Bio-Milch ist besser als konventionelle Milch. Doch sind die Kühe tatsächlich glücklich? Öko-Test zeigt, dass auch in der Bio-Milchbranche nicht alles gut ist. Denn in manchen Fällen stehen die Bio-Kühe niemals auf einer grünen Weide, sondern ihr Leben lang auf hartem Beton.
Bio-Milch hat ihren Preis und der ist auch berechtigt, meint Öko-Test. „Die Qualität stimmt, und die Kühe haben größere Chancen auf ein gutes Leben“. Gleichzeitig macht Öko-Test aber auch klar: Nicht alle Kühe haben offenbar ein schönes Leben, obwohl ihre Milch „bio“ ist. Denn auch in der Bio-Branche gibt es große Unterschiede, die nicht von einem bestimmten Bio-Siegel abhängen. Auf manchen Bauernhöfen gibt es unabhängige Tierwohl-Kontrollen, die Tiere können sich frei bewegen, dürfen ihre Hörner behalten und stehen nachweislich viele Tage im Jahr auf der grünen Weide. In anderen Bauernhöfen gibt es das alles nicht – jedenfalls nicht nachweisbar. Öko-Test hat im Labor die Milch auf Qualität und Geschmack untersucht und umfangreiche Fragebögen an Molkereien und Bauernhöfe geschickt. Darin geht es vor allem um das Tierwohl und die Haltungsbedingungen. Die Test-Ergebnisse zeigen vor allem, dass es auch bei Bio-Milch in Sachen Transparenz und Tierwohl noch viel Luft nach oben gibt.
Bio-Milch im Test: Die Sieger bei Öko-Test
Unter den 20 getesteten Bio-Milch-Anbietern konnten nur zwei die außergewöhnlich strengen Kriterien erfüllen und die Note „sehr gut“ erhalten:
- Alnatura Frische Vollmilch (Bioland)
- Dennree Frische Weide Vollmilch (Bioland)
Bei der Alnatura-Milch gibt es allerdings Hinweise auf Enthornung, in allen anderen Tierwohl-Fragen sei die Haltung der Kühe dagegen vorbildlich. Auch bei der Dennree-Milch gibt es einen kleinen Kritikpunkt: Die Kühe haben keine Einzelabkalbeboxen (mehr weiter unten).
Alle Milchmarken im Test sind „sehr gut“ bis „ausreichend“. Das bedeutet: Auch wenn in der Bio-Milchkuhhaltung nicht alles rosig ist, sind die Haltungsbedingungen immer noch deutlich besser als in der konventionellen Milchviehwirtschaft .
Bio-Milch vom Discounter: Wie Lidl und Aldi abschneiden
Schon länger gibt es Bio-Milch bei den großen Discountern zu vergleichsweise niedrigen Preisen. Doch geht das auf Kosten des Tierwohls? Lidl kooperiert immerhin mit dem Verband Bioland, der auch das Bioland-Siegel herausgibt. Aldi Nord und Aldi Süd setzen nur auf das einfache EU-Bio-Siegel.
- Lidl Milbona Bio Frische Vollmilch: „gut“
- Aldi Gut Bio Frische Vollmilch: „befriedigend“
Öko-Test erklärt, dass es in beiden Fällen Hinweise auf Enthornung gebe und sich auch eine Anbindehaltung nicht ausschließen lasse. Bei den Bauernhöfen für die Milch von Lidl und Aldi gibt es aber zumindest unabhängige Tierwohlkontrollen und die Kühe dürfen „teilweise“ nachweisbar auf die Weide. Die Aldi-Milch hat etwas schlechter als die von Lidl abgeschnitten, da sie im Test „leicht pappig“ geschmeckt habe. Alle Testergebnisse von Öko-Test gibt es kostenlos.
Betonhof statt grüne Weide? Bio-Milch und ihre Herkunft
Das ganze Jahr auf der grünen Wiese? Dieser Eindruck entsteht mit Blick auf so manchen Milchkarton, doch der schöne Schein trügt. Denn auch Bio-Kühe dürfen im Stall angebunden werden und können sich dann nicht einmal umdrehen. Gegenüber Öko-Test konnten nur vier Anbieter belegen, dass ihre Milch nicht aus Anbindehaltung stammt, darunter die beiden Testsieger von Alnatura und Dennree. Eine andere Form der Haltung sind Laufställe: Hier bewegen sich die Kühe den ganzen Tag zwischen Liegeplatz, Futterstelle und Melkstand – eine Weide sehen sie aber auch hier nicht.
Überhaupt ist Weidegang nur bei 8 der 20 untersuchten Bio-Milch-Anbietern belegt. Dabei ist das Leben auf der Weide für Kühe sehr wichtig: „Die Tiere können ihr artspezifisches Verhalten am besten ausleben, wenn sie auf gelenkschonendem Untergrund grasen“, erklärt Öko-Test. Verpflichtend für Bio-Milch ist aber lediglich ein Auslauf im Freien. „Das kann auch ein Laufhof mit Betonplatten sein“, kritisiert Öko-Test und weist darauf hin, dass die Bio-Verbände inzwischen strengere Vorgaben beschlossen haben. Bioland und Gäa fordern zumindest ab 2030 einen Weidezugang für die Kühe, bei Naturland und Biokreis gibt es Ausnahmen noch bis 2029.
Besonders aufwendig für Milchviehbetriebe ist die ammen- oder muttergebundene Kälberaufzucht. Denn auch auf Bio-Betrieben werden Mutter und Kalb nach der Geburt oft innerhalb weniger Stunden voneinander getrennt. Schließlich soll nicht das Kalb die Milch saugen, sondern die Melkmaschine. Dabei ist es gut für das Sozialleben und die Gesundheit der Kälber, wenn ihre Mütter oder Ammenkühe sie aufziehen. Für Verbraucher:innen ist es aber schwer, dies im Supermarkt zu erkennen. Nur das Siegel Zeit zu zweit sorgt hier für etwas Orientierung, ist aber wenig verbreitet.
Wie gut sind die Bio-Siegel für Milch?
Bioland, Naturland und Demeter gelten als die strengsten Bio-Siegel. Doch bei Öko-Test hat sich gezeigt, dass die kleinen Unterschiede der Siegel nicht so große Auswirkungen beim Tierwohl der Milchkühe haben. Jedenfalls nicht bei den Kriterien, die Öko-Test zusammen mit der ehemaligen Landestierschutzbeauftragten Baden-Württembergs anlegt. Unabhängige Tierwohlkontrollen würden bei Demeter zum Beispiel nicht flächendeckend und nur unregelmäßig stattfinden, schreibt Öko-Test. Die Frische Bio-Alpenmilch von Berchtesgadener Land ist daher nur „befriedigend“. Bei den Bauernhöfen seien die Kühe zum Teil auch angebunden und Abkalbeboxen sowie Krankenabteile für schwache Kühe seien nur teilweise nachgewiesen worden.
(Ergänzung 10.02.2021: Wie uns der Hersteller Dennree versicherte, besitzt der Hof, von dem er die Milch bezieht, Abkalbeboxen. Nur Einzelabkalbeboxen seien nicht vorhanden.)
Manche Demeter-Milch ist „gut“, andere dagegen nur „ausreichend“. Auch bei Bioland reicht das Bild von „sehr gut“ bis „befriedigend“. Verbraucher:innen sollten daher nicht blind Bio-Milch mit einem bestimmten Siegel kaufen, sondern sich noch genauer informieren. Die Bio-Siegel garantieren zwar hohe Standards, doch auch hier gibt es noch Luft nach oben. Vor allem bei der Transparenz müssen die Betriebe laut Öko-Test nachbessern und auch gegenüber den Verbraucher:innen belegen, wie gut die Haltungsbedingungen für Bio-Milch sind.
Besser als Bio-Milch: gar keine Kuhmilch
Kühe geben nur Milch, wenn sie ein Kälbchen zur Welt bringen. Daher sind sie eigentlich dauerschwanger und bringen jedes Jahr ein Kalb zur Welt. Doch kalbende Kühe rutschen in der Rangordnung der Gruppe schnell nach unten und das verursacht Stress bei den Milchkühen. Daher gehören Abkalbeboxen zu einer artgerechten Milchviehwirtschaft aus Sicht von Tierschützer:innen dazu. Bei Öko-Test konnten aber nur Alnatura und die Gläserne Molkerei solche Boxen für die Höfe ihrer Milch nachweisen.
Wenngleich Bio-Milch noch keine ideale Tierhaltung garantiert, ist sie deutlich besser als konventionelle Milch. Noch besser ist jedoch, auf tierische Produkte ganz zu verzichten oder den Konsum zumindest zu reduzieren. Mit Hafermilch, Sojamilch, Mandelmilch und verschiedenen weiteren Milchalternativen gibt es viele gute Gründe, zumindest hin und wieder auf Pflanzenmilch zu setzen. In unserer Galerie der 10 besten Milchersatzprodukte findest du zahlreiche Inspirationen, um auch verarbeitete Milchprodukte zu ersetzen.
Alle Details findest du in der Ausgabe 02/2021 von Öko-Test sowie online auf www.ökotest.de.
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