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Zoos im EM-Fieber: Sind tierische Orakel ein Problem?

Tierische EM-Orakel: Ist der Trend problematisch?
Foto: dpa/ Tom Weller / Pexels / Molnár Tamás Photography (Symbolbild)

Ob Tapir, Seelöwe oder Elefant – immer wieder sieht man derzeit Bilder und Videos von Tieren, die ihre Tipps für EM-Spiele abgeben. Fast jeder Zoo hat mittlerweile sein eigenes Orakel. Ist der Trend bedenklich?

Tierische EM-Orakel scheinen in diesem Jahr besonders beliebt zu sein. Ob Seelöwin Lio, Tapir Theo oder Elefant Bubi – zahlreiche Tiere geben derzeit ihre Tipps für die Spielergebnisse der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft (EM) der Herren ab. Auf den ersten Blick wirkt das vor allem skurril – aber wie bedenklich ist der Trend?

„Es ist natürlich immer ein Hingucker, wenn Wildtiere irgendetwas machen. Aber die Tiere werden nur dafür benutzt, einen Spaßfaktor zu bedienen„, ist die Meinung von Peter Höffken, Fachreferent bei Peta. Er kritisiert: „Das fördert die Wahrnehmung, dass Tiere nur zu unserem Vergnügen da wären.“ Zuschauer:innen würden die Tiere dann nicht mehr als Wildtiere mit eigenen Bedürfnissen betrachten. Allerdings gelte es, zwischen den Orakel-Aufgaben zu unterscheiden: Während die Tiere in einigen Einrichtungen darauf trainiert werden, Kunststücke vorzuführen, werden sie in anderen kaum in ihrem Zoo-Alltag beeinträchtigt.

Das sei im Erlebnispark Starkenberg der Fall, wie der Leiter des Parks, Hardy Weisheit, betont. Hier gibt Elefant Bubi seine Tipps für die Spiele ab. „Der Ball liegt dabei als Beschäftigungsmaterial im Reservat und Bubi schießt einfach, wenn er mag“, erklärt Hardy. Trainiert werde dafür nicht. Je nachdem, wie oft der Ball wohin rollt, werde das dann als Tor für die jeweilige Mannschaft interpretiert. Auch der umstrittene Elefantenhaken werde nicht eingesetzt.

Immer mehr Kritik an Zoos

In anderen Fällen werde für Tricks allerdings trainiert, sagt Peta-Fachreferent Höffken. Das geschehe in den Zoos nicht nur während der EM teilweise durch fragwürdige Methoden. Das Taining erfolge dann durch Nahrungsmittelentzug. In der Vergangenheit wurden auch Instrumente wie der Elefantenhaken gegen die Tiere eingesetzt – ein solcher Fall ging etwa 2018 durch die Medien, Utopia berichtete.

Die Kritik an Zoos ist nicht neu. Durch Tierschutzaktivist:innen erreicht sie aber auch auf YouTube mittlerweile ein Millionenpublikum. Influencer wie Robert Mac Lehmann, Alicia Joe, Rezo und Jonas Ems kritisieren immer wieder die Haltung von Wildtieren in Zoos.

Höffken versteht die Orakel vor allem als Werbemaßnahme für die Zoos. Sie könnten ein Versuch sein, über das Einsperren der Wildtiere hinwegzutäuschen, vermutet der Peta-Fachreferent. „Das wird mit solchen vermeintlich süßen Auftritten beschönigt. Dabei sind Zoos für Tiere alles andere als schöne Orte.“

Zoos rechtfertigen Tierhaltung oft damit, dass sie zur Forschung beitragen, Tierschutzprojekte unterstützen und durch Auswilderungsprojekte zum Erhalt gefährdeter Arten beitragen. Tatsächlich konnten bisher wenige gefährdete Arten durch Auswilderungsprojekte von Zoos erhalten werden.

Orakel-Frettchen beißt Moderatorin im Fernsehgarten

Auch außerhalb von Zoos wird fleißig orakelt. Ein Fall, der für Aufsehen sorgte: Das Frettchen Tao Tao biss Moderatorin Andrea Kiewel bei seinem Orakel-Auftritt in der ZDF-Show Fernsehgarten vergangene Woche in die Hand. Dabei versicherte die Tiertrainerin, bevor sie das Frettchen der Moderatorin in die Hände gab, dass dieses nicht beißen würde.

„Das Frettchen wirkte sehr gestresst und wurde von der Moderatorin auch nicht richtig gehalten“, bewertet Höffken die Situation. Sowohl Lichter, als auch die Geräuschkulisse und teilweise lange Transporte könnten Höffken zufolge den Stress verstärken.

Utopia meint:

Man kann nicht pauschal sagen, dass Orakel-Aufgaben Tieren schaden. Wenn diese zwischen zwei Gegenständen wählen oder aus einem bestimmten Gefäß fressen, beeinträchtigt das ihren Zoo-Alltag wohl kaum. Werden sie allerdings speziell für diese Aufgaben trainiert und erfahren dabei Leid, ist das natürlich nicht tragbar.

Zudem bleibt es fragwürdig, ob es nötig ist, Tiere immer stärker in unsere menschliche Eventkultur einzubinden, etwa durch Aufführungen oder Verbindungen zum Fußball. Schließlich handelt es sich immer noch um Wildtiere, die nicht unserem Entertainment dienen, sondern ein Recht darauf haben, ihr Leben so artgerecht zu leben, wie möglich.

Verwendete Quelle: Utopia-Gespräch mit Peter Höffken, Utopia Gespräch mit Hardy Weisheit, ZDF-Fernsehgarten

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