Mit Sonnencreme schützen wir unsere Haut gegen Sonnenbrand. Aber brauchen wir auch spezielle Anti-Pollution-Kosmetik gegen Feinstaub? Wir erklären, was die Präparate bewirken – und ob sich die Anschaffung lohnt.
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Von der Anti-Pollution-Maske mit Heilerde und Seefenchel über die „Hydro Effekt Day Cream mit Anti-Pollution-Komplex“ bis hin zum Anti-Pollution-Gesichtswasser mit Aloe Vera und Pfirsichblütenextrakt – die Regale in den Drogeriemärkten sind gefüllt mit Kosmetikprodukten, die unsere Haut vor schädlichen Umwelteinflüssen (Pollution = Verschmutzung) schützen sollen.
Versucht die Kosmetikbranche nun aus überflüssigen Produkten einen neuen Goldesel zu machen – oder sollten wir die Haut tatsächlich gezielt gegen Schadstoffe wappnen? Jean Krutmann, Leiter des Leibniz-Instituts für umweltmedizinische Forschung (IUF) in Düsseldorf, gibt darauf im Gespräch mit Utopia eine eindeutige Antwort: „Es macht absolut Sinn, die Haut vor diesen Umwelteinflüssen zu schützen – und es ist nicht nur ein kosmetisches Thema.“
So schädigt Feinstaub die menschliche Haut
Das Institut erforscht seit vielen Jahren die Wirkung von verkehrsbedingtem Feinstaub auf die Haut des Menschen. Schon 2010 zeigte eine Studie mit 400 älteren Frauen aus dem ehemals stark belasteten Ruhrgebiet, dass die Probandinnen 20 Prozent mehr Pigmentflecken hatten als Frauen aus ländlichen Gebieten. Die Wirkung von Abgasen auf die Hautpigmentierung ist durch weitere Untersuchungen gesichert. Darüber hinaus gibt es laut Krutmann auch Hinweise darauf, dass durch Feinstaub mehr Falten entstehen könnten.
Der Wissenschaftler betont, dass die Studien primär in Deutschland durchgeführt worden sind. Das Thema Hautschäden durch Feinstaub sei auch bei uns hochrelevant: „Spitzenwerte hat man zwar in Asien, zum Beispiel in Neu Delhi und in einigen großen chinesischen Städten, aber es ist ein globales Problem.“
Die schnellere Hautalterung ist die kosmetische Seite des Problems. „Dann gibt es aber noch die medizinische Seite“, betont Krutmann. „Hier gibt es klare Hinweise darauf, dass Feinstaub das atopische Ekzem verschlechtert – also Neurodermitis. Es werden auch Zusammenhänge mit einer Reihe anderer Hautkrankheiten diskutiert.“
Schutz vor umweltbedingten Hautschäden ist also mehr als eine Frage der Eitelkeit. Laut dem Forscher sind Kinder und ältere Menschen besonders anfällig: „Bei ihnen sieht man, dass die Ekzeme schlechter verlaufen und stärker ausgeprägt sind.“
Anti-Pollution-Kosmetik: Was man bei der Anwendung beachten sollte
Jean Krutmann sagt daher ganz klar: „Es ist wissenschaftlich sinnvoll, Anti-Pollution-Produkte zu haben – aus den beiden genannten Gründen.“ Bisher sei es bei der Tagespflege wichtig gewesen, auf den UV-Filter zu achten – heute sei es auch ratsam, dass sie einen Pollution-Schutz enthält. Das wäre laut dem Forscher eine spezifische Schutzmaßnahme gegen Feinstaub.
„Die unspezifische Methode wäre, regelmäßig die Haut zu reinigen und zu pflegen – wobei man es aber nicht übertreiben sollte.“ Ob mit oder ohne Anti-Pollution: Man sollte sich stets auf eine milde Reinigung konzentrieren und keine mechanischen Methoden verwenden (wie sie etwa von Kosmetikern angeboten werden). Für die tägliche Pflegeroutine empfiehlt der Umweltmediziner, Anti-Pollution-Produkte morgens zu verwenden. Abends sollte sich die Haut dann eher regenerieren.
So wirkt Anti-Pollution-Kosmetik gegen Umweltschäden
Aber wie genau können Anti-Pollution-Kosmetika die Haut schützen? Die Hersteller bedienen sich dafür drei verschiedener Wirkungsprinzipien.
1. Eine Schutzschicht auf der Haut
Viele Anti-Pollution-Produkte zielen darauf ab, sich wie ein Schutzschild auf die Haut zu legen, um ihre natürliche, physikalische Barriere gegen Umweltschadstoffe zu verstärken. „Alles, was die Hautbarriere besser macht, ist eine gute Idee“, urteilt Krutmann darüber.
Ectoin sei beispielsweise sehr gut geeignet, um die Zellmembran zu stabilisieren. Dieser Wirkstoff wird von Bakterien gebildet, die sich vor extremen Umweltbedingungen wie hohen Temperaturen und starker UV-Strahlung schützen müssen. Öko-Test** nennt als weitere schützende Wirkstoffe Fette und Öle wie Reis-, Kokosnuss-, Argan- und Abyssinianöl, Polysaccharide und Hyaluronsäure.
2. Die molekulare Methode
Der zweite Ansatz geht tiefer unter die Haut: Hierbei sollen kosmetische Stoffe gezielt an den sogenannten Aryl-Hydrocarbon-Rezeptoren (Ah-Rezeptoren) in den Hautzellen andocken. Der Hintergrund: Wenn Umweltschadstoffe daran andocken, führt dies zur Bildung von freien Radikalen – aggressiven Sauerstoffmolekülen, welche wiederum die zellulären Strukturen schädigen.
Ein effektives Gegenmittel sind unter anderem nachweislich Antioxidantien, die direkt an der Haut wirken. „Bewährt haben sich dabei zum Beispiel Vitamin C und Vitamin E“, sagt Krutmann. Wichtig sei die richtige Technologie, mit der das Vitamin so formuliert ist, dass es noch aktiv ist. Öko-Test zählt auch Vitamin A, das Coenzym Q, Grüntee, Braunalgen, Matcha und Moringa zu den antioxidativen Inhaltsstoffen – und es kommen noch etliche, teils recht exklusive Zutaten zum Einsatz, die Antioxidantien enthalten. Meist ist die Konzentration solcher Antioxidantien in Antipollution-Präparaten recht hoch.
3. Detox für porentiefe Reinigung
Eine weitere Herangehensweise, um Schadstoffen den Kampf anzusagen: sogenannte Detox-Produkte. Hierbei sollen Inhaltsstoffe wie Aktivkohle, Moor, schwarzer Schlamm oder Heilerde die Schadstoffe aufsaugen und die Haut porentrief reinigen, um den Umweltschmutz abzuwaschen. In der Regel werden zusätzlich Antioxidantien eingesetzt.
Krutmann hat die Wirkung solcher Detox-Produkte selbst nie untersucht. Doch er warnt grundsätzlich davor, es mit der Reinigung zu übertreiben: Zu aggressive und zu häufige Reinigung schädigt die Hautbarriere und macht die Haut so erst recht durchlässig für Schadstoffe.
Forscher arbeiten an einer Norm wie dem Lichtschutzfaktor
Das wohl größte Problem, das Anti-Pollution-Kosmetik momentan noch hat: Für die Verbraucher ist es schwierig, die Wirksamkeit von Produkten zu vergleichen – es fehlt an Transparenz und damit letztlich an Glaubwürdigkeit. Dafür bräuchte es eine verlässliche Kennzeichnung wie den Lichtschutzfaktor (LSF) auf Sonnenschutz-Produkten, der für die gesamte Branche anerkannt ist – und dessen Etablierung dauerte damals viele Jahre.
Laut einem Bericht im Spiegel ist ein unabhängiges Forschungslabor auf Mauritius (CIPD) nun dabei, eine ähnliche Norm für Anti-Pollution-Effekte zu entwickeln. Und Krutmann zufolge arbeitet auch die Deutsche Gesellschaft für Dermopharmazie daran. Krutmann schätzt: „In 1-2 Jahren könnte ein erster Entwurf kommen, aber es wird noch dauern, bis er allgemeine Akzeptanz findet.“
Aktueller Forschungsstand und offene Fragen
Auch sind noch viele andere Fragen offen. Das Leibniz-Institut für umweltmedizinische Forschung versucht derzeit unter anderem herauszufinden, ob es bestimmte Merkmale gibt, die darüber entscheiden, warum manche Menschen empfindlicher gegenüber Luftverschmutzungen sind als andere. Die Frauen im Ruhrgebiet werden regelmäßig weiter nachuntersucht.
Vor allem aber gibt es bislang noch keine großangelegte Studie zur vergleichenden Wirkung verschiedener Anti-Pollution-Präparate. Krutmann betont, dass es nicht auf eine einzelne Substanz ankommt, sondern dass die Wirksamkeit des Produkts in seiner Gesamtheit belegt sein muss – und es sollte an Menschen getestet worden sein. Solche guten Produkte gebe es bereits auf dem Markt. Er rät Verbrauchern, die sich unsicher sind, direkt bei den Herstellern nachzufragen, welche Inhaltsstoffe sie verwenden und wie die Wirksamkeit der Produkte nachgewiesen ist.
Wenn Anti-Pollution, dann Naturkosmetik – empfehlenswerte Produkte
Utopia empfiehlt außerdem, zertifizierte Naturkosmetik-Produkte zu verwenden. Denn konventionelle Gesichtspflege kann problematische Inhaltsstoffe enthalten – etwa kritische Konservierungsmittel, bedenkliche Duftstoffe, Mineralölverbindungen oder Mikroplastik. Gerade wenn auf tiefenreinigenden Detox-Effekt gesetzt wird, ist diesen Substanzen damit Tür und Tor geöffnet – was im Sinne des Schutzes der Haut natürlich kontraproduktiv wäre.
Auch wenn manche Hersteller nicht explizit „Anti-Pollution“ auf die Verpackung schreiben, enthalten viele Produkte entsprechende Wirkstoffe. In jedem Fall lohnt sich ein genauer Blick auf die Beschreibung und die Inhaltsstoffe.
Hier eine Auswahl von derzeit erhältlichen Anti-Pollution-Produkten von zertifizierten Naturkosmetik-Herstellern:
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i+m Naturkosmetik baut für seine „Age Protect“-Gesichtspflegeserie mit Reinigungsöl, Gesichtswasser, Serum Repair, nährender Creme und Augencreme auf einen Anti-Pollution-Komplex.
- Kaufen: Die Age-Protect-Produkte von i+m findest du u.a. auf Ecco Verde oder Amazon.
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Dr. Scheller bietet ein „Anti-Pollution Reinigungsgel“ und ein „Anti-Pollution Gesichtswasser an“ – und empfiehlt als Pflegeergänzung eine Anti-Falten-Creme.
- Kaufen: Die Anti-Pollution-Produkte von Dr. Scheller findest du u.a. auf Ecco Verde oder Amazon.
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Cosnature stellt als Abwehr- und Regenerationspflege gegen schädliche Umwelteinflüsse die „cosnature Detox“-Pflegeserie vor, bestehend aus „Detox Tagescreme“ und „Detox Nachtcreme“.
- Kaufen: Die Pollution-Produkte von Cosnature findest du u.a. bei Amazon**
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