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Klimawissenschaftler verweigert Flugreise und riskiert damit seinen Job

Dr. Gianluca Grimalda ist Klimawissenschaftler am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW).
Foto: Screenshot X (ehemals Twitter) @GGrimalda

Einem Klimawissenschaftler am Institut für Weltwirtschaft in Kiel droht die Kündigung. Der Grund: Er verweigert eine Flugreise aus Papua-Neuguinea nach Deutschland, um CO₂-Emissionen einzusparen.

Dr. Gianluca Grimalda ist Klimawissenschaftler am Institut für Weltwirtschaft in Kiel (IfW) und Umweltaktivist. Zuletzt untersuchte er die Auswirkungen des Klimawandels und der Globalisierung auf Gemeinden in Papua-Neuguinea. Hierzu verbrachte er sechs Monate auf dem südwestpazifischen Inselstaat, zum Abschluss seiner Feldforschung hielt er sich in Bougainville auf den Salomonen-Inseln auf.

Wie der britische Guardian berichtet, droht dem Klimawissenschaftler nun offenbar die Kündigung – der Grund: Das IfW hatte Grimalda darüber informiert, dass er bis zum 02. Oktober einen Rückflug ins über 14.000 Kilometer entfernte Deutschland antreten solle, um an das Institut zurückzukehren. Dieser Forderung sei Grimalda aber nicht nachgekommen, da er grundsätzlich auf Flugreisen verzichtet, um das Klima zu schonen.

Darüber hinaus habe er den Einwohner:innen Papua-Neuguineas versprochen, auf der Rückreise nicht zu fliegen. „Weiße Männer (wie wir hier genannt werden) werden oft als giaman [Lügner oder Betrüger in Tok Pidgin, der lokalen Sprache] bezeichnet“, schrieb Grimalda auf X (vormals Twitter). „Ich will kein giaman sein.“

Alternative Transportmittel könnten Tonnen CO₂-Emissionen einsparen

Grimalda erklärt, er wolle die Rückreise nach Deutschland auf Frachtschiffen, Fähren, Zügen und Bussen zurücklegen. Dadurch ließen sich weit weniger Emissionen verursachen als mit dem Flugzeug.

Insgesamt ließen sich auf der gesamten Strecke 3,6 Tonnen Kohlenstoffemissionen einsparen, berichtet der Guardian. Die Reise von Papua-Neuguinea bis Kiel könnte dann aber voraussichtlich zwei Monate dauern.

Von der Drohung seines Arbeitgebers lässt sich Grimalda derweil nicht aus der Ruhe bringen: „Ich fühle mich jetzt gut, aber einige der vergangenen Tage waren ziemlich traumatisch, weil ich ein solches Verhalten von den Leuten in meinem Institut nicht erwartet hatte“, erklärt er gegenüber dem Guardian. Dennoch sei er überzeugt, die richtige Entscheidung getroffen zu haben.

Bereits die Hinreise hatte Grimalda zurückgelegt ohne zu fliegen. Damals teilte er auf dem dem Kurznachrichtendienst X seine genaue Reiseroute, mit der er es schaffte, insgesamt 6,7 Tonnen CO₂ einzusparen.

„Flugreisen sind wirklich der schnellste Weg, fossile Kraftstoffe zu verbrennen, also auch der schnellste aller Wege, uns hin zur Katastrophe zu bewegen“, bekräftigt Grimalda. Würde er mit dem Flugzeug reisen, würde das große Auswirkungen auf seine eigene Kohlenstoffbilanz haben.

Papua-Neuguinea mit am stärksten vom Klimwandel betroffen

Papua-Neuguinea gehört global gesehen zu den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen der Erderwärmung betroffen sind. Besonders das Ansteigen des Meeresspiegels stellt die Einwohner:innen des Archipels vor große Herausforderungen.

In einem ausführlichen Post auf X berichtet Grimalda von seinen Begegnungen mit Inselbewohner:innen, die gezwungen waren, ganze Dörfer ins Landesinnere zu verlegen, um dem ansteigenden Meeresspiegel zu entgehen. Oder sie pflanzten in aller Verzweiflung Mangroven, um das Wasser zurückzuhalten.

Während seiner Feldforschung in Papua-Neuguinea hielt Grimalda zahlreiche Vorträge über die Wissenschaft des Klimazusammenbruchs – und inwiefern die Bewohner:innen des Archipels hiervon betroffen sind.

Konflikt um Grimaldas Anstellung hält an

Grimaldas Feldstudie sollte ursprünglich bis Juli abgeschlossen sein, eigentlich wird er schon seit dem 10. September wieder am IfW in Kiel erwartet. Doch er betonte, seiner Rückreise hätten sich ein paar unvermeidbare Verzögerungen in den Weg gestellt, darunter eine Geiselnahme durch Banditen, Diebstähle seiner Forschungsgegenstände und andere Schwierigkeiten.

„Da ich nicht lehre und Arbeitsbesprechungen online abgehalten werden können, ist meine Anwesenheit in Kiel nicht erforderlich“, sagt Grimalda. Bezahlt werden will er für seine Forschungsreise ebenfalls nicht.

Zudem habe er dem IfW angeboten, über den Zeitraum seiner Reise unbezahlten Urlaub zu nehmen. Das Institut habe sein Angebot jedoch abgelehnt und die Zahlung seines September-Gehalts fristlos einbehalten. Die Kündigung wurde bislang aber offenbar noch nicht ausgesprochen.

Verwendete Quellen: Guardian, X (ehemals Twitter)

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