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A100 als „Klimaautobahn“? CDU Berlin hat Klimaschutz falsch verstanden

„Klimaautobahn“: CDU hat Klimaschutz falsch verstanden
Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ emkanicepic

Die CDU Berlin hat gefordert, die A100 zu einer „Klimaautobahn“ weiterzuentwickeln. Mit echten Klimaschutz hat der Vorschlag leider wenig zu tun – dafür mit Greenwashing. Ein Kommentar.

Die Berliner CDU pocht auf mehr Klimaschutz – auf ihre ganz eigene Art und Weise: Sie hat den rot-grün-roten Senat aufgefordert, den vom Bund angekündigten Weiterbau der Stadtautobahn A100 im Osten Berlins zu unterstützen. Gleichzeitig soll die A100 nach Vorstellung der Christdemokraten zu einer „Klimaautobahn“ weiterentwickelt werden, wie der CDU-Landesverband am Sonntag mitteilte.

Allein der Begriff „Klimaautobahn“ klingt schon nach einem bizarren Wortmix – besonders mit Bezug auf die A100. Das Konzept, eine Autobahn durch eine Stadt führen zu müssen, ist nicht nur aus ökologischen Gründen heftig umstritten. Wie lässt sich das mit Klimaschutz vereinbaren? Die CDU hat einen simplen Vorschlag.

CDU will aus A100 „Klimaautobahn“ machen: Was steckt dahinter?

Laut dem Positionspapier, welches bei einer Landesvorstandsklausur im brandenburgischen Rheinsberg verabschiedet wurde, soll das Stadtklima im Zuge des Autobahnbaus verbessert werden – durch Ausgleichs-Grünflächen in der Stadt. Gleichzeitig müsse es mit dem Ausbau der Autobahn verkehrsberuhigende Maßnahmen in den umliegenden Stadtteilen geben.

„Statt wie die Grünen bei Infrastrukturprojekten immer nur auf der Bremse zu stehen, muss jetzt die Chance genutzt werden, die A100 zu einer echten Klimaautobahn zu entwickeln“, verkündete CDU-Landes- und Fraktionschef Kai Wegner. „Nach dem Angebot des Bundes darf der Senat die vielen Hundert Millionen Euro aus dem Verkehrshaushalt nicht nutzlos verfallen lassen.“

Verfallen würde das Geld wohl nicht, wenn man dem Vorschlag der CDU stattgeben würde. An der Sinnhaftigkeit muss es aber ernsthafte Zweifel geben. Auch daran, wer hier bremst. Denn mit echtem Klimaschutz hat der Vorschlag der Opposition natürlich wenig zu tun – aus zwei Gründen.

1. Autobahn-Projekt ist aus der Zeit gefallen

Stadtplanung muss heutzutage darauf abzielen, Grünflächen zu schaffen statt Städte weiter zuzupflastern.
Stadtplanung muss heutzutage darauf abzielen, Grünflächen zu schaffen statt Städte weiter zuzupflastern. (Foto: CC0 Public Domain – Pixabay/ aquilasol)

CDU-Fraktionschef Kai Wegner will kein Geld verfallen lassen. Doch Geld nur des Geldes Willen in eine Autobahn zu stecken, ist sicher keine gute Idee. Zumal der Ausbau jetzt schon als das teuerste Autobahnprojekt der Bundesrepublik gilt: Die Strecke von Neukölln nach Treptow soll schätzungsweise bis zu 700 Millionen Euro kosten.

Und in was wird da genau investiert? In ein sehr altes Projekt, das unseren heutigen Vorstellungen von Klimaschutz in keiner Weise entspricht. Laut Klimareporter stammt die Idee für die A100 aus den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals mag der Vorschlag, eine Autobahn durch die Stadt zubauen, attraktiv gewirkt haben – doch wir leben inzwischen in einer anderen Welt.

Zum Beispiel wissen wir heute, wie essentiell es ist, Städte so zu gestalten, dass die Bewohner:innen möglichst wenig auf eigene Fahrzeuge angewiesen sind und stattdessen öffentliche Verkehrsmittel benutzen können. Die Rolle der Stadtplanung ist für die Einhaltung der Klimaziele ausschlaggebend, darauf hat unter anderem der Weltklimarat in seinem neusten Bericht hingewiesen.

Leider wurde die A100 in den vergangenen Jahren trotzdem weiter ausgebaut. Doch es ist nicht zu spät, das Projekt zu stoppen. Würde man jetzt rückbauen, wäre das bisher investierte Geld nicht zwangsläufig verloren: Inzwischen wurden zahlreiche Konzepte entwickelt, wie man die A100 noch nutzen könnte, zum Beispiel für Wohn- und Grünflächen, als Radschnellstraße oder sogar als vertikale Farm für urbane Landwirtschaft. Zu diesen Ideen passt der Begriff „Klimaautobahn“ übrigens bedeutend besser als zu dem, was die CDU vorschlägt – aus folgendem Grund.

2. Greenwashing: „Klimaautobahn“-Vorschlag der CDU bremst echten Klimaschutz aus

Es stimmt: Wir brauchen mehr Grünflächen für Artenschutz und zur Kühlung der Städte. Und verkehrsberuhigte Zonen können dazu beitragen, den Verkehr in den Städten zu reduzieren. Viel sinnvoller wären die Maßnahmen allerdings, wenn nicht zeitgleich eine neue Autobahn quer durch die Stadt gebaut würde, um das gesparte CO2 wieder in die Atmosphäre und zusätzlichen Feinstaub in die Stadtluft zu pusten.

Denn Autobahnen führen nun mal zu vermehrtem Verkehrsaufkommen, zumindest im Fall der A100 haben das Forscher:innen prognostiziert. Und Emissionen durch Grünflächen an anderer Stelle auszugleichen, anstelle sie direkt zu vermeiden, ist nicht nur zu kurz gedacht – sondern die Basis für Greenwashing, welches die CDU hier in besonders dreister Form betreibt.

Täuschen kann sie die Berliner:innen mit ihrem „Klimaautobahn“-Vorschlag nicht. Zahlreiche Menschen haben in den vergangenen Monaten immer wieder gegen die „Schneise der Verwüstung mitten durch Berlin“ demonstriert und tun dies auch weiterhin.

Utopia meint: A100 lässt sich nicht so leicht grün rechnen

Leider sieht es aktuell so aus, als würde die A100 verlängert – obwohl die Berliner Regierung in ihrem Koalitionsvertrag das Gegenteil festgehalten hatte. Grund ist die Forderung des Bundesverkehrsministeriums, das den Ausbau als reines Bundesprojekt betrachtet. Die Stadt kann den Weiterbau also anscheinend nicht verhindern.

Diese Entscheidung ist rückwärtsgewandt, wenig sinnvoll und lässt sich durch ein paar bepflanzte Dächer oder Wiesen auch nicht grün rechnen. Dass die CDU das mit ihrem „Klimaautobahn“-Vorschlag versucht, zeigt, dass sie echten Klimaschutz nicht verstanden hat – oder nicht verstehen will.

(mit Material der dpa)

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