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Oder-Fischsterben: Greenpeace-Studie macht Bergbaubetriebe verantwortlich

Oder-Fischsterben: Greenpeace-Studie macht Bergbaubetriebe verantwortlich
Foto: Marcin Bielecki/PAP/dpa

Polnische Bergbaubetriebe sollen für das Fischsterben in der Oder verantwortlich sein. Das legt eine Greenpeace-Studie nahe. Teilweise war der gemessene Salzgehalt des Flusses höher als in der Ostsee.

100 Tonnen toter Fisch und weit und breit keine Ursache. Als im letzten Sommer das Oder-Fischsterben internationale Schlagzeilen machte, stellte sich bald die Frage: Wie konnte es dazu kommen? Schon länger waren sich die Wissenschaftler:innen einig, dass der besonders hohe Salzgehalt dazu geführt hatte, dass sich eine giftige Algenart (Prymnesium Parvum) vermehrte. Nur warum der Salzgehalt so drastisch stieg, war bislang unklar. Eine Studie von Greenpeace in Polen, die der Tagesschau vorliegt, könnte nun neue Antworten liefern.

Oder-Fischsterben: Salzgehalt teilweise höher als in der Ostsee

Laut Tagesschau fanden Wissenschaftler:innen von Greenpeace Polen durch Wasseranalysen heraus, dass der Salzgehalt rund um die Zuflüsse der Oder deutlich höher ist, als an übrigen Stellen des über 800 Kilometer langen Flusses. Die Zuflüsse werden von zahlreichen Bergbaubetrieben genutzt, um Abwasser aus Steinkohleminen in den Fluss zu pumpen. Dem Bericht zufolge sei weitläufig bekannt, dass der Salzgehalt dieses „Pumpwassers“ je nach Region sehr hoch sei. Die höchsten Salzkonzentrationen dokumentierte Greenpeace in den Oderzuflüssen Klodnica, Bierawka und Bielszowicki, an denen mehrere Steinkohleminen liegen.

Bei der Untersuchung ergab sich dem Bericht zufolge ein klares Bild: Flussaufwärts, also vor den Stellen, an denen Pumpwasser eingeleitet wird, sei der gemessene Salzgehalt äußerst niedrig gewesen – flussabwärts teilweise höher als in der Ostsee.

„Die optimalen Wachstumsbedingungen für die giftige Alge, also die hohe Salzkonzentration in der Oder, wurden vom Menschen verursacht„, erklärt Christian Wolter, Fischökologe des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), gegenüber dem SWR.

Hohe Salzgehalte offenbar bekannt

Die Recherchen von SWR legen außerdem nahe, dass die Praxis der Bergbauunternehmen auf staatlicher Seite bekannt war. Das Unternehmen JSW SA, das in der Gegend eine Mine betreibt, teilte auf Anfrage des SWR mit, dass die Einleitung des Salzwasser in die Umwelt behördlich genehmigt und mehrfach überprüft worden sei. Das polnische Umweltministerium bezog nicht Stellung, sondern erklärte lediglich, dass das Wasser der Oder zwei Mal wöchentlich an mehreren Entnahmestellen überprüft werde.

Laut Tagesschau sind die Messergebnisse des polnischen Umweltministeriums frei zugänglich und wiesen immer wieder Grenzwertüberschreitungen beim Salzgehalt auf. Dazu schreibt das Ministerium: „Die höchsten Salzgehalte werden im Oberlauf des Flusses beobachtet, wo unterirdisches Wasser aus dem Steinkohlebergbau eingeleitet wird“.

Expert:innen befürchten weitere Katastrophen

Wie die Umweltbehörden nun mit der Veröffentlichung der Greenpeace-Studie umgehen, ist noch unklar. Der Drück dürfte aber nicht geringer geworden sein.

Zahlreiche Forscher:innen fordern möglichst bald konkrete Maßnahmen: „Was die Oder jetzt braucht, ist eine konsequente Überwachung der Einleitungen, gepaart mit weiteren Maßnahmen zur Stärkung der Widerstandskraft des Flussökosystems“, fordert Dietrich Borchardt, Hydrobiologe des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ), gegenüber der Tagesschau.

Im Greenpeace-Bericht befürchten die Forscher:innen, dass sich das Oder-Fischsterben wiederholen könnte. Man gehe davon aus, dass sich die Bedrohung der Gewässer durch zu hohen Salzgehalt auch auf den größten Fluss Polens, die Weichsel, ausbreiten könnte. Daher müssten sofort Umweltprüfungen bei den Bergbaubetrieben durchgeführt werden, die Abwassermengen reduziert und Entsalzungsanlagen eingebaut werden. Außerdem fordern die Expert:innen Höchstwerte für die Oder, um weitere Maßnahmen auf wissenschaftlicher Basis planen zu können.

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