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„Sind stinksauer, weil nichts läuft“: Das deutsche Bahnnetz kollabiert

Die Deutsche Bahn
Foto: Moritz Frankenberg/dpa

Zugausfälle, Verspätungen, Baustellen-Sperrungen: Worüber sich Reisende bei der Deutschen Bahn beschweren, plagt auch deutsche Unternehmen. Die Industrie ist frustriert, denn sie sieht ihr Geschäft in Gefahr. „Das Netz ist kollabiert“, lautet eine Diagnose.

Das deutsche Schienennetz ist eine Baustelle. Sprichwörtlich, wie das Handelsblatt berichtet. Demnach sind zentrale Korridore der Deutschen Bahn wegen Bauarbeiten monatelang unterbrochen. Unternehmen aus Wirtschaft und Industrie, die mit DB Cargo ihren Güterverkehr bewerkstelligen, kritisieren deshalb die Bahn scharf.

Laut Bericht sehen Industriekunden wie der Chemiekonzern BASF, Bayer, DHL, Thyssen-Krupp und Volkswagen ihre Geschäfte in Gefahr. So kämen Rohstoffe nicht rechtzeitig an, Werkverkehr käme zum Stillstand und Kund:innen müssten warten. Das hat Folgen: Anstatt das klimafreundlichere Schienennetz zu nutzen, verlagern die betroffenen Unternehmen den Güterverkehr zurück auf die Straße. 400 Züge, die nicht fahren, bedeuten – je nach Zuglänge – bis zu 20.000 Lastwagen, schreibt das Handelsblatt.

Da Personenzüge im Netz Vorrang vor der Fracht haben, hat der Güterverkehr das Nachsehen. DB Cargo habe deshalb die Transportmengen reduziert, um einen Stillstand zu verhindern. Die Bahn-Frachttochter sagt: Obwohl es wegen Bauvorhaben zu Engpässen käme, sei Bauen nunmal „Teil der Lösung“.

„Kaum jemand glaubt daran, dass die Ankündigungen in die Realität umgesetzt werden“

Das wiederum führt offenbar zu Frustration auf Seiten der Betroffenen. „Das Netz ist kollabiert“, wird ein Disponent der Industriekunden zitiert. „Wir sind stinksauer, weil nichts funktioniert“, heißt es aus den Reihen der Industrieunternehmen selbst – und zwar mit Blick auf einen Kreis, der kürzlich im Verkehrsministerium tagte, um an einem Masterplan zum Ausbau des Schienenverkehrs zu arbeiten. Die Bahn schneller und effizienter zu machen, das hatte sich bereits die Vorgängerregierung vorgenommen. Niemand in der Politik würde die mangelhafte Infrastruktur aus Sicht der Betroffenen anpacken. „Die Situation ist so schlimm wie lange nicht mehr“, soll auch das Resümee im Umfeld des Bahn-Aufsichtsrats lauten.

Zwar will die Bahn 2022 rund 14 Milliarden Euro verbauen. Die vielen Baustellen sind für das Unternehmensmanagement jedoch die Hauptursache für das Chaos. Der Bund versucht laut Bericht zwar, über eine Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung zu beeinflussen, wofür die Bahn die Summe an Steuergeldern genau ausgibt. Allerdings ist der Erfolg dieses Kontrollversuchs bislang fraglich. Die Netzgesellschaft der Bahn gelobe Besserung, heißt es.

„Kaum jemand glaubt daran, dass die Ankündigungen in die Realität umgesetzt werden“, sagt Peter Westenberger zu den ersten Vorschlägen der DB Netz, um Baustellen besser zu steuern. Er vertritt als Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) die Interessen privater Güterverkehrsunternehmen.

Bis sich etwas tut, üben sich die Unternehmen bisweilen in Schadensbegrenzung. So berichtet Stahlhersteller Thyssen-Krupp, dass der Schienenverkehr für Schwerlasttransporte unabdingbar sei und in Zukunft weiter an Bedeutung gewinnen werde. Das Unternehmen stehe in ständigem Kontakt mit DB Cargo, „um die Auswirkungen auf unsere interwerklichen Verkehre sowie die Lieferungen zu unseren Kunden zu minimieren“, erklärte ein Sprecher dem Handelsblatt.

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