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Zahlen zeigen: Wann es kein Zurück mehr für Erneuerbare Energien gibt

Zahlen zeigen: Wann es kein Zurück mehr für Erneuerbare Energien gibt
Foto: CC0 / Pixabay / RoyBuri

Ein Kipppunkt beschreibt den Moment, ab dem sich ein bestimmtes Phänomen massenhaft ausbreiten wird. Auch bei Technologien für grüne Energie gibt es diesen entscheidenden Wendepunkt. 87 Länder haben ihn bereits erreicht.

Eine neue Veröffentlichung des New Yorker Nachrichtenunternehmens Bloomberg zeigt, dass es Kipppunkte nicht nur bei nachteiligen Klimaentwicklungen gibt. In einer Analyse fand der zu Bloomberg gehörende Forschungsanbieter BloombergNEF heraus, dass in einigen Ländern der Welt bereits der „Tipping Point“ überschritten sei: Sobald mehr als fünf Prozent der genutzten Energie eines Landes demnach aus Erneuerbarer Energie besteht, löse das eine Welle der Adoption der neuen Technologie aus.

Fast 90 Länder haben den Kipppunkt erreicht

Wie Bloomberg schreibt, gibt es für alle erfolgreichen Technologien den sogenannten Kipppunkt. Dass die Entwicklung „kippt“ bedeutet hier nicht, dass sie sich verlangsamt, oder gar zurückläuft. Im Gegenteil beschreibt es den Zeitpunkt, ab dem beispielsweise eine Innovation sich sprunghaft rasanter etabliert als zuvor. Sie „kippt“ sozusagen in die Ausbreitung über.

Konkret: Ab diesem Zeitpunkt haben sich Unternehmen und Fabriken auf die neue Technologie umgestellt und die Präferenzen der Konsument:innen haben sich entsprechend geändert. Es hat dann für Investor:innen und Käufer:innen schlichtweg keinen Sinn mehr, bei den „alten“ Technologien zu bleiben.

Generell etablieren sich viele neue Technologien sich also gemäß einer S-Kurve: In der Anfangsphase bleiben die Zahlen einige Zeit lang relativ niedrig. Ist die Technologie erfolgreich, erreicht sie den Kipppunkt. Es gibt dann plötzlich einen sprunghaften Anstieg und die Technologie breitet sich schnell auf einen Großteil der Landesbevölkerung aus. Wann dieser Kipppunkt genau eintritt, kann von Einzelfall zu Einzelfall schwanken.

Bei Erneuerbaren Energien liegt er den Analysen zufolge bei etwa fünf Prozent — und aktuell haben bereits 87 Länder diesen Kipppunkt erreicht. Die Forschenden prognostizieren, dass der Anteil von Erneuerbaren Energien in diesen Ländern nun kontinuierlich weiter ansteigen wird.

Die Entwicklung von Erneuerbaren Energien funktioniert dabei besonders gut in Regionen, in denen sich Wind- und Solarenergie ergänzen können. Dafür gäbe es auch in Europa gute Voraussetzungen. Wenn beispielsweise in Spanien keine Sonne mehr scheint, könnte Windenenergie aus Dänemark die Lücke füllen.

Die Einführung von Windkraftanlagen läuft laut Bloomberg etwas langsamer und gradueller ab als die Weiterentwicklung der Solarenergie. Schließlich ist die Installation großer Windräder mit hohen Kosten und Aufwand verbunden. Die Einführung von Solarpanelen geht hingegen in der Regel schneller, denn sie lassen sich einfacher auf Dächern installieren.

Niedrige Kosten und mehr Batterien

Die Implementiering von Windrädern läuft langsamer ab, als es bei Solaranlagen der Fall ist.
Die Implementiering von Windrädern läuft langsamer ab, als es bei Solaranlagen der Fall ist.
(Foto: CC0 / Pixabay / distelAPPArath)

Da bereits so viele Länder den Kipppunkt für Erneuerbare Energien erreicht haben, sind Wind- und Solaranlagen schon jetzt zu den billigsten neuen Stromquellen weltweit geworden. Keine andere Stromquelle kann also so kostengünstig neu implementiert werden. Woran es in vielen Ländern gerade noch mangelt, ist eine effiziente zentrale Planung und Zusammenschaltung der unterschiedlichen Energiequellen.

Gerade die Speicherung ist immer noch ein großes Problem, wenn es um Erneuerbare Energien geht. Doch auch in diesem Bereich verzeichnet Bloomberg einen sprunghaften Anstieg der Produktion und Einführung von Batterien, die grüne Energie in großem Maße speichern sollen. Diese Entwicklung soll in den kommenden Jahren weitergehen.

Effizient und umweltfreundlich heizen: Wärmepumpen

Wärmepumpen sollen nach und nach Boiler ersetzen.
Wärmepumpen sollen nach und nach Boiler ersetzen.
(Foto: CC0 / Pixabay / ri)

Die Frage, wie wir unsere Innenräume auch ohne Gas heizen können, hat angesichts der Energiekrise an Bedeutung gewonnen. Auch für Bloomberg ist die Wärmepumpe eine der wichtigsten Lösungen – wenn nicht sogar die wichtigste.

Die Wärmepumpe kann Räume laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz besonders effizient und umweltfreundlich heizen. In Zusammenhang mit Ökostrom kann sie dabei bis zu 100 Prozent klimaneutral arbeiten. Bloomberg zufolge können Wärmepumpen den Energieaufwand fürs Heizen um bis zu 70 Prozent verringern. Auch Wasserkocher, Waschmaschinen und E-Autos laufen mit einer Wärmepumpe deutlich energiesparender.

Der einzige Haken: Je nach Art der Wärmepumpe können sie relativ hohe Anschaffungskosten haben. Viele Regierungen haben jedoch begonnen, diese zu subventionieren. In den vergangenen Jahren ist es also auch aus ökonomischer Sicht immer sinnvoller geworden, in eine Wärmepumpe zu investieren. In Europa haben Wärmepumpen bereits jetzt 20 Prozent aller Boiler ersetzt. Seit Beginn des Ukraine-Krieges steigt die Nachfrage weiter an.

Emissionsarmer Verkehr: Anstieg der E-Autos

Die Nachfrage für Elektrofahrzeuge wird in den kommenden Jahren weiter stark ansteigen.
Die Nachfrage für Elektrofahrzeuge wird in den kommenden Jahren weiter stark ansteigen.
(Foto: CC0 / Pixabay / stux)

Etwa ein Viertel der weltweit benötigten Energie entfällt auf unseren Transport. Um Emissionen dabei zu vermeiden, soll Elektromobilität schrittweise Verbrennermotoren ablösen. Auch dabei gibt es einen Kipppunkt, der vermutlich bei etwa fünf Prozent liegt. Schließlich müssen erst großflächig ausreichend Ladestationen zur Verfügung stehen, die Kosten müssen sinken und die Präferenzen der Konsument:innen müssen sich umstellen.

Europaweit ist dieser Kipppunkt bereits erreicht. Laut Hochrechnungen von Dataforce lag der Anteil aller E-Autos in Europa in den ersten fünf Monaten des Jahres 2022 bei etwa 11 Prozent. In Norwegen liegt die Zahl sogar schon bei fast 80 Prozent. Analysen des Unternehmens zufolge wird der Anteil der E-Autos in den kommenden Jahren rasant ansteigen. Im Jahr 2030 soll er europaweit bei 56 Prozent liegen, fünf Jahre später bei 80 Prozent. Weltweit sind Spanien, Australien und Kanada die nächsten Länder, die den Kipppunkt für E-Autos erreichen werden, so Bloomberg.

Bezieht man in die Berechnungen nicht nur vollelektrische Autos, sondern auch Hybridfahrzeuge mit ein, sind weltweit bereits 20 Millionen elektrische Fahrzeuge im Einsatz. Hybridfahrzeuge sind besonders in Europa beliebt. Sie können zwischen Verbrennungsmotor und Elektroantrieb wechseln. Laut Bloomberg wird sich die Anzahl aller E-Fahrzeuge bis Ende nächsten Jahres noch einmal verdoppeln.

Ausblick: Wendepunkt für klimafreundliches Energiesystem

Bloomberg betont, dass all diese Entwicklungen zusammengenommen möglicherweise eine frühe Phase eines größer gedachten Kipppunktes markieren. Würde die Welt diesen Kipppunkt erreichen, würde sich in allen Phasen unseres Lebens ein Energiesystem implementieren, dass dem Klima keinen weiteren Schaden mehr zufügt. Ob und wann wir diesen Wendepunkt erreichen, wird ausschlaggebend dafür sein, mit welchen Konsequenzen der Klimakrise wir uns in Zukunft beschäftigen müssen.

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