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Fairphone 3 im Test: das reparierbare Smartphone wurde noch besser

Foto © Utopia/AW

Das neue Fairphone 3 im Test überzeugt uns: Es ist groß, schlank und leistungsstark und hat endlich eine vernünftige Kamera. Seit Kurzem ist es noch besser verfügbar. Wir erklären dir, warum wir es besser finden als das iPhone oder Samsung Galaxy.

Seit etwa 2013 arbeitet das niederländische Unternehmen nun schon an Fairphones. Die Idee: Man möchte ein fair produziertes, nachhaltiges Smartphone bauen und erfolgreich verkaufen. Nach den ersten beiden Modellen ist nun das Fairphone 3 zu haben, das anfangs nur bei ganz wenigen Händlern zu haben war. Jetzt ist es besser verfügbar:

Fairphone kaufen geht hier:

  • … für 443 Euro beim deutschen Shop memolife.de**
  • … für 450 Euro direkt auf fairphone.com
  • … für 450 Euro im Avocadostore**
  • Auch bei der Telekom, bei Congstar**, bei o2**, bei Mobilcom und Vodafone ist es verfügbar (jeweils mit und ohne Vertrag), bei Tchibo** mit Vertrag. Was Anbieter angeht, würden wir zwar lieber zu nachhaltigeren Tarifen von Goood oder Wetell raten, beide bieten das Fairphone aber leider nicht als Bundle an.

Wir haben uns das Fairphone 3 in einem Test einmal näher angesehen:

Fairphone 3: das Handy mit dem Schraubendreher
Fairphone 3: das Handy mit dem Schraubendreher (Foto © Utopia/AW)

Fairphone 3 im Test

Als wir 2015 das Fairphone 2 durch die Hände aller Mitarbeiter von Utopia gehen ließen, waren einige doch ein wenig enttäuscht: es war schwer, klotzig, hässlich. Doch das ging in Ordnung: Denn da geht es nicht um ein rosa Mode-Phones mit anderem Namen. Sondern darum, eine Bewegung zu unterstützen, die die gesamte Elektronik-Industrie verändern möchte. Klingt nach dicker Hose, ist aber nun mal so.

Dennoch großartig, dass das Fairphone 3 von 2019 nun alles andere ist: weder schwer noch hässlich oder klotzig. Das Gewicht von 187,4 Gramm ist nicht wenig, fühlt sich aber auch nicht schwer an. Mit Abmessungen von 158 x 71.8 x 9,89 mm ist das Fairphone 3 zwar „länger“ als das FP2, aber schmaler. Auch weil es dünner ist, liegt es deutlich besser in der Hand als sein Vorgänger.

Länger und größer: das Fairphone 3
Länger und größer: das Fairphone 3 (Foto © Fairphone)

Schon perfekt? Leider nein: Wieder ließen wir das Smartphone durch die Hände vieler Kollegen gehen, und zwar im Vergleich zum Vorgänger, zum iPhone 7, zum Shift 5me. Einhelliges Ergebnis: Vielen ist das Fairphone 3 zu groß, vor allem NutzerInnen mit kleinen Händen. Die meisten bevorzugten den Formfaktor des Shift 5me – oder erstaunlicherweise das ältere FP2. Was auch zeigt, dass Geschmäcker sind ändern und viele sich an größere Smartphones gewöhnt haben.

Technische Basisdaten im Vergleich zum Vorgänger:

Modell Fairphone 3 Fairphone 2
Betriebssystem FP3/FP2 Android 9 Android 7 (nach 5.1, 6)
RAM/Speicher FP3/FP2 4 GB / 64 GB 2 GB / 32 GB
Display FP3/FP2 5,7 Zoll, 2160×1080 Pixel 4,7 Zoll, 1920×1080 Pixel
Abmessungen LxBxT FP3/FP2 158 x 71,8 x 9,89 mm 143 x 73 x 11 mm
Gewicht FP3/FP2 187,4 Gramm 168 Gramm
Preis FP3/FP2 449 Euro z.B.** bei memolife.devireo.de 299 Euro refurbished
(530 Euro bei Einführung)
Gebrauchtpreise auf eBay zwischen 150 und 300

Fairphone 3 kommt mit Riesen-Display

Das Fairphone 3 ist so groß, weil sein Display es ist: Mit satten 5,65 Zoll platziert es sich über 5- und 5,5-Zoll-Geräte, die Auflösung von 2160 x 1080 Pixel halten wir dabei fast für unnötig. Es ist brillant und vom gelegentlichen Flimmern des alten FP2-Displays fehlt jede Spur.

Dass das Fairphone 3 dennoch vergleichsweise schmal wirkt, liegt auch am etwas unüblichen 18:9-Verhältnis. Wegen der „Überlänge“ finden wir den Fingerabdrucksensor auf der Rückseite auch zu hoch platziert.

Besser: die Kamera des Fairphone 3
Besser: die Kamera des Fairphone 3 (Foto © Fairphone)

Das nachhaltige Smartphone soll ja auch ein Signal sein: Entsprechend steht der Namenszug prominent auf der Vorderseite, ebenfalls auf der halbtransparenten Rückseite. Einerseits vermissen wir das kreischende Blau des alten FP2. Auf der anderen Seite sieht das Fairphone 3 so gut aus, dass es niemand mehr als „Öko-Smartphone“ benörgeln kann.

Im Lieferumfang enthalten ist ein einfacher Rahmen-Bumper, der uns sinnvoll erscheint. Netzteil liegt keines bei, noch nicht mal ein USB-C-Kabel – das gibt’s aber überall zu kaufen, wir empfehlen ein Ladegerät mit QuickCharge bzw. PowerIQ-Funktion zum Beispiel das Fairphone USB Ladegerät QC 3.0.

Gute Cam, aktuelles Android 9

Die Kamera auf dem Rücken schießt Fotos mit 12 Megapixel (4000×3000 Pixel) und bietet einen Dual-LED-Blitz, die Selfie-Kamera knipst mit 8 MP. Auf dem Papier sind die 12 Megapixel nicht einmal besser als die des Fairphone 2. Die Fotos finden wir allerdings deutlich überzeugender, denn die Cam kommt auch mit schwierigen Lichtsituationen zurecht. Sie schärft allerdings zuweilen zu sehr: Das wirkt gut auf Landschaftsbildern, fällt aber bei hochkontrastiven Motiven wie Schriften oder Texturen auch mal negativ auf. (Beispielbilder nur des FP3 hier, diese sind enthalten in: Fairphone 3 + Shift 5me + iPhone 7 plus Vergleichsbilder hier. Die Fotos können nur einen Eindruck geben.)

Fairphone 3 im Test – Android 9 auf dem neusten Stand
Fairphone 3: Android 9 ist auf dem neusten Stand (Screens © Utopia/AW)

Während das alte FP2 nur langsam startete, kommt das Fairphone 3 ruckzuck auf die Beine. Android 9 meldet sich mit dem aktuellsten Patchlevel, und wir gehen davon, dass es wie beim Vorgänger regelmäßige Updates geben wird – das sucht man selbst bei namhaften Konkurrenten oft vergeblich.

Mit an Bord sind die üblichen (Google-) Apps. Man verzichtet hingegen auf jegliche Crapware und verschont den Nutzer mit werbenden Speicherfressern, die ohnehin keiner haben will. Wer sich fragt, warum dieses Smartphone teurer ist, dem sei an dieser Stelle auch verraten: Unternehmen zahlen Geld, um ihre schrottigen Apps (teils: unentfernbar) vorinstalliert auf Smartphones zu platzieren.

Danke: Auch das Fairphone 3 verzichtet auf vorinstallierte Schrott-Apps
Danke: Auch das Fairphone 3 verzichtet auf vorinstallierte Schrott-Apps  (Screens © Utopia/AW)

Technik des FP3: Solide Ausstattung

Die CPU ist diesmal ein Qualcomm Snapdragon 632 mit 8 Kernen und bis zu 1,8 GHz. Er gilt als Prozessor für Mittelklasse-Handys und bietet reichlich Spielraum für viele Jahre, selbst das FP2 ist ja noch nicht „langsam“. Spezielle Energiesparfunktionen und die 14-nm-Bauweise lassen darauf hoffen, dass das Fairphone 3 seinen Akku langsamer verbraucht. Da Akkus sich stets erstmal einige Ladezyklen „eingrooven“ müssen, ist es beim Test-Gerät noch zu früh für ein Urteil.

Fairphone 3: Platz für zwei Nano-SIM-Karten, Speicher erweiterbar um bis zu 256 GByte
Fairphone 3: Platz für zwei Nano-SIM-Karten, Speicher erweiterbar um bis zu 256 GByte (Foto © Utopia/AW)

Mit 4 GByte Arbeitsspeicher ist das Fairphone 3 gut ausgestattet, auch die 64 GByte Speicher für Apps und Medieninhalte gehen in Ordnung, beides verdoppelt die Werte des Vorgängers. Wer mehr will, kann per MicroSD-Card bis zu 256 GByte ergänzen. Für MP3-Fans also genug Platz; und diese wird auch freuen, dass Fairphone anders als Apple nicht den Kopfhöreranschluss abgeschafft hat.

Zerlegbarkeit: das zweite Smartphone mit Schraubenzieher

Der Vorgänger ließ sich noch mit bloßer Hand zerlegen, beim Fairphone 3 ist das anders. Der Rückdeckel lässt sich noch abnehmen und der 3060-mAh-Akku leicht austauschen. Die Niederländer versprechen hier 300 Stunden im Ruhezustand und 20 Stunden Betriebszeit für Telefongespräche bei 3,5 Stunden Ladezeit mit QuickCharge-3.0-Kompatibilität.

Nach Deckel und Akku ist aber Schluss, dann geht es weiter wie bei Shift 6m und Shift 5me. Dort wie hier legen die Smartphone-Anbieter einen Schraubenzieher bei, beim Fairphone 3 ist es allerdings ein normaler Kreuzschlitz-Schraubendreher. Mit seiner Hilfe lassen sich weitere Module auseinanderschrauben und austauschen. Haben wir aus nachvollziehbaren Gründen noch nicht gemacht, die Erfahrung damit reichen wir nach.

Das Fairphone 3 und seine 7 Module
Das Fairphone 3 und seine 7 Module (Foto © Fairphone)

Folgende 7 Module sind damit beim Fairphone 3 austauschbar:

  1. Display (ca. 90 Euro)
  2. Kamera (ca. 50 Euro)
  3. Lautsprechermodul (ca 20 Euro)
  4. Untermodul mit USB-C, Mikro, etc. (ca. 20 Euro)
  5. Topmodul mit Selfie-Frontkamera (30 Euro)
  6. Akku (ca. 30 Euro)
  7. Rückabdeckung (25 Euro)

Vielleicht kommen noch Bauteile dazu, denn auch beim Fairphone 2 tauchten später zusätzliche Bauteile im Shop auf. Seine gute Reparierbarkeit brachte jedenfalls dem Vorgängermodell bei iFixit 10/10 Punkten ein und trug sicher auch maßgeblich zum Blauem Umweltengel bei.

Allein die Möglichkeit, das Fairphone 3 selbst warten und reparieren zu können, reduziert die mit einem Smartphone verbundene CO2-Emission um mindestens 30 Prozent.
– Fairphone-CEO Eva Gouwens am 27.08.2019

Gut auch für die Nachhaltigkeit: das Recycling-Programm. Das Unternehmen bietet 20 Euro für ein beliebiges Smartphone, 40 Euro für ein altes Fairphone. Ein ähnliches „Pfandsystem“ findet man zum Beispiel beim deutschen System Shiftphones. Solche Rückgabesysteme sollten Schule machen (auch für Autos, Fernseher …).

Fairphone 3: nachhaltiges Smartphone?

Die Nachhaltigkeitsprobleme von Smartphones sind komplex (z.B. Seltene Erden, Konfliktrohstoffe, Kinderarbeit, geplante Obsoleszenz, Elektronik-Entsorgung) und Produkte wie dieses bislang noch keine perfekte Lösung. Aber besser als nichts.

Das Vorgängermodell erhielt das Umweltsiegel Blauer Engel (bislang einzigartig) und den Deutschen Umweltpreis 2016. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Fraunhofer-Institut IZM fanden seinen modularen Aufbau bahnbrechend. Wenn ähnliche Betrachtungen für das Fairphone 3 vorliegen, werden wir hier darüber berichten.

Auch beim Fairphone 3 wird versucht, weniger gefährliche und giftige Materialien zu beschaffen und mehr recycelte und erneuerbare Ressourcen zu nutzen. Die Niederländer haben sich sehr genau angeschaut, welche Materialien in einem Smartphone letztlich verwendet werden, um zu ermitteln, an welchen Stellen sich wirkungsvolle Veränderungen herbeiführen lassen. Auf diesen Weg hat man mit Gallium, Gold, Indium, Kobalt, Kupfer, Tantal, Nickel, Wolfram, Zinn und seltene Erden zehn Stoffe identifiziert, deren Förderung man nach und nach verbessert.

Fairphone 3: ein Projekt, um Elektronik fairer zu machen
Fairphone 3: ein Projekt, um Elektronik fairer zu machen (Foto © Fairphone)

Schon im FP2 steckte wiederverwertetes Plastik, Kupfer und Wolfram. In Uganda zum Beispiel arbeitet Fairphone mit Partnern wie Unicef oder Fairtrade daran, Gold unter faireren Bedingungen zu fördern. Für Zinn arbeitet man mit der Conflict Free Tin Initiative (CFTI) zusammen. Auch für Tantal und Wolfram existieren transparente Lieferketten, um diese konfliktfrei zu besorgen.

Ist das Fairphone deswegen schon „fair“? Wahrscheinlich nicht. Aber es ist eben leichter, fairen Tee zu kaufen als ein faires Smartphone zu bauen. Das gilt besonders in einer Industrie, die sich bislang kaum um Nachhaltigkeit schert und wo Fairphone mit bislang noch unter 200.000 Geräten (von über einer Milliarde jährlich!) keine relevante Marktmarkt hat.

Natürlich kann man immerzu den Wurm im Apfel suchen und fragen, ob’s nicht irgendwie, theoretisch, noch fairer ginge. Doch man könnte mit dem Kauf auch einfach mal ganz praktisch dieses Projekt unterstützen – oder wenigstens aufhören, Geräte von Anbietern zu kaufen, denen Nachhaltigkeit egal ist.

Alternativen zum Fairphone 3

Die gibt es natürlich:

  • Gar kein Smartphone. Ökologisch voll super, in der Praxis halt nicht jedermanns Sache.
  • Gebrauchtes FP2. Zugegebenermaßen nicht so schön und so stabil wie das Fairphone 3. In Sachen Nachhaltigkeit wäre der Impact aber besser als ein neues 3er. Die Gebrauchtpreise auf eBay schwanken zwischen 150 und 300.
  • Gebrauchtes Smartphone: Dies wäre der minimale Schritt, um ein einigermaßen gutes und aktuelles Smartphone zu haben – und dennoch seinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren.
  • Shiftphones: Die Modelle Shift 5me (preislich vergleichbar, technisch unterlegen) und Shift 6m (etwas teurer, vergleichbare Ausstattung) sind denkbare Alternativen zum Fairphone 3.

Fazit: Fairphone 3 hält Kurs

Wäre man ein übliches Kauf-das-Neueste-Magazin, man könnte am Fairphone 3 einiges aussetzen: Es ist eher Mittelklasse als ein Super-Handy mit 5G und Gesichtserkennungs-Tamtam. Es ist ein bisschen kantig geraten. Und absolut betrachtet natürlich noch immer deutlich teurer als vergleichbare Billig-Geräte (die so gut wie unreparierbar sind, nicht nachhaltig gebaut werden). Und derlei Aussagen sind inzwischen auch im Web zu finden.

Offenbar verstehen viele nicht, worum es beim Fairphone wirklich geht. Ja, wir wollen ein Smartphone, das im Alltag funktioniert und gute Bilder macht. Aber das bietet das Fairphone 3 doch auch. Zugleich wollen eben immer mehr Menschen auch ein Smartphone, für das nicht Kinder in unterirdischen Minen schuften mussten und das man auch reparieren kann, statt es wegschmeißen zu müssen, wenn der Akku streikt (oder der Akkuwechsel das Handy ruiniert hat).

Und eben dies liefert das Fairphone 3 als drittes Smartphone einer Reihe von Produkten, die ingesamt das Vorhaben wagen, die Elektronikindustrie als Ganzes zu verändern. Es zeigt, was möglich ist – und es gibt Kunden eine nachhaltigere Kaufalternative. Wer das unterstützen will und auf 5G und Gesichtserkennung verzichten kann, der liegt beim Fairphone 3 goldrichtig.

Fairphone kaufen geht hier:

Wie steht ihr zum ‚Fairphone‘? Habt ihr ein FP2 oder FP3 und wie sind eure Erfahrungen damit? Schreibt uns in den Kommentaren und bewertet es in der Bestenliste Smartphones:

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