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Was Anton Hofreiter vom 9-Euro-Ticket hält und was die größten Probleme der Deutschen Bahn sind

Anton Hofreiter über Schwierigkeiten der Deutschen Bahn: "Trotz der Erfindung des Baggers hat sich die Bauzeit vervierfacht"
Foto: © Paul Bohnert

Das 9-Euro-Ticket soll Menschen animieren den Nahverkehr zu nutzen. Doch die Aktion stößt auf ein System, dass bereits am Anschlag ist. Anton Hofreiter erklärt in einem Interview die Altlasten der Deutschen Bahn, die über 70 Jahre zurückführen. Und verrät, wie er über das Verkehrsministerium denkt.

Seit wenigen Tagen können Menschen in Deutschland nun mit dem 9-Euro-Ticket im Regionalverkehr durchs Land fahren, im Vorfeld warnten Expert:innen und Bahnmitarbeiter:innen vor dem Chaos. Auch für das bevorstehende Pfingstwochenende ist mit überfüllten Zügen und Verspätungen zu rechnen. Fraktionschef der Grünen Anton Hofreiter erklärte in einem Interview mit dem Spiegel, warum die Bahn in einem so schlechten Zustand ist.

Das 9-Euro-Ticket hält der der Politiker für eine „gute Idee, weil es den Leuten den Nahverkehr schmackhaft macht“. Dennoch treffe diese Aktion auf ein System am Anschlag.

Hofreiter zufolge ist die Deutsche Bahn seit über 70 Jahren nicht ausreichend finanziert. „Ein Eisenbahner erzählte mir mal, dass noch immer nicht alle Kriegsschäden beseitigt seien.“ Zudem gab es eine Zeit, in der Hartmut Mehdorn Bahnchef war. „Die war übel. Weichen und Überholgleise wurden rausgerissen, die Infrastruktur auf Profit getrimmt. Das war fatal, die Folgen spüren Sie bis heute“, so Hofreiter. Auch die Finanzierung sei eine Ursache für den Zustand der Bahn heute. „Natürlich müssen wir uns fragen, ob die Bahn aktuell genug Geld hat. Trotzdem dürfen wir nicht hirnlos Geld in ein marodes System pumpen.“ Statt immer neuen Versprechungen brauche es Reformen.

Herausforderungen beim Bau neuer Eisenbahnstrecken

Nicht nur die Finanzierung und Lasten der Vergangenheit stelle die Bahn vor Herausforderungen, sondern auch die Organisation beim Bau von neuen Gleisen. „Die DB Netz AG plant Bauvorhaben, und das Eisenbahn-Bundesamt bewilligt. An beiden Stellen fehlt Personal – und beim Bau erst recht.“

Daher brauche es beispielsweise 13 Jahre, um die Strecke von Augsburg nach München auf vier Gleise zu erweitern. Vor über hundert Jahren, „als die ersten beiden Gleise gelegt wurden, dauerte das keine drei Jahre. Trotz der Erfindung des Baggers hat sich die Bauzeit vervierfacht“, so Hofreiter. Dennoch brauche es Orte, an denen Fachkräfte ausgebildet werden. „Es gibt mittlerweile doch kaum mehr Lehrstühle für Eisenbahntechnik.“

Kritik am Verkehrsministerium

Die Notwendigkeit des Geldes bei der Bahn müsse laut Hofreiter dringend im Verkehrsministerium deutlich werden. „Das Schlechteste ist dieses Auf und Ab. Bahnsysteme sind auf Langfristigkeit ausgelegt. Es braucht zuverlässige Perspektiven für die nächsten Jahrzehnte.“ Ein verlässlicher Haushaltsplan sei unabdingbar. Wie es jetzt angelegt sei, könnten keine langfristigen Projekte umgesetzt werden.

Gleichzeitig mit dem 9-Euro-Ticket gilt auch der Tankrabatt. Den nennt Hofreiter einen „klassischen Kompromiss“. Während die Grünen für ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen seien, hätten „alle Parteien und Fraktionen Bereiche, bei denen sie sich emotional extrem schwertun. Bei der FDP ist es das Tempolimit“. Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP erklärte Anfang April in einem Interview, ein Tempolimit sei wegen zu wenig Straßenschildern nicht umsetzbar. Anton Hofreiter dazu: „Da irrt Herr Wissing. Für ein Tempolimit braucht es weniger Schilder als jetzt. Geändert werden müssten nur die Hinweise an den Bundesgrenzen, dass in ganz Deutschland ein Tempolimit gilt.“

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