Dass es da ein Problem mit Plastik im Meer gibt, hat inzwischen wahrscheinlich jeder schonmal gehört. Aber das Meer liegt für viele von uns weniger nahe als die Frage, was das alles eigentlich mit uns zu tun hat.
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In den vergangenen Jahren erreichen uns immer neue Nachrichten von der Vermüllung der Meere: Riesige Müllstrudel im Pazifik, Tiere, die sich in Müll verheddern, ihn fressen und daran sterben, Plastiktüten in der Tiefsee – doch das ganze Ausmaß des Problems mit dem Plastik im Meer kennen wir wahrscheinlich noch gar nicht.
Fakt ist: In den Weltmeeren befinden sich unvorstellbare Mengen an Plastik Von ganzen Gewächshäusern und Fischernetzen über Verpackungsmüll bis hin zu winzigen, mit dem bloßen Auge nicht erkennbaren Partikeln, findet sich in den Ozeanen praktisch alles, was unsere moderne Gesellschaft so an Plastikprodukten hervorgebracht hat.
Auf den ersten Blick sichtbar ist Plastik nur auf der Meeresoberfläche, doch der größte Teil treibt darunter – bis hinunter in die Tiefsee. Forscher fanden in Wasserproben aus verschiedenen Meeresregionen bereits bis zu sechs Mal mehr Plastik als Plankton. Diverse Expeditionen stellten fest, dass sich längst auch riesige Mengen Kunststoff am Meeresboden ablagern. Kurzum: Die Ozeane sind voller Plastik.
Diese Bilderstrecke zeigt in beeindruckenden Fotos, wie schlimm es mit dem Plastikmüll im Meer wirklich aussieht:
5.250.000.000.000 Plastikteile
Eine Langzeitstudie kam Ende 2014 zu dem Ergebnis, dass sich mindestens 5,25 Billionen Plastikteilchen in den Weltmeeren befinden. In Zahlen: 5.250.000.000.000 – und inzwischen höchstwahrscheinlich noch mehr. Damit kämen auf jeden Weltbürger derzeit rund 700 Kunststoffteile, die im Meer umhertreiben. Ein Großteil davon, so die Forscher, ist Mikroplastik: Partikel die kleiner als 5 Millimeter sind. (Mehr dazu: Was ist Mikroplastik? – Eine Definition) Jährlich landen über 8 Millionen Tonnen Plastik in den Meeren, hat die Initiative Plastic Oceans errechnet.
Ernsthafte Bemühungen, die Meere zu säubern, gibt es trotz vieler Gipfeltreffen, Beschlüsse und Beteuerungen der Politik bisher nur wenige, denn so richtig zuständig fühlt sich keiner – bis auf einige NGOS und private Initiativen wie beispielweise Healthy Seas, Plastic Oceans, der NABU, der BUND oder Ocean Conservancy. Zwei Initiativen (The Ocean Cleanup und das Pacific Garbage Screening) haben sogar Techniken entwickelt, um die Meere – insbesondere den „Müllstrudel“ im Pazifik – im großen Stil von Müll zu befreien.
Warum ist Plastik im Meer so schlimm?
Plastik im Meer ist ein ernstzunehmendes Problem, nicht nur eine Vermüllung, die uns missfällt. Denn Plastik im Meer macht die Ozeane kaputt: Zum einen sind größere Plastikteile eine akute Gefahr für Fische und Meeressäuger, die sich darin verfangen und sterben können. Kleinere Teile werden von den unterschiedlichsten Meereslebewesen mit oder anstatt der Nahrung aufgenommen – und wandern so auch durch die Nahrungskette. Auch daran verenden viele Tiere.
Zum anderen birgt Plastik im Meer noch eine subtilere Gefahr: Es enthält selbst Schadstoffe und wirkt auf Giftstoffe wie ein Magnet. So lagern sich Umweltgifte auf Plastikpartikeln ab und werden damit umso gefährlicher für Lebewesen, die mit ihnen in Kontakt kommen. Betroffen sind eine Vielzahl an Lebewesen: Von kleinen Meerestieren bis hin zu uns Menschen, die wir die winzigen Kunststoffteilchen am Schluss mit dem Fisch oder den Meeresfrüchten auf unserem Teller verspeisen.
Selbst Korallen werden vom Plastik im Meer erstickt oder nehmen winzige Plastikpartikel auf, ohne diese wieder ausscheiden zu können. Es ist schwer vorstellbar, wie sich die Meeresökosysteme entwickeln, sollten die Korallenriffe deshalb noch schneller als bisher absterben.
Und wie kommt das Plastik ins Meer?
Schätzungen zufolge stammt etwa 80 Prozent des Mülls in den Meeren vom Land, die restlichen 20 Prozent von Schiffen und Bohrplattformen.
Ein Großteil des Plastiks gelangt über Flüsse in die Meere – auch über weit verzweigte Flusssysteme und hunderte Kilometer lange Strecken. In der Donau etwa, die von Süddeutschland durch zehn Staaten bis ins Schwarze Meer fließt und die unzählige Zuflüsse hat, wurden in einer Langzeituntersuchung große Mengen an Plastikpartikeln gefunden. Eine Zigarettenkippe, die in München in die Isar geworfen wird, kann so theoretisch über die Donau bis ins Schwarze Meer treiben.
Plastikmüll gelangt aber auch mit dem Abwasser und mit dem Wind ins Meer. Vor allem durch die natürlichen Strömungen, die Gezeiten, aber auch durch Stürme verteilt sich Plastik von den Küsten aus relativ schnell in allen Ozeanen – bis hin in die entlegensten Winkel. Selbst rund um unbewohnte Inseln, im Marianengraben, dem tiefsten Punkt der Erde und in der Arktis haben Forscher bereits Plastik gefunden.
Neben dem Müll, der vom Land in die Ozeane gelangt stellen vor allem verloren gegangene oder absichtlich entsorgte Fischernetze ein Problem dar – so genannte Geisternetze.
Plastik im Meer: Und was kann ich nun dafür?
Das alles ist traurig, erschreckend und empörend. Aber hast du dich auch schon mal gefragt, was das eigentlich mit dir zu tun hat? Du wirfst ja bestimmt keinen Abfall ins Meer oder in den Fluss, also was kannst du schon für die Vermüllung der Ozeane? Die Wahrheit ist: Auch wenn wir Deutschen wahrscheinlich weniger dafür können als die Bürger manch anderer Länder, tragen auch wir aktiv dazu bei, dass Plastik im Meer landet.
In Kosmetik steckt Mikroplastik
Eine besonders perfide, weil fast unsichtbare Quelle der Plastikverschmutzung entspringt in unseren Bädern: Mikroplastik. In Peelings, Duschgels und vielen weiteren Pflege- und Kosmetikprodukten sind noch immer winzige Kunststoffteilchen enthalten, die aus dem Abwasser praktisch nicht herausgefiltert werden können und so fast ungehindert in unsere Gewässer – und über diese in die Meere – gelangen.
Mehr zum Thema: Mikroplastik in Kosmetik: Wo es sich versteckt und wie du es meidest
Textilien verlieren Kunstfasern
Doch nicht nur Kosmetika, auch unsere Kleidung macht die Meere kaputt: Aus ihr lösen sich oft winzige Plastikteilchen. Kleidungsstücke mit Kunstfaseranteil wie Fleecejacken, Sportkleidung oder ganz normale Shirts mit Chemiefaser-Anteil (zum Beispiel Polyester, Nylon, Acryl) verlieren bei jedem Waschgang winzige Fasern. Die Waschmaschinen können diese mikroskopisch kleinen Fasern nicht herausfiltern – genauso wenig die Kläranlagen. Dadurch landen auch diese Kunststoffpartikel praktisch ungehindert in den Meeren.
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In der Natur bleibt Abfall liegen
Ein ernstes Problem ist Abfall, der einfach irgendwo zurückgelassen wird – im Park, auf der Straße und ganz besonders in der Nähe von Gewässern. Denn eine Chipsverpackung, eine Zigarettenkippe oder eine Plastiktüte, die irgendwo achtlos fallen gelassen oder vergessen wird, wird leicht in den nächsten Fluss geweht, der das Ganze dann langsam in Richtung Meer spült. Natürlich würden die meisten Menschen das nie tun. Aber manche offenbar doch – denn irgendwoher kommt der Müll schließlich.
Müll entwischt aus Deponien
Zwar wird in Deutschland ein Großteil des Plastikmülls verwertet, d.h. entweder recycelt oder verbrannt. Doch nach wie vor gibt es auch Mülldeponien. Und diese sind – trotz aller Sicherheitsvorkehrungen – einer der Orte, von denen (Plastik-)Müll seine Reise ins Meer antreten kann: Abfälle können in umgebende Gewässer geweht oder gespült werden, die sie dann in die Meere transportieren.
Deutschland exportiert Plastikmüll nach Asien
Deutschland zählt nach den USA und Japan zu den größten Plastikmüll-Exporteuren der Welt. Unser Kunststoff geht zurzeit vor allem nach Malaysia, Thailand und Vietnam. In den asiatischen Ländern landet laut dem Plastikatlas des BUND vor allem der kaum verwertbare Müll. Dort fehlt aber oftmals die Infrastruktur, um das Plastik ordnungsgemäß zu entsorgen oder weiterzuverarbeiten – und der Müll landet in der Umwelt und im Meer.
Übrigens: Im EU-Vergleich verbrauchen Konsumenten in Deutschland mit am meisten Plastik; der Plastikatlas spricht von rund 38 Kilogramm Plastikabfällen pro Person im Jahr 2016. Einfach zu behaupten, die Entwicklungsländer seien schuld, während unser eigener Müll genau dort landet, geht also nicht.
Plastikteile aus dem Gemüseanbau landen im Meer
Obst und Gemüse wird in Großbetrieben meist in Gewächshäusern unter Plastik angebaut. Zum Beispiel rund um die spanische Hafenstadt Almería – hier wachsen unter anderem Tomaten und Gurken, die nach ganz Europa verkauft werden. Dabei passiert es immer wieder, dass riesige Plastikplanen, welche die Früchte abdecken, im Meer landen. 2013 wurde im Magen eines in Andalusien angeschwemmten toten Pottwals 17 Kilogramm Plastik gefunden – darunter 30 Quadratmeter Plastikplane. Wer Gemüse und Obst aus der eigenen Region kauft, trägt nicht zu diesem Wahnsinn bei.
Fischernetze gehen über Bord
Ein beträchtlicher Teil des groben Mülls in den Ozeanen sind verloren gegangene oder über Bord geworfene Fischernetze aus Kunstfasern, sogenannte Geisternetze. Für Meereslebewesen wie Fische und Krebse, für Seevögel, aber auch für große Meeressäuger wie Schildkröten, Delfine oder Wale sind diese lebensgefährlich: Sie verheddern sich in den Netzen und verenden qualvoll. Wenn die Netze auf den Meeresboden sinken, können sie dort ganze Ökosysteme zerstören.
Die Fischindustrie und ihre Netze gibt es, weil wir gerne Fisch essen. Insofern tragen wir zu dem Problem bei – wenn auch nur indirekt. Wer helfen will, dass weniger Meereslebewesen an Geisternetzen verenden, kann weniger Fisch essen – so einfach ist das.
Schiffe werfen Plastik ins Meer
Sowohl die Frachtschifffahrt als auch Kreuzfahrtschiffe tragen zu den steigenden Plastikmengen im Meer bei: Versehentlich, leider aber auch oft absichtlich, landet Müll von den Schiffen im Wasser. Auch hierfür können wir natürlich nur indirekt etwas – viele unserer alltäglichen Konsumgüter kommen von weit her und werden per Schiff importiert. Und eine Kreuzfahrt muss ja wirklich nicht sein, oder?
Und was kannst du gegen Plastik im Meer tun?
- In erster Linie kannst du versuchen, wo immer es möglich und sinnvoll ist, auf Plastik zu verzichten: Baumwolltaschen statt Plastiktüten, unverpacktes Gemüse vom Markt statt in Plastik verpacktes vom Discounter, Leitungswasser statt Wasser in Plastikflaschen und so weiter.
- Du kannst den Kunststoffmüll, der sich zuhause ansammelt, möglichst konsequent ins Recycling („gelbe Tonne“/“gelber Sack“) werfen. Wer keine gelbe Tonne hat: Viele Städte bieten Sammelcontainer an, auch bei Wertstoffhöfen kann man Kunststoffmüll kostenlos entsorgen.
- Pflegeprodukte und Kosmetika, die Mikroplastik enthalten, sind gar nicht so schwer, aus dem Alltag zu verbannen: Der BUND hat eine hilfreiche Negativ-Liste von Produkten erstellt, die Mikroplastik enthalten. Mehr Tipps gibt es hier.
- Ein weiterer sinnvoller Schritt: seinen Bestand an Kleidung, Bettwäsche und Putztüchern nach und nach auf Teile aus reiner Baumwolle oder anderen Naturfasern umstellen, so dass aus der Waschmaschine keine Kunstfasern mehr ins Meer gespült werden.
- Du kannst Organisationen und Projekte unterstützen, die aktiv etwas gegen den Müll im Meer tun – viele davon sind auf Spenden oder ehrenamtliche Unterstützung angewiesen.
- „Tu Gutes und rede darüber“: Erkläre deinen Freunden, warum du Plastik vermeidest, erzähle ihnen von den Problemen, die Plastik im Meer verursacht. Denn nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Unwissenheit halten viele Menschen an ihren Gewohnheiten fest. Letztendlich geht es immer darum, eine kritische Masse von Menschen zu erreichen, die sich engagiert – oder wehrt. Fangen wir damit an.
Wir haben auch einen Podcast zum Thema gemacht. Den Podcast gibt es auf Streaming-Plattformen wie Spotify & Deezer und in Podcast-Apps wie Apple Podcasts bzw. Google Podcasts oder hier im Web-Player:
Ocean Now: Kunst gegen Meeresplastik
Unterstützenswert ist auch die Umweltschutzorganisation Ocean. Now!, die mit Kunst dazu beiträgt, die Meere von Plastik zu befreien und das Leben in den Ozeanen zu bewahren.
Für ihre Foto-Serie “In Your Face” konnte die Organisation 2019 viele bekannte Gesichter wie Luisa Neubauer, Louisa Dellert, Daria Daria, Dieter Hallervorden, Ranga Yogeshwar und andere Persönlichkeiten (nicht nur) der grünen Szene gewinnen.
Den Prominenten wurden Mikroplastik-Samples ins Gesicht geklebt, die blutende Nase steht dabei für die zerstörerische Wirkung der Umweltverschmutzung.
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English version available: Plastic in the Ocean: What Can I Do About Plastic Pollution?
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