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Moringa: Welche Wirkung hat das angebliche Wundermittel in Pulver-, Öl- und Kapselform?

Moringa gibt es vor allem als Pulver zu kaufen.
Foto: © Luis Echeverri Urrea - Fotolia.com

Moringa gilt als „Wunderbaum“ – laut ayurvedischer Heilkunst kann das Pulver und Öl aus den Blättern, Wurzeln und Samen bei hunderten Leiden helfen. Utopia zeigt, welche Wirkung Moringa hat und was du über die Pflanze wissen solltest.

Moringa oleifera wird auch als Baum des Lebens bezeichnet und gilt als Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten und Beschwerden. Die Moringa-Früchte und -Blätter sollen sehr nahrhaft sein und unzählige wichtige Mineralstoffe in hoher Konzentration enthalten. Auch essenzielle Aminosäuren und viele weitere Vitalstoffe soll die Pflanze liefern.

Der Moringa-Baum selbst ist anspruchslos, leicht zu kultivieren, braucht wenig Wasser und wächst extrem schnell. Klingt nach einer perfekten Pflanze, die die Lösung für viele Probleme zu sein scheint. Aber ist das auch wirklich so? Wir haben nachgeforscht.

Moringa in der ayuverdischen Heilkunst

Die Moringa oleifera stammt ursprünglich aus der Himalaya-Region im nordwestlichen Indien und verbreitete sich von dort über ganz Indien. Mittlerweile wird die Art auch in Afrika, Südostasien und einigen arabischen Ländern angebaut und genutzt. Alle Teile des Baumes sind verwendbar: Die Früchte eignen sich als Gemüse zum Kochen, die Blätter als Moringa-Tee oder getrocknet als Pulver für Shakes und Smoothies.

In den Herkunftsländern verwendet man die frischen Blätter, Früchte, Samen und Sukkulenten (knollenartige Wurzeln), in Europa nutzt man vorwiegend Pulver aus den getrockneten Blättern.

Den deutschen Namen Meerrettichbaum hat die Moringa von den Senfölen in den Sukkulenten. Diese riechen ähnlich scharf wie frischer Meerrettich. Moringa findet auch in Kosmetik und als Arznei, vor allem in der ayurvedischen Heilkunst, Verwendung. Dort ist die Wirkung von Moringa gegen

  • Kopfschmerzen,
  • Blähungen,
  • Schnittwunden und
  • Entzündungen

seit Jahrtausenden bekannt.

Die Wirkung von Moringa: Wissenschaftlich belegt ist wenig

Wunderbaum - Moringa-Samen
Die wundersamen wasserreinigenden Samen des Wunderbaums. (Foto: © Forest Starr & Kim Starr)

Moringa gilt als eines der nährstoffreichsten Gewächse der Erde. Neben antioxidantischer Wirkung und damit Schutz vor freien Radikalen soll Moringa das Immunsystem stärken sowie die Durchblutung und den Stoffwechsel anregen.

Die Nährstoffe der Pflanze auf einen Blick:

Die Wirkung der Wunderfrucht ist nach der ayurvedischen Heilslehre beinahe unendlich. Blätter, Wurzeln, Früchte und Samen sollen frisch, als Pulver oder als Tee wirksam sein. Die in der Pflanze enthaltenen Antioxidantien beugen angeblich Krebs vor und beschleunigen die Zellerneuerung.

Das Hormon Zeatin, dessen hohe Konzentration in der Pflanze für das schnelle Wachstum des Meerrettichbaums sorgt, erleichtert die Aufnahme der wertvollen Inhaltsstoffe. Andere sekundäre Pflanzenstoffe, vor allem in den Blättern, sollen Blutdruck und Cholesterinspiegel senken und gegen Diabetes, Typ II, helfen. Außerdem dienen sie als Aphrodisiakum. Sie wirken bei Hormonschwankungen, sind entzündungshemmend und regen Verdauung sowie Stoffwechsel an.

Die Aufzeichnungen zur Wirkungsweise reichen in Indien bis in die Antike zurück – wissenschaftlich eindeutig bewiesen sind die Wirkungen jedoch nicht. Zwar gibt es Studien, doch die Versuche fanden meist im Reagenzglas, an Mäusen oder Ratten statt. Wurde die Wirkung von Moringa an Menschen beobachtet, waren die Stichproben zu klein.

Auch die Verbraucherzentrale schreibt: „Fundierte wissenschaftliche Studien am Menschen, die einen besonderen gesundheitlichen Nutzen von Extrakten des Moringa-Baumes belegen, gibt es nicht.“ Das macht den Meerrettichbaum nicht ungesund, nur Wunder solltest du dir von Moringa-Pulver oder -Kapseln nicht erwarten.

Inhaltsstoffe in Moringa-Pulver: Du solltest besser genau hinsehen

Moringa ist in Europa nur in Pulverform zu kaufen. Weil durch die Trocknung und das Zermahlen der Blätter auch der Nährstoffgehalt entscheidend beeinflusst wird, sehen wir uns nur die Werte für das Pulver an. Im Internet kursieren Angaben wie 17-mal so viel Kalzium wie Kuhmilch, dreimal so viel Kalium wie eine Banane, neunmal so viel Eisen wie Rindfleisch, mehr Vitamin C als Orangen, mehr Proteine als ein Ei und noch einiges mehr.

Moringa-Pulver
Bei uns bekommt man Moringa nur in Pulverform. (Foto: © Pixabay / gesundesleben)

Das hört sich toll an, doch die Superkraft von Moringa verringert sich, wenn man genauer hinsieht. Verglichen werden dabei nämlich frische Produkte mit Moringa-Pulver, dem das Wasser entzogen wurde, wodurch die Nährstoffe höher konzentriert sind. Die Pflanze enthält all diese Nährstoffe – und das in großen Mengen. Jedoch nimmt kein Mensch täglich so viel Moringa auf, dass sich diese Wirkung völlig entfalten könnte.

100 Gramm Orangen oder Karotten für Vitamin A oder Nüsse für den Omega-3-Haushalt sind realistischer und kompensieren so den höheren Nährstoffgehalt von Moringa – einfach, weil mehr davon gegessen werden kann. Tatsache ist also, dass Moringa zumindest in unseren Breitengraden nicht das perfekte Superfood ist. Aber Tatsache ist auch, dass die Blätter des Wunderbaums sehr nährstoffreich sind.

Welche Nährstoffe stecken in der Moringa?

Wie hoch der Nährstoffgehalt von Moringa-Pulver tatsächlich ist, hängt immer vom Trocknungsprozess, der Lagerung und den Bodenverhältnissen beim Anbau ab. Wir können also nur ungefähre Richtwerte geben, ein Blick auf die Packung oder die Informationsseite des Onlineshops liefert genauere Daten über das jeweilige Produkt.

Aber auch die ungefähren Werte sind durchaus interessant: Pro 100 g liefert Moringa-Pulver zum Beispiel rund 27 g Eiweiß, 2003 mg Kalzium, 28 mg Eisen, 870 mg Schwefel, 1324 mg Kalium, 16,3 mg Vitamin A, 20,5 mg Vitamin B2, 17 mg Vitamin C und 113 mg Vitamin E.

Dazu kommen jede Menge an 18 (von 20) verschiedenen essenziellen Aminosäuren. Als Nährstoffquelle ist Moringa also durchaus gesund, auch wenn in der empfohlenen Tagesdosis von 10 g nur ein Zehntel der angegebenen Nährstoffe steckt.

Das vielseitige Moringa-Öl

Aus den Samen des Wunderbaums wird auch Öl gewonnen. Dieses Öl wurde anfangs, und teilweise auch heute noch, als Schmiermittel für Uhren und andere feinmechanische Gegenstände verwendet. Heute ist es allerdings eher als Speiseöl und ganz besonders in der Kosmetikindustrie beliebt. Die essenziellen Aminosäuren, Vitamine und Mineralstoffe sowie die sekundären Pflanzenstoffe sollen die Wundheilung beschleunigen, hautstraffend und verjüngend wirken. Deshalb wird das Öl gerne in Cremes oder Salben gemischt.

Das Öl hat aber noch einen anderen Verwendungszweck: Da die Meerrettichbäume extrem schnell wachsen, wird das Öl aus den Samen gemeinsam mit den Blättern zu einem hochwertigen Biodiesel verarbeitet.

Nachhaltig: nur als Bio-Produkt kaufen

Zu kaufen gibt es Moringa in Deutschland nur in Pulverform, dafür aber in Naturkostläden, Reformhäuser, Asia-Shops, Apotheken und natürlich über diverse Onlineshops. Verkauft werden entweder Dosen mit losem Pulver oder Kapseln, die das Pulver enthalten.

Die getrockneten, geriebenen Blätter können entweder pur, in verschiedenen Speisen oder mit Wasser übergossen als Tee genossen werden. Das Pulver ist relativ teuer, 100 Gramm kosten zwischen 15 und 30 Euro, in Kapseln eventuell auch mehr.

Beim Kauf solltest du unbedingt darauf achten, zu Bio-Produkten zu greifen. Damit ist nicht nur die Qualität höher, auch der ökologische Fußabdruck ist weitaus geringer. Die hierzulande erhältliche Moringa hat nämlich meist eine lange Reise aus Asien, Afrika oder Südamerika hinter sich. Europäische Bio-Produkte aus Teneriffa bietet zum Beispiel der Versandhändler Moringagarden. Achtung bei Kapseln: Sie können Gelatine enthalten und sind dann nicht mehr vegan.

Immer wieder machen Moringa-Produkte auch negative Schlagzeilen und sorgen für Produktrückrufe. Grund für die Rückrufe sind meist zu hohe Mengen an Pestizid-Rückständen, darunter 2021 wiederholt auch das in der EU verbotene krebserregende Ethylenoxid.

Regionale Alternativen zu Moringa

Regionale Alternativen zu Moringa gibt es in dieser Nährstoffe-Kompaktheit zwar keine, doch durch die Kombination verschiedener heimischer Früchte und Pflanzen lässt sich die Wirkung von Moringa durchaus kompensieren. So enthält beispielsweise Löwenzahn, Sauerampfer oder Petersilie viel Vitamin C, welche sich wunderbar in einen grünen Smoothie mixen lassen. Auch Kürbiskerne, Haselnüsse, Wirsing oder Sonnenblumenkerne decken einiges des täglichen Vitamin E Bedarfes. Rohkakao beinhaltet Eisen, Magnesium und Kalium, Haferflocken und Wildkräuter enthalten viel Zink. Leinsamen enthalten ebenfalls viel Eiweiß und Calcium.

Da Moringa sehr pflegeleicht ist und fast überall wächst, kannst du natürlich auch deinen eigenen Moringabaum pflanzen. Doch Achtung vor der beachtlichen Höhe, die ein Moringabaum annehmen kann.

Moringa oleifera (Meerrettichbaum) selber pflanzen

Moringa
Die Moringa-Blätter. (Foto: CC0 / Pixabay / Iskandar63)

Der Moringa-Baum heißt bei uns auch MeerrettichbaumMoringa oleifera gehört zur Pflanzenfamilie der Bennussgewächse (Moringaceae). Diese umfasst nur eine einzige Gattung mit 13 Arten, die weltweit im tropischen und subtropischen Raum wachsen. Es handelt sich um Zier- oder Nutzpflanzen, von Bedeutung sind im Prinzip nur drei Arten:

  • Moringa stenopetala, ein bis zu zehn Meter hoher sukkulenter Baum, der hauptsächlich in Kenia und Äthiopien heimisch ist;
  • Moringa hildebrandtii, ein Baum, der aus dem Südwesten Madagaskars stammt, dort angebaut wird und bis zu 25 Meter hoch werden kann;
  • Moringa oleifera, die Art, die hierzulande vereinfacht Moringa genannt wird (deswegen halten wir das in diesem Artikel auch so).

Der Wunderbaum: anspruchslos und schnellwachsend

Die Moringa-Pflanze liebt Verhältnisse, wie sie besonders in den Subtropen vorkommen. Warm, nicht zu hohe Luftfeuchtigkeit, sandige, wasserdurchlässige Böden und nur wenig Regen – das ist das ideale Klima. Unter diesen Bedingungen wächst der Meerrettichbaum bis zu 30 Zentimeter im Monat und kann schon nach einem Jahr bis zu acht Meter Höhe erreichen. Aber auch mit kühleren Temperaturen, bis zu 1500 Höhenmetern und feuchterer Luft kommt der Wunderbaum zurecht, er wächst dann einfach langsamer.

Das extreme Wachstum und die Anspruchslosigkeit machen die Pflanze zum perfekten Mittel für die Bekämpfung von Hunger in den Herkunftsländern. So gibt es etwa in Kenia, Uganda, Peru sowie in weiteren Ländern in Afrika und Südamerika zahlreiche Projekte, die durch den Anbau des Meerrettichbaums die Mangelernährung bekämpfen. So will man einerseits die mangelhafte Ernährung der dortigen Bevölkerung beheben. Andererseits soll durch den Export des Moringa-Pulvers auch die Armut beseitigt werden.

Sauberes Trinkwasser dank Moringa-Samen

In den Herkunftsländern kann der Wunderbaum tatsächlich noch ein anderes Wunder bewirken: Wasser, speziell Trinkwasser, ist dort ein rares, und damit sehr wertvolles Gut. Oft ist das Wasser verschmutzt mit Keimen und Schwebstoffen, die Krankheiten verursachen.

In Laborversuchen stellte sich heraus, dass Moringa-Samen besondere Fähigkeiten haben: Sie können Schwebstoffe und Keime aus dem Wasser filtern und so bei der Aufbereitung von genießbarem Trinkwasser helfen. Dies funktioniert natürlich, ohne Strom und aufwendige Anlagen. Die Universität Stuttgart forschte bereits vor 20 Jahren an dieser erstaunlichen Eigenschaft der Samen und fand heraus, dass die entkeimende Wirkung umso höher ist, je trüber das Wasser ist. Das macht die Moringa-Projekte in Afrika noch interessanter.

Utopia-Fazit: ein wahrer Wunderbaum oder doch nicht?

Der Meerrettichbaum verdient mit seinem hohen Nährstoffgehalt, dem einfachen Anbau mit geringem Wasserbedarf und dem schnellen Wachstum definitiv den Titel Superfood. Medizinische Wirkungen werden zwar überliefert, sind aber bisher nicht bewiesen – gesund ist die Pflanze trotzdem. In ihren Herkunftsländern kann der Wunderbaum bei der Trinkwasseraufbereitung helfen, die Mangelernährung und (durch Exporte) die Armut bekämpfen.

Für uns Europäer:innen hat Moringa allerdings ein paar Schönheitsfehler. Zum einen ist die Pflanze hier nur in Pulverform erhältlich, jedoch keine frischen Bestandteile. Zum anderen trüben lange Transportwege der Tropenpflanze die Ökobilanz und konventionelle Produkte sind nicht ganz so gehaltvoll. Zudem lassen sich für alle Nährstoffe heimische Alternativen finden, die frischer und oft auch nährstoffreicher sind als Moringa-Pulver.

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