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Coaching auf Instagram & Co.: „Nicht nur perfide, auch gefährlich“

Wie gut sind Selbstdiagnosen per Social Media?
Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Solen Feyissa, Adrian Swancar

Viele Menschen folgen Coach:innen auf Social-Media-Plattformen wie Instagram. Diese versprechen Hilfe bei diversen Problemen. Doch können unseriöse Angebote schlimme Folgen haben.

Martin Gommel ist Reporter für psychische Gesundheit und schreibt offen über seine eigenen wiederkehrenden Depressionen. Im Gespräch mit dem Spiegel warnt er vor unseriösen Coaching-Influencer:innen in den sozialen Medien. Für Betroffene können diese Angebote schlimme Folgen haben, sagt Gommel.

Social-Media-Coaching: Nur das falsche Mindset?

Coaching-Angebote sind auf Social-Media-Pattformen wie Instagram längst etabliert, entsprechenden Accounts folgen hunderttausende Menschen. Was die Videos oft gemeinsam haben: Laut Gommel versprechen sie einfache Lösungen für komplexe zwischenmenschliche oder persönliche Probleme. Dabei imitieren die Videos zum Beispiel Gesprächssituationen oder sind mit theatralischer Musik unterlegt.

„Die Inhalte sind selten komplex oder detailliert, sondern meist konfrontativ, im Sinne von: ‚Du musst dein Leben ändern‘“, so der Experte. Außerdem würden sie ein ähnliches Narrativ bedienen – nämlich das Betroffene selbst für ihr Elend verantwortlich seien und nur das falsche „Mindset“ hätten. Gommel warnt: „Das ist nicht nur perfide, sondern kann auch gefährlich werden.“

Depressionen oft bagatellisiert

Unseriöse Social-Media-Coach:innen versprechen viel, unter anderem Heilung von Ängsten oder Depressionen. Vor allem Depressionen würden oft bagatellisiert, erklärt Gommel, der selbst zu den von der Krankheit Betroffenen zählt. Die Erkrankung könne ohne eine wissenschaftlich fundierte Behandlung tödlich enden. Ihm selbst habe die Psychiatrie das Leben gerettet. Dass manche Coaching-Angebote auf Social Media die Psychotherapie diskreditieren, mache ihn „richtig wütend“.

Gommel sieht es auch kritisch, dass durch entsprechende Angebote die Grenze zwischen Coaching und Therapie verwischt und verweist auf die langen Wartezeiten, um einen Therapieplatz zu bekommen. Diese betragen in Deutschland zirka fünf Monate – davon können unseriöse Coach:innen profitieren.

Betroffene von Depressionen „besonders empfänglich“

Depressionen würden außerdem oft mit Schuldgefühlen einher gehen. „Wenn dann ein Influencer daherkommt und dir erzählt, dass alles nur an deiner falschen Einstellung liegt, kann das die Situation verschlimmern“, warnt der Journalist. „Menschen, die tatsächlich unter psychischen Problemen leiden, sind sehr verletzlich und manche besonders empfänglich für solche Botschaften.“

Manche Coach:innen würden sogar Probleme wie Armut, Ausgrenzung oder Mobbing auf „falsche Gedanken“ zurückführen. Gommel stellt klar: „Durch diese ‚Du kannst alles schaffen, wenn du nur willst‘-Mentalität werden auch gesellschaftliche Missstände verleugnet.“ Auch esoterische Ansätze wie „Gesetz der Anziehung“ oder „Manifestieren“ würden von einigen Coach:innen bemüht, um Missstände auf die eigenen Gedanken oder eine bestimmte Einstellung zurückzuführen.

Dennoch seien nicht alle Angebote auf Social-Media-Plattformen unseriös. Als Positivbeispiele nennt Gommel Psychotherapeut:innen, die seriös über Erkrankungen aufklären, oder Betroffene, die von eigenen Erfahrungen berichten.

Verwendete Quelle: Spiegel

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