Giftstoffe, Bodenverlust, Übergewicht: Der eigene Speiseplan ist mit den Problemen unseres Planeten eng verknüpft. Expert:innen haben mit der „Planetary Health Diet“ eine Ernährung entworfen, die die globalen Probleme lösen soll – von Schadstoffemissionen bis hin zu Krankheiten. So sieht der perfekte Ernährungsplan für Erde und Gesundheit aus.
Die Besonderheit der sogenannten Planetary Health Diet besteht darin, dass sie gleichermaßen die Gesundheit des Menschen und die unseres Planeten in den Fokus rückt. Ein internationales Team aus 37 Forscher:innen hat mit diesem Anspruch einen speziellen Speiseplan entworfen und das Ergebnis im Januar 2019 in der Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht.
Im Oktober 2025 ist nun das Update – die Planetary Health Diet 2.0 – veröffentlicht worden. Dabei werden aktuelle Herausforderungen wie die zunehmende geopolitische Instabilität, steigende Lebensmittelpreise und die COVID-19-Pandemie berücksichtigt und ein stärkerer Fokus auf eine sozial gerechte Ernährung gelegt.
Eines vorweg: Der Ernährungsplan der Planetary Health Diet und auch das Update sind nicht zwangsläufig vegan – obwohl das im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck die beste Lösung wäre. Doch Gemüse und Hülsenfrüchte spielen dennoch immer eine zentrale Rolle.
Planetary Health: Wie lassen sich 2050 10 Milliarden Menschen ernähren?
Die Expert:innen der EAT-Lancet-Kommission kommen aus den verschiedensten Bereichen, von Politik über Agrarwissenschaft und Gesundheit bis Umweltschutz. Das Ziel ihrer zweijährigen Forschungsarbeit: eine gesunde und nachhaltige Strategie zu entwickeln, wie sich auch im Jahr 2050 die Weltbevölkerung ernähren lässt – die laut Prognosen auf zehn Milliarden anwachsen wird. Und zwar ohne dass die Erde dabei bis über ihre Grenzen ausgebeutet wird und ohne dass globale Probleme wie Zivilisationskrankheiten, Hungersnöte und die Erderwärmung die Oberhand gewinnen.
Im Klartext bedeutet das: Die Menschheit muss insgesamt den Verzehr von rotem Fleisch und Zucker drastisch reduzieren – und zwar um die Hälfte. Auf der anderen Seite muss der Gemüseanteil unserer Nahrung enorm ansteigen. Auch Obst, Nüsse und Hülsenfrüchte sollten in größeren Mengen verzehrt werden.
Globaler Norden leidet an Übergewicht
Doch wir müssen unsere Ernährung nicht nur umstellen, um die gesamte Weltbevölkerung ernähren zu können. In einigen Teilen der Welt führen Übergewicht und Fettleibigkeit zu drastischen gesundheitlichen Problemen. Der Spiegel brachte es 2023 auf den Punkt: 13 Prozent aller Todesfälle in Europa werden auf Übergewicht und Fettleibigkeit zurückgeführt. In Deutschland sterben jedes Jahr rund 100.000 Menschen an den Folgen, knapp 60 Prozent der Erwachsenen sind übergewichtig.
So sieht der Plan der „Planetary Health Diet“ aus
Jeden Tag solltest du gemäß der Planetary Health Diet folgende Lebensmittel essen: (Bei einigen Lebensmitteln wurden die Angaben im Update von 2025 minimal verändert.)
- Gemüse: 300 Gramm (200-600 Gramm)
- Milchprodukte: 250 Gramm (0-500 Gramm)
- Vollkorngetreide: 232 Gramm; Update 2025: 210 Gramm
- Obst: 200 Gramm (100-300 Gramm)
- Hülsenfrüchte: 75 Gramm (0-100 Gramm)
- Nüsse: 50 Gramm (0-75 Gramm)
- Stärkehaltiges Gemüse: 50 Gramm (0-100 Gramm)
- Ungesättigte Fette: 40 Gramm (20-80 Gramm)
- Zucker: 31 Gramm (0-31 Gramm); Update 2025: 30 Gramm (0-30 Gramm)
- Geflügel: 29 Gramm (0-58 Gramm); Update 2025: 30 Gramm (0-58 Gramm)
- Fisch: 28 Gramm (0-100 Gramm); Update 2025: 30 Gramm (0-100 Gramm)
- Rotes Fleisch: 14 Gramm (0-28 Gramm); Update 2025: 15 Gramm (0-30 Gramm)
- Eier: 13 Gramm (0-25 Gramm); Update 2025: 15 Gramm (0-25 Gramm)
- Gesättigte Fette: 11,8 Gramm (0-11,8 Gramm); Update 2025: 11 Gramm (0-10 Gramm)
Natürlich handelt es sich dabei um tägliche Durchschnittswerte – aus 28 Gramm Fisch und 13 Gramm Ei lässt sich schließlich kaum eine anständige Mahlzeit zubereiten. Doch es sind Richtwerte, die bei der Zusammenstellung der Lebensmittel auf dem Teller helfen können. Insbesondere die insgesamt 300 bis 900 Gramm Obst und Gemüse und die geringe Menge an Fleisch sind auffällige Fixpunkte.
Die Werte in Klammern bedeuten, dass hier eine Spannbreite vorgesehen ist, die es erlaubt, die Planetary Health Diet für jeden Menschen flexibel umzusetzen. So ist zum Beispiel eine Interpretation dieses Modells möglich, bei der überhaupt keine tierischen Produkte verzehrt werden – und auch eine für Flexitarier:innen, die alle zwei Wochen ein kleines Steak essen. Denn mehr als rund 100 Gramm Fleisch die Woche sollten wir nach der planetaren Gesundheitsdiät nicht essen.
Planetary Health Diet 2.0 – das ist neu
Die in der Planetary Health Diet 2.0 vorgestellten Lebensmittelmengen weichen nur minimal ursprünglichen Planetary Health Diet ab. Die empfohlene tägliche Energieaufnahme für Erwachsene wurde von 2.500 auf 2.400 Kilokalorien gesenkt. Wie bisher soll die Energie zu mindestens 80 Prozent aus pflanzlichen Produkten stammen.
Die wichtigsten Ergebnisse des Updates sind folgende:
- Die Umsetzung der Planetary Health Diet könnte bis zu 15 Millionen vorzeitiger Todesfälle pro Jahr verhindern.
- Lebensmittelsysteme tragen am stärksten zur Überschreitung von fünf der neun planetaren Grenzen bei.
- Lebensmittelsysteme sind derzeit für etwa 30 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen weltweit verantwortlich. Durch eine Anpassung könnten diese Emissionen um mehr als die Hälfte reduziert werden.
- Weltweit essen Menschen zu wenig Obst, Gemüse, Nüsse, Hülsenfrüchte und Vollkornprodukte und zu viel Fleisch, Milchprodukte, tierische Fette, Zucker und stark verarbeitete Lebensmittel.
- Die reichsten 30 Prozent der Menschen verursachen mehr als 70 Prozent der lebensmittelbezogenen Umweltauswirkungen.
- Wohingegen sich weniger als ein Prozent der Weltbevölkerung im Sinne der Planetary Health Diet gesund, nachhaltig und sozial gerecht ernähren kann.
Auch sechs Jahre nach der ersten Veröffentlichung der Planetary Health Diet gibt es also noch viel zu tun.
Rezeptideen für einen gesunden Planeten
Zahlreiche Rezepte lassen sich mit der Planetary Health Diet vereinbaren. Anbei haben wir dir eine kleine Auswahl zusammengestellt. Dies sind natürlich nur Beispiele (ohne Fleisch und Fisch) und kein Ernährungsplan. Wer sie ausprobieren möchte, muss weitere Mahlzeiten ergänzen, um sicherzustellen, dass er oder sie sämtliche Empfehlungen der Planetary Health Diet einhält:
- Pfifferling-Pfanne: Rezept mit buntem Gemüse
- Frühstücks-Smoothie: Leckere Rezepte für einen guten Start in den Tag
- Kürbispuffer: So bereitest du die würzigen Pumpkin Patties zu
- Kichererbsen-Salat: Ein veganes Rezept
- Apfelmuffins: Rezept mit Walnüssen
- Aloo Matar: Indisches Kartoffel-Erbsen-Curry
- Frittata: Schnelles Rezept mit Variationsmöglichkeiten (Vorsicht: Eine Portion enthält bereits die empfohlene Menge an Eiern für eine Woche.)
Es geht um ein neues Koordinatensystem
„Wir wissen, dass auf der Welt sehr unterschiedlich gegessen wird“, sagte Jessica Fanzo, eine der Studienautor:innen, im The Lancet-Podcast. „Es gibt nicht die eine Antwort, die eine Ernährung“, ergänzt ihr Kollege Tim Lang von der University of London. So sei es nicht sinnvoll, etwa die mediterrane Kost zu idealisieren oder jedem Menschen auf der Welt generell den Verzehr von Fisch zu empfehlen. Fanzo erklärt, dass es bei der Planetary Health Diet vielmehr darum gehe, einen Referenz-Speiseplan zur Verfügung zu stellen, der für jede Ernährungsform auf der ganzen Welt angepasst werden kann und soll.
Die Forscher:innen haben jedoch nicht nur unsere Essgewohnheiten im Blick, sondern auch andere Aspekte wie die Lebensmittelproduktion und -verschwendung. „Es reicht nicht, wenn die USA ihren Hamburger-Konsum reduzieren, während andere Länder gar nicht erst diese Ressourcen und Optionen haben“, sagt Fanzo. Es gehe um ein neues Koordinatensystem, das den Herausforderungen und der Komplexität des globalen Ernährungssystems gerecht wird. Dabei soll eine Win-Win-Situation entstehen: für uns und für die Umwelt.
Umsetzung der Planetary Health Diet 2.0 in Deutschland
In Deutschland deckt sich die Planetary Health Diet 2.0 mit den im März 2024 neu veröffentlichten Ernährungsempfehlungen (vorher 10 Regeln der DGE) der Deutschen Gesellschaft für Ernährung: Sie decken den Nährstoffbedarf, senken das Risiko für Erkrankungen wie Typ-2-Diabetes, reduzieren Treibhausgasemissionen um 45 Prozent und berücksichtigen den in Deutschland üblichen Lebensmittelverzehr. Prof. Dr. Britta Renner, Präsidentin der DGE, schätzt es folgendermaßen ein:
„Die PHD 2.0 liefert eine wertvolle globale Orientierung. Mit den aktuellen DGE-Empfehlungen haben wir eine für Deutschland spezifische Grundlage geschaffen, die Gesundheit und Nachhaltigkeit verbindet und auf die nationalen Begebenheiten angepasst ist“
Umwelt leidet unter unserem Fleischkonsum
Wir brauchen mehr Obst, Gemüse und Nüsse, dafür weniger Fleisch und Zucker – das betont auch die Planetary Health Diet 2.0. Denn dass unsere Umwelt unter unseren derzeitigen Essgewohnheiten und vor allem am hohen Fleischkonsum leidet, ist Fakt. Die intensive Landwirtschaft und allen voran die Viehzucht belastet Umwelt und Böden: Artenreiche Böden werden zu Ackerland und intensiv genutzt und gedüngt; Unkrautvernichtungsmittel töten Insekten und führen zu einem massiven Bienensterben; Mikroplastik etwa aus Silageplanen gelangen in die Umwelt und unsere Gewässer.
Das wirkt sich auch auf die Artenvielfalt aus: Inzwischen werden fast 60 Prozent der Säugetiere auf der Erde als Nutztiere gehalten, darunter Rinder, Schweine und Hühner. Wildlebende Säugetiere machen nur noch einen geringen Anteil aus, wie die untenstehende Grafik zeigt.
Auch wenn der Fleischkonsum in Deutschland seit wenigen Jahren leicht rückläufig ist, steigt global der Hunger nach Fleisch. Um einen intakten Planeten zu erhalten, müssen wir unsere Ernährung grundlegend ändern. Die notwendigen Veränderungen in der Landwirtschaft kannst du hier nachlesen: „Planetary Health Diet“ für alle? Das würde mit der deutschen Landwirtschaft passieren
Planetary Health Diet als App
Torben Ratzlaff und Eva Wolf haben die „Planeten-Diät“ in ihrer Freizeit in eine kostenlose App umgesetzt: Mit Planeatary (hier für Android, hier für iOS) kannst du deine Ernährung und ihren Einfluss auf den Planeten auch über längere Zeit nachvollziehen. Ein sinnvolles Projekt!
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Lebensmittelverschwendung: 10 Tipps gegen Essen im Müll
- 10 Tipps, um ein bisschen mehr vegan zu werden
- Saisonkalender: Wann wächst welches Obst und Gemüse?


















