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„Massiv ungerecht“: Grünen-Politiker reagiert mit starkem Statement auf Billigfleisch-Debatte

Strom, Heizen, Fleisch: Jetzt gibt es keine Ausreden mehr
Foto: CC0 / Pixabay / Karamo

Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat angemessene Preise für Lebensmittel gefordert – und damit eine Debatte über Gerechtigkeit entfacht. Eine besonders lesenswerte Postion vertritt Grünen-Politiker Jan-Niclas Gesenhues auf Twitter.

2021 ist noch nicht vorbei und wir müssen nochmal vom Spalten sprechen. Denn der neue Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat sich gegen Ramschpreise für Lebensmittel ausgesprochen. Diese würden Bauernhöfe in den Ruin treiben, mehr Tierwohl verhindern und das Klima belasten.

Das findet man doch prinzipiell richtig – aber höhere Preise gehen vielen Menschen dann doch zu weit. Besonders heikel wird es, wenn die günstige Currywurst bedroht wird: Da entdecken einige ihr soziales Gewissen und fragen sich, wie man sich die mit Hartz-IV leisten soll. Und andere haben schlichtweg wenig Geld. Ja, auf Twitter trendet „Fleisch“ – und die Debatte ist reich an Höhen und Tiefen.

Unsere Leseempfehlung ist der Thread von Jan-Niclas Gesenhues, der für die Grünen über die Landesliste NRW in den Bundestag eingezogen ist. Denn Gesenhues spaltet nicht, im Gegenteil: Er pläydiert gekonnt dafür, Klima und Gerechtigkeit nicht gegeneinander auszuspielen.

Dumpingpreise für Lebensmittel sind massiv ungerecht

Der besseren Lesbarkeit halber findest du nachfolgend die Tweets von @jn_gesenhues in einem Fließtext zusammengefasst:

Hört bitte auf zu behaupten, Dumpingpreise im #Lebensmittel-Handel seien „sozial“. Sie sind für viele Menschen genau das Gegenteil, nämlich massiv ungerecht. Und deswegen ist es gut, dass wir jetzt diese Debatte führen. Ein Thread. #Özdemir

1. In den letzten Jahrzehnten mussten zwei Drittel der Bauernfamilien ihre Höfe aufgeben. Dieses massive #Höfesterben bedeutet den blanken Existenzverlust für sehr viele Menschen. Das ist extrem ungerecht und traurig. Ein Treiber des Höfesterbens: Preisdruck.

2. Die Billigpreise entstehen auf dem Rücken der Beschäftigten in der Verarbeitung und im Handel. Wir kennen z.B. die schlimmen Berichte aus den Schlachthöfen: Dumpinglöhne, völlig unzureichender Arbeitsschutz, keine ausreichende Absicherung.

3. Hinzu kommen die schlechten Löhne und Arbeitsbedingungen der Kassierer*innen und derjenigen, die im Handel Regale einräumen oder in der Logistik unter massivem Stress die Waren befördern.

4. Unter dem Preisdruck brechen auch viele handwerkliche Verarbeiter, Bäcker*innen, Fleischer*innen, Fachverkäufer*innen und kleine Lebensmittelgeschäfte weg, die auf Qualität statt Masse setzen. Auch hier: Existenzverlust.

Leidtragende: Gesundheit, Umwelt, der globale Süden

5. Es ist auch nicht sozial, dass Menschen wegen einer unzureichenden Sozialpolitik Lebensmittel kaufen müssen, die aufgrund des Preisdrucks weder ökologisch noch sozial hergestellt wurden und mitunter genau deswegen auch nicht besonders gesund sind.

6. Die Billigpreise richten auch jenseits unserer Grenzen Verheerendes an. Dumpingexporte aus unserer Lebensmittelindustrie gehen in die Länder des globalen Südens und zerstören dort die Märkte und die Existenzen kleinbäuerlicher Betriebe.

7. Weitere Leidtragende des Preiskampfes sind die Böden, die Gewässer, die Luft, die Artenvielfalt, die Tiere. Oder schlicht: Unsere Lebensgrundlagen. Denn die Lebensmittelpreise bilden nicht die ökologischen Kosten ab.

Lasst uns das gemeinsam angehen und nicht gegeneinander ausspielen

8. Die preisgetriebene Industrialisierung der Landwirtschaft ist einer der Treiber für den dramatischen Verlust von biologischer Vielfalt und Umweltqualität weltweit. Sowie für das Abholzen der Wälder. Unter dieser Umweltzerstörung leiden die Ärmsten am meisten.

9. Obendrein werden Tiere oft unter inakzeptablen Bedingungen gemästet. Eng zusammengepfercht, kein Frischluftzugang, kein Wühlen, allein auf Gewichtzunahme getrimmtes Futter, Vollspaltenböden. Ein kurzes, nicht artgerechtes Leben für das billige Stück Fleisch im Kühlregal.

10. Wenn wir soziale Ungerechtigkeit verringern wollen, brauchen wir endlich eine gerechte Sozialpolitik mit armutsfester Absicherung. Auch damit gesunde und nachhaltige Lebensmittel für alle verfügbar sind. Lasst uns das gemeinsam angehen und nicht gegeneinander ausspielen.

Hier kommts du zum Original-Tweet

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