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Alarmierendes Ausmaß: Wie Konzerne in die Klimakrise investieren

Die Klimakrise spitzt sich zu, doch die Öl- und Gaskonzerne machen "business as usual".
Foto: Unsplash / David Rodrigo

Die Klimakrise spitzt sich zu, doch die Öl- und Gaskonzerne machen „business as usual“. Vorne mit dabei sind auch die Vereinigten Arabischen Emirate, die Ende des Jahres die UN-Klimakonferenz ausrichten.

Allen Alarmrufen vor der Erderwärmung zum Trotz wollen die allermeisten Öl- und Gasunternehmen einer neuen Datenauswertung zufolge ihre klimaschädliche Produktion stark ausbauen. Dies treffe auf 96 Prozent der 700 erfassten Förderfirmen in der öffentlichen Datenbank Global Oil & Gas Exit List (GOGEL) zu, teilten die Naturschutzorganisation Urgewald und weitere 50 NGO-Partner am Mittwoch in Berlin mit. Kurzfristige Expansionspläne hat demnach auch der staatliche Öl- und Gaskonzern Adnoc der Vereinigten Arabischen Emirate. Der Golfstaat ist ab Ende November Gastgeber der UN-Klimakonferenz in Dubai.

„Industrie sorgt dafür, dass sich die Klimakrise immer weiter zuspitzt“

Insgesamt 1023 Unternehmen planen den Daten zufolge neue Flüssiggas-Terminals, Pipelines oder Gaskraftwerke. Nils Bartsch von Urgewald sagte, das Ausmaß der Ausbaupläne sei erschreckend. Um die Erderwärmung auf ein erträgliches Maß einzudämmen, müsse die Öl- und Gasproduktion schnell runtergefahren werden. „Stattdessen sorgt die Industrie dafür, dass sich die Klimakrise immer weiter zuspitzt.“

Die Datenbank enthält laut Urgewald 1623 Unternehmen, die Öl und Gas fördern oder neue fossile Infrastruktur wie Terminals für Flüssiggas (LNG), Öl- und Gaspipelines oder Gaskraftwerke entwickeln. Die aufgeführten Firmen seien verantwortlich für 95 Prozent der weltweiten Öl- und Gasproduktion.

Aufgelistet werden auch 539 Unternehmen, die aktuell daran arbeiten, kurzfristig insgesamt 230 Milliarden Barrel Öläquivalent (boe) aus bisher unerschlossenen Öl- und Gasfeldern in die Produktion zu bringen. Ein Barrel Öläquivalent entspricht etwa 159 Litern. Die sieben Unternehmen mit den größten kurzfristigen Expansionsplänen sind demnach Saudi Aramco (16,8 Milliarden boe), QatarEnergy (16,5), Russlands Gazprom-Konzern (10,7), Petrobras aus Brasilien (9,6), Adnoc mit Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten (9,0) sowie TotalEnergies (8,0) und ExxonMobil (7,9). „Diese sieben Unternehmen allein sind für ein Drittel der unmittelbar bevorstehenden Öl- und Gas-Expansionspläne verantwortlich“, heißt es in der Mitteilung.

Vereinigte Arabische Emirate leiten Weltklimagipfel

Zu den Plänen des Adnoc-Konzerns aus den Vereinigten Arabischen Emiraten schreibt Urgewald: „Während Adnoc-Konzernchef Sultan Ahmed al-Dschaber den Ende November beginnenden Weltklimagipfel in Dubai leiten wird, befindet sich sein Unternehmen auf direktem Kollisionskurs mit dem 1,5-Grad-Ziel.“ Erst vor kurzem habe Adnoc eine endgültige Investitionsentscheidung für ein riesiges Gasprojekt namens Hail & Ghasha bekanntgegeben. Das Projekt solle im Marawah-Biosphärenreservat entstehen, das viele gefährdete Arten beherberge und das größte Meeresschutzgebiet im Arabischen Golf sei, rügte Urgewald.

Unterdessen klettert die Konzentration der klimaschädlichen Treibhausgase in der Atmosphäre von Rekord zu Rekord. Das wichtigste davon, Kohlendioxid (CO2), erreichte im vergangenen Jahr eine markante Marke: Die Konzentration lag 50 Prozent über dem vorindustriellen Niveau, berichtete die Weltwetterorganisation (WMO) am Mittwoch in Genf. In diesem Jahr habe sich der Anstieg fortgesetzt. Auch die Treibhausgase Methan (CH4) und Lachgas (N2O) erreichten im vergangenen Jahr Rekordwerte.

Konzentration der klimaschädlichen Treibhausgase in der Atmosphäre steigt

„Trotz jahrzehntelanger Warnungen der Wissenschaftsgemeinde, trotz Tausender Berichtsseiten und Dutzenden von Klimakonferenzen bewegen wir uns immer noch in die falsche Richtung„, sagte WMO-Chef Petteri Taalas laut einer Mitteilung.

So hohe CO2-Konzentrationen wie jetzt habe es zuletzt vor drei bis fünf Millionen Jahren gegeben, schreibt die UN-Wetterorganisation. Da lag die Durchschnittstemperatur zwei bis drei Grad höher und die Meeresspiegel waren zehn bis 20 Meter höher. Laut WMO lag die CO2-Konzentration in der Atmosphäre im vergangenen Jahr bei 417,9 ppm (parts per million – Teilchen CO2 pro Millionen Teilchen), das ist ein Anstieg um 2,2 ppm im Vergleich zum Vorjahr.

Zwar flachte sich der CO2-Anstieg laut WMO im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 und dem zehnjährigen Mittelwert etwas ab. Das sei aber wohl auf natürliche Schwankungen zurückzuführen. Die neuen Emissionen aus industriellen menschengemachten Aktivitäten stiegen weiter. Und weil CO2 eine lange Lebensdauer hat, werde der schon jetzt eingetretene Temperaturanstieg noch Jahrzehnte anhalten – selbst dann, wenn die Emissionen schnell auf Null reduziert würden.

„Das derzeitige Niveau der Treibhausgase bringt uns auf einen Weg, der bis Ende des Jahrhunderts einen Temperaturanstieg weit über dem Ziel des Pariser Klimavertrags zur Folge hat“, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. „Das bedeutet mehr Extremwetter wie starke Hitze, Regenfälle und Eisschmelze.“ In den Meeren führe das zum Anstieg des Wasserspiegels, zu höheren Temperaturen und einer höheren Versauerung. „Es ist dringend nötig, den Verbrauch von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.“

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