aber wirklich nur das erwünschte HDL-Cholesterin erhöht oder auch das weniger günstige LDL-Cholesterin, ist noch unklar.
Kokosöl weder gesund noch per se giftig
Generell werde die Debatte um das Kokosöl falsch geführt, findet Diplom-Ökotrophologe Harald Seitz vom Bundeszentrum für Ernährung. Es werde auf viel zu emotionaler Ebene diskutiert. „Wie ‚gesund‘ ein einzelnes Lebensmittel sein kann, wird man wissenschaftlich nie erfahren. Dafür bräuchte man randomisierte Studien an Menschen über einen langen Zeitraum. Blöderweise gibt es keine Freiwilligen, die beispielsweise ein Jahr nur Kokosöl essen.“ Aber auch die Aussage der Universitätsprofessorin, Kokosöl sei „giftig“, sei wenig sinnvoll.
Fazit: Bei Kokosöl kommt es auf die Menge an
Kokosöl hat einen hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, die man eher vermeiden sollte. Womöglich haben die enthaltenen mittelkettigen Fettsäuren einen positiven Effekt auf den Körper, wissenschaftlich gesichert ist das jedoch nicht. Ohnehin ist der Anteil der mittelkettigen Fettsäuren im Kokosöl vergleichsweise niedrig.
Der große Hype um Kokosöl als gesundes Wundermittel ist also tatsächlich etwas weit hergeholt. Es spricht aber nichts dagegen, Kokosöl gelegentlich und in geringen Mengen zu sich zu nehmen, sagt Antje Gahl von der DGE. Kokosöl sollte jedoch auf keinen Fall das universelle Fett in der Küche werden, das alle anderen Fette ersetzt.
Besser als Kokosöl seien pflanzliche Öle wie Rapsöl, Olivenöl oder Walnussöl – sie haben einen hohen Anteil an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren. Aus Umweltgesichtspunkten sind Kokosprodukte aufgrund der langen Transportwege und schwierigen Anbaubedingungen ohnehin nicht besonders empfehlenswert. Bei Öko-Test fiel 2020 rund die Hälfte der geprüften Kokosöle durch.
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