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Wegen Botox: Kamele von Schönheitswettbewerb ausgeschlossen

Kamel
Foto: CC0 / Pixabay / mostafa_meraji

Dutzende Tiere wurden von einem Schönheitswettbewerb für Kamele in Saudi-Arabien ausgeschlossen – unter anderem wegen Botox und hormonellen Eingriffen. Das mag wie eine absurde Nachricht aus einem fremden Land klingen. Aber auch bei uns gibt es ähnliche Praktiken.

Beim jährlichen König Abdulaziz Kamel-Festival stehen für die Gewinner:innen Preisgelder in Millionenhöhe in Aussicht. Bei solchem Ansporn griffen einige der über 30.000 Kamel-Besitzer:innen zu drastischen – und verbotenen – Maßnahmen, um ihrem Tier aufs Treppchen zu verhelfen.

Betrug im Kamel-Schönheitswettbewerb

Das Kamel-Festival wird in Saudi Arabien von vielen als  wichtiges kulturelles Erbe betrachtet und zieht nach Angaben der SPA bis zu 100.000 Tourist:innen an.
Das Kamel-Festival wird in Saudi Arabien von vielen als wichtiges kulturelles Erbe betrachtet und zieht nach Angaben der SPA bis zu 100.000 Tourist:innen an. (Foto: CC0 / Pixabay / Inde)

Die Saudi Press Agency (SPA) berichtete, dass im bisher strengsten Kontrollverfahren mit „spezieller und fortschrittlicher“ Technologie nach Schummler:innen gesucht wurde.

Dabei musste die Jury feststellen, dass die zu beurteilenden Merkmale der Kamele nicht immer natürlichen Ursprungs waren: Einige Kamele traten mit aufgespritzten Lippen an oder hatten Gummibänder implantiert, um bestimmte Körperteile hervorzuheben. Wohlgeförmte Höcker – eine der Kategorien im Kontest – seien so bei einzelnen Teilnehmer-Tieren künstlich erzeugt worden. Andere Kamele hätten Hormone bekommen, um ihr Muskelwachstum zu stärken, so die Einschätzung der Festival-Organisation.

Kaum anzuzweifeln ist, dass die Tiere die Leidtragenden bei diesem kulturellen Event sind. Wenn die Eingriffe selbst nicht schon schmerzhaft sind, müssen die Kamele mit unnatürlichen Muskelmassen, Nervengift im Gesicht und hormonellen Imbalanzen weiterleben.

Das scheint absurd und fremd – doch ist es das?

Eine flache Schnauze und Kulleraugen – weniger niedlich als grausam.
Eine flache Schnauze und Kulleraugen – weniger niedlich als grausam. (Foto: CC0 / Pixabay / Heszter)

Das Ganze mag auf uns sehr skurril wirken. Wenn man genauer hinsieht, behandeln wir hierzulande oder in uns sehr ähnlichen Kulturkreisen viele Tiere jedoch auch mehr als Objekt von ästhetischen Bedürfnissen als die Lebewesen, die sie sind.

Beliebte Haustiere in Deutschland, der Mops oder die Französische und Englische Bulldogge zum Beispiel, bezeichnet die Tierschutzorganisation Peta als Qualzuchten: Ihre Überzüchtung verursacht Atemprobleme, tränende Augen und Gelenkschädigungen. Die Tiere leiden darunter – ihre Besitzer:innen halten jedoch oft gezielt nach diesen „glänzen Kulleraugen“ oder den „niedlichen“ Stummelbeinen Ausschau.

Auch andere Haustiere, wie Kaninchen, Katzen, oder sogar Reptilien und Tauben, kämpfen oft von Geburt an mit gesundheitlichen Problemen, weil die Züchter:innen ganz bestimmte Merkmale als schön empfinden. Flachen Schnauzen, lange Haare, kurze Beinchen: wenn nicht diese Merkmale selbst schon Leid für die Tiere verursachen, dann tun es die Erbkrankheiten, die sich bei so zielgerichteter Züchtung mehren.

Nicht nur um Schönheitsidealen zu entsprechen, verändern wir Tiere nach unserem Willen. In der Massentierhaltung werden Kühe auf eine höhere Milchleistung gezüchtet, Gänse brutalst für Gänsestopfleber gemästet und Puten sollen viel Brustfleisch ansetzen, um nur wenige Beispiele zu nennen. Das bringt körperliche Einschränkungen. So verursacht beispielsweise das höhere Brustgewicht bei vielen Puten eine Gleichgewichtsstörung, die dünnen Beine können die Tiere kaum noch tragen.

Ein Lichtblick: Trends können sich ändern

Ob als Haustiere oder zum Essen: Die Wünsche der Konsument:innen befeuern regelrechte Zucht-Trends. Mit wachsendem Bewusstsein über die Probleme der Züchtung besinnen sich jedoch viele Verbraucher:innen und Züchter:innen auf sogenannte Rückzüchtungen. Beispiel Retromops: Die extremen Merkmale des Mopses sollen verringert werden, sodass er in Aussehen, Verhalten und Lebensfreunde wieder mehr seinem „Original“ ähnelt. Den Tieren geht es gesundheitlich insgesamt besser, sie sind jedoch laut Peta ebenso anfällig für viele Erbkrankheiten.

Verschiedene Initivativen fordern gesetzliche Maßnahmen, um grausame Zuchtpraktiken zu verhindern. Informiere dich zum Beispiel über das Heimtierschutzgesetz.

Utopia meint: Egal ob erlegte Wildtiere, überzüchtete Wettbewerbsrassen oder die sogenannten Lockdown Puppies: Solange Tiere die Rolle von Statussymbolen (wenn man dies auch hinter Tradition und Kultur verstecken mag) in unserem Leben einnehmen, werden sie unter unseren menschlichen Lifestyle-Neurosen leiden. Die Kamele mit Botox-Lippen sind dafür leider nur eines von vielen Beispielen.

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