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E-Mail an Kund:innen: Gorillas‘ „perfide“ PR-Aktion in der Kritik

Gorillas
Foto: Utopia/NBr

Mit einer neuen E-Mail-Kampagne versucht der Lieferdienst Gorillas, Kund:innen zu locken. Zum Aufhänger werden die finanziellen Sorgen der eigenen Fahrer:innen gemacht. Die Gewerkschaft Verdi zeigt sich empört – die PR-Strategie sei „perfide“.

Vergangene Woche wurde an Kund:innen des Lebensmittel-Lieferdienstes Gorillas eine fragwürdige E-Mail versendet. Sie klang wie ein Hilferuf, berichtet Ntv.

„Ich muss dringend befördert werden. Die Inflation ist verrückt. Ich brauche eine Gehaltserhöhung“, wird die Textvorschau zitiert. Die E-Mail – so soll es den Empfänger:innen suggeriert werden – stammt demnach von einem Mitarbeiter aus dem Gorillas-Marketing-Team, der seinen Chef mit einer besonders wirksamen Gutscheinaktion beeindrucken will. Deshalb benötige er die Hilfe der Kund:innen, heißt es weiter: Sie sollen einen Rabattcode einlösen. Mit den Worten „lass mich nicht hängen“, soll das Schreiben enden.

Rabattaktionen sind ein gängiges Mittel, mit dem Unternehmen ihre Umsätze kurzfristig in die Höhe treiben. Gorillas macht allerdings die augenscheinlich prekäre finanzielle Situation der eigenen Mitarbeiter:innen inmitten der Inflation zum Aufhänger ihrer Aktion. Das Start-up wirbt schon seit Monaten mit ähnlichen E-Mail-Kampagnen, teils auch mehrmals pro Woche, schreibt Ntv.

Eine Gorillas-Sprecherin bestätigt die Authentizität der E-Mail

Demnach soll eine Gorillas-Sprecherin die Authentizität der Mail bestätigt haben. Die PR-Aktion sei in Anspielung auf das Internetphänomen „Mein Chef sagt“ entstanden. Es zeigt auf diversen Social-Media-Plattformen, wie Menschen spaßhaft um Likes und Klicks betteln, damit sie eine Belohnung von ihrem Chef bekommen. Die Sprecherin sagt dazu laut Bericht: „Als junges und mutiges Unternehmen geben wir unseren Mitarbeiter:innen den Freiraum, kreative Ideen zu entwickeln und diese auch umzusetzen.“

Arbeitnehmervertreter:innen finden das Vorgehen des Start-ups jedoch alles andere als lustig. „Prekäre Arbeitsbedingungen, fehlerhafte Abrechnungen, schlechte Bezahlung und Ausrüstung sind bei Gorillas leider an der Tagesordnung. Die Nöte der Mitarbeiter jetzt auch noch für die eigene Vermarktung zu instrumentalisieren, ist perfide und sucht seinesgleichen“, sagt Conny Weißbach von der Gewerkschaft Verdi im Gespräch mit Ntv. Weißbach leitet den Fachbereich im Bezirk Berlin-Brandenburg.

„All die Vorurteile, die man als unbeteiligter Dritter hat“

Anstatt auf das Mitleid der Kund:innen zu setzen, solle der Lieferservice selbst die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden verbessern, so Weißbach. Etwa, indem es die anstehenden Betriebsratswahlen unterstütze. Gorillas erklärte, dass alle Mitarbeiter:innen „fair und wettbewerbsfähig“ entlohnt würden.

Sachar Klein, Chef der Berliner PR-Agentur Hypr, hält Gorillas‘ Vorgehen für misslungen. Das Unternehmen untermauere mit seiner Kommunikation „all die Vorurteile, die man als unbeteiligter Dritter hat, wenn man die Nachrichten liest: Dem Unternehmen ist alles recht, um Umsatz zu machen – auch die prekäre Situation seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, so Klein zu Ntv.

Berichten zufolge steht Gorillas wirtschaftlich unter enormen Druck. Das Unternehmen sei nicht profitabel, seit Monaten werde versucht, neue Investor:innen zu finden. Sogar Überlegungen, das Unternehmen zu verkaufen, soll es gegeben haben. Im Mai hatte Gorillas rund 300 Mitarbeiter:innen aus der Zentrale entlassen.

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