Die EU könnte die Zulassung von Glyphosat um weitere zehn Jahre verlängern. Doch die Debatte über die Risiken des Pestizids ist noch nicht beendet. Es geht nicht nur um unsere Gesundheit, sondern auch um das enorme Zerstörungspotenzial von Roundup & Co.
+++UPDATE+++ Zulassung verlängert: Bei einer zweiten Abstimmung von Vertreter:innen der EU-Staaten gab es – nachdem bereits im Oktober keine Einigung erzielt wurde – am 16. November 2023 keine qualifizierte Mehrheit dafür oder dagegen, dass das umstrittene Mittel weitere zehn Jahre lang eingesetzt werden darf. Die EU-Kommission hatte im September einen entsprechenden Vorschlag veröffentlicht. Aufgrund der fehlenden Einigung durfte die EU-Kommission selbst entscheiden – und kündigte eine Neuzulassung von Glyphosat für weitere zehn Jahre an +++
Das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat wird seit Jahren kontrovers diskutiert: Während viele Wissenschaftler:innen und Umweltschutzorganisationen davon überzeugt sind, dass der Stoff gefährlich ist und sich für ein Verbot stark machen, sind staatliche und internationale Institutionen zurückhaltender. Was hinter der Debatte steckt und wie bedenklich Glyphosat wirklich ist, erfährst du hier.
- Was ist Glyphosat?
- Was ist das Problem mit Glyphosat?
- Roundup: Die Wunderwaffe von Monsanto
- Glyphosat und unsere Gesundheit
- Wird Glyphosat verboten?
Was ist Glyphosat und wie wird es eingesetzt?
Glyphosat ist ein Unkrautvernichtungsmittel – und das am häufigsten eingesetzte Pestizid weltweit. Bei Glyphosat handelt es sich um ein sogenanntes Breitbandherbizid; es hat ein so breites Spektrum wie kaum ein anderes Pflanzenvernichtungsmittel. Es wirkt auf fast jede Grünpflanze – es sei denn, sie wurde gentechnisch so verändert, dass sie gegen das Herbizid resistent ist (s. unten). Der Wirkstoff wird von den Pflanzen über grüne Bestandteile wie die Blätter aufgenommen, verteilt sich dann in alle Teile der Pflanze und blockiert ein Enzym, das die Pflanze zur Herstellung lebenswichtiger Aminosäuren benötigt. Durch das Blockieren dieses Stoffwechselprozesses stirbt die gesamte Pflanze ab.
Nach Angaben der Glyphosate Renewal Group – eines Zusammenschlusses von Unternehmen, die das Mittel vertreiben – macht Glyphosat rund 25 Prozent des weltweiten Herbizidmarktes aus. Laut Bundeslandwirtschaftsministerium wurden in Deutschland im Jahr 2021 knapp 4100 Tonnen abgesetzt.
Der Wirkstoff, der zur Gruppe der Phosphonate zählt, ist der wichtigste Bestandteil zahlreicher Herbizid-Produkte, sowohl für den Gebrauch in der Landwirtschaft als auch im Gartenbau. Nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) findet Glyphosat in Europa zu etwa 40 Prozent im Obst-, Gemüse- und Weinbau Anwendung, gefolgt von Getreidebau (etwa 20 Prozent).
Der weitaus überwiegende Teil entfällt auch in Deutschland auf die Landwirtschaft. Nach Angaben des Deutschen Bauernverbandes kommt Glyphosat auf rund 37 Prozent der Ackerflächen zum Einsatz. Damit sollen die Felder vor oder kurz nach der Aussaat und nach der Ernte unkrautfrei gehalten werden. Während der Wachstumszeit der Nutzpflanzen kommt Glyphosat nicht zum Einsatz, da auch diese sonst absterben würden.
Zulassung von Glyphosat in Deutschland und Europa
- Der Wirkstoff Glyphosat wurde 2001 per qualifizierter mehrheitlicher Zustimmung der EU-Mitgliedstaaten zugelassen.
- 2017 verlängerte die Europäische Union die Zulassung von Glyphosat um weitere fünf Jahre.
- Ende 2022 wurde die Nutzung innerhalb der EU erneut für ein weiteres Jahr bis Ende 2023 genehmigt. Eigentlich wäre die Zulassung für Glyphosat in der EU ausgelaufen. Doch die EU-Kommission brauchte nach eigener Aussage mehr Zeit, um die Sicherheit des Mittels rechtssicher einschätzen zu können. Dann soll eine langfristige Entscheidung bezüglich Glyphosat getroffen werden.
- Im Oktober 2023 wird die erneute Zulassung für weitere zehn Jahre diskutiert. Die EU-Kommission will den Einsatz weiter erlauben, doch die Mitgliedsstaaten können sich nicht einigen.
- Im Berufungsausschuss im November 2023 gibt es erneut keine gemeinsame Position der EU-Staaten für oder wider der Neuzulassung. Die EU-Kommission darf daher im Alleingang entscheiden und kündigt an: Glyphosat soll bis 2033 erlaubt bleiben – mit gewissen Einschränkungen.
Und was ist Roundup?
Der US-amerikanische Saatgut- und Herbizid-Konzern Monsanto (gehört heute zu Bayer) ließ sich Glyphosat als Pflanzenvernichtungsmittel Anfang der 1970er Jahre patentieren. 1974 kam es unter dem Markennamen „Roundup“ auf den Markt.
Zunächst kam es zur Behandlung der Felder vor der Aussaat zum Einsatz, in Deutschland ist das noch immer so. In den 1990er Jahren wurden gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen, die gegen das Herbizid resistent sind („Roundup Ready Crops“). So können Landwirt:innen Roundup auch während der Wachstumsperiode anwenden, um alle unerwünschten Pflanzen von ihren Feldern zu entfernen. Zu den genetisch veränderten Pflanzen gehören etwa Soja, Mais, Raps und Baumwolle.
Was ist das Problem mit Glyphosat?
Der Unkrautvernichter steht seit längerem in der Kritik, denn er birgt mehrere potenzielle Probleme und Risiken für die Umwelt, die Tierwelt und für den Menschen.
Glyphosat schadet der Artenvielfalt
Glyphosathaltige Herbizide wie Monsantos Roundup töten so gut wie alle Pflanzen, mit denen sie in Berührung kommen. So verschwinden nicht nur im Ackerbau unerwünschte Beikräuter, sondern auch wertvolle Wildpflanzen. Weniger Wildpflanzen bedeuten weniger Lebensraum und Nahrung für Insekten und andere Kleintiere. Weniger Insekten wiederum bedeuten weniger Nahrung für Vögel. So führt der Einsatz von Glyphosat mittelfristig dazu, dass die biologische Vielfalt schwindet.
In den vergangenen Jahren haben Untersuchungen wiederholt Hinweise darauf ergeben, wie Glyphosat auf Honigbienen wirkt, etwa auf ihre kognitiven Fähigkeiten oder ihr Immunsystem. Eine Studie der Universität Konstanz kommt zu dem Schluss, dass Glyphosat die Lernfähigkeit von Hummeln beeinträchtigt, was ihre Fortpflanzungs- und Überlebenschancen verringere.
Das schadet letztlich auch der Landwirtschaft selbst, denn deren Erträge hängen maßgeblich von bestäubenden Insekten ab. Und das Herbizid findet sich letztlich in der gesamten Nahrungskette – bis hin zu Säugetieren.
Resistente Unkräuter durch Glyphosat
Je mehr und je großflächiger glyphosathaltige Pestizide eingesetzt werden, desto größer ist das Risiko, dass die Pflanzen, die damit eigentlich vernichtet werden sollen, resistent gegen den Wirkstoff werden.
Laut LfL zählt Glyphosat „zu den am stärksten von einer Resistenzentwicklung bei verschiedensten Unkräuter, in unterschiedlichen Kulturen und Anbausystemen betroffenen Herbiziden“. Das Problem betreffe auch Länder, die keine Roundup-Ready-Kulturen anbauen, sondern „nur“ regelmäßig Glyphosat in Dauerkulturen anwende.
Wenn Glyphosat irgendwann nicht mehr die erwünschte Wirkung hat, müssen die Landwirt:innen entweder auf andere, womöglich noch weniger erforschte Pestizide ausweichen oder die Beikräuter doch wieder mit traditionellen Verfahren behandeln.
Bislang ist wenig über Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Herbiziden bekannt. Es könnten durch die Kombination verschiedener Pestizide aber „Superunkräuter“ entstehen, die gegen verschiedene Herbizide resistent sind.
Pestizide breiten sich aus
Auch wenn Glyphosat nur auf einem bestimmten Feld ausgebracht wird, lässt sich kaum vermeiden, dass Spuren auch auf benachbarte Äcker gelangen. Je nach Spritzmethode und Wind können so angrenzende Felder massiv belastet werden.
Glyphosat lässt sich weder abwaschen, noch wird es in den Pflanzen in nennenswertem Umfang abgebaut. Wenn die Substanz mit Pflanzenmaterial in den Boden gelangt, erhöht sich logischerweise ihre Menge im Boden und es wird „die Abbauleistung reduziert“, schreibt die LfL. Glyphosat wird demnach „außergewöhnlich stark an Bodenmineralien gebunden – es reichert sich im Boden an und kann durch Verwehungen oder Auswaschungen auch in Gewässer gelangen.
Glyphosat gelangt in Gewässer
Das Herbizid und seine Abbauprodukte werden bei Probeentnahmen regelmäßig in Oberflächengewässern und im Grundwasser weltweit nachgewiesen. Allerdings liegen die Konzentrationen in den meisten Fällen unter den erlaubten Grenzwerten. Gelangt Glyphosat in Bäche, Flüsse oder das Grundwasser, gefährdet das Mittel laut BUND Wasserlebewesen. Vor allem Amphibien entwickeln sich nicht richtig. Mehrere Studien gehen von erheblichen Schädigungen für verschiedenste Wasserlebewesen durch Glyphosat(abbaubprodukte) im Wasser aus – von Verhaltensänderungen bis hin zu Zellveränderungen und reproduktiven Einschränkungen.
Laut Gesetz darf Glyphosat eigentlich nicht ins Wasser gelangen, dies müsse bei der Anwendung sichergestellt werden. Eine Metastudie kam aber 2021 zum Schluss, dass viele Länder weltweit ihre Gewässer und die Lebewesen darin nicht ausreichend vor Eintragungen schütze.
Roundup: Die Wunderwaffe von Monsanto
Roundup, der Glyphosat-basierte Bestseller das Saatgut-Konzerns Monsanto (seit 2018 kein eigenständiges Unternehmen mehr, sondern ein Teil von Bayer), ist das weltweit meistverkaufte Unkrautvernichtungsmittel. Es wird in großem Stil in der Landwirtschaft angewendet, zum Beispiel beim Anbau von Raps, Mais, vielen verschiedenen Getreidesorten, Soja und Baumwolle, aber auch im Gartenbau und der Landschaftspflege.
Parallel zur „klassischen“ Unkrautbekämpfung mittels Roundup macht der Hersteller gute Geschäfte mit dem Verkauf von gentechnisch verändertem Saatgut in Kombination mit Roundup. Die sogenannten „Roundup Ready Crops“ sind resistent gegen Glyphosat. Damit ist die Anwendung von Roundup auch während der Wachstumsperiode der Pflanzen möglich – alles außer den extra gezüchteten Pflanzen wird vernichtet. Das befördert Monokulturen und gefährdet die Artenvielfalt in besonderem Maße.
Roundup beschert also doppelt Profit: mit dem Herbizid als solches und mit dem Roundup-resistenten Saatgut. Das treibt Landwirt:innen auf der ganzen Welt in die Abhängigkeit: Wenn sie Roundup verwenden oder einmal damit begonnen haben, Roundup Ready Crops zu anzubauen, sind sie quasi gezwungen, das genveränderte Saatgut immer wieder neu zu kaufen – denn die genveränderten Pflanzen produzieren keine keimfähigen Samen. Aufgrund von versehentlichen Resistenzen von Unkräutern kommt es vor, dass Anwender:innen die Herbizidmengen immer weiter erhöhen müssen, während ihre Erträge sinken – gerade in Entwicklungsländern kann das zur Verschuldung von Landwirt:innen führen.
Glyphosat und unsere Gesundheit
Gelangt Glyphosat in den menschlichen Körper?
Ja. Verschiedene Studien konnten Rückstände des Herbizids im menschlichen Körper feststellen – und zwar sowohl bei Menschen, die dem Stoff beruflich ausgesetzt sind als auch bei eigentlich „Unbeteiligten“.
Immer wieder ist von Glyphosat-Rückständen im menschlichen Urin die Rede. Bei einer Stichproben-Untersuchung fand der BUND 2013 bei etwa die Hälfte der städtischen Bevölkerung aus insgesamt 18 EU-Staaten Rückstände von Glyphosatreste im Urin. Eine weitere Untersuchung der Heinrich Böll Stiftung fand 2016 bei rund 75 Prozent der rund 2.000 Proband:innen eine Glyphosat-Belastung von mindestens 0,5 Nanogramm pro Milliliter im Urin (Grenzwert für Trinkwasser: 0,1 ng/ml). Insgesamt konnte die Studie bei so gut wie allen untersuchten Personen Rückstände nachweisen. In einer Langzeitstudie konnte das Umweltbundesamt (UBA) nachweisen, dass die Belastung mit Glyphosat zwischen 2000 und 2015 deutlich gestiegen ist.
Auch in verschiedenen Produkten, mit denen wir regelmäßig in Berührung kommen, werden immer wieder Rückstände von Glyphosat gefunden: Zum Beispiel in Brot und Brötchen, in Haferflocken, in Bier und sogar in Damenhygieneprodukten. Über Futtermittel kann Glyphosat auch in Fleisch gelangen, erklärt die Verbraucherzentrale Hamburg.
All das spricht zwar dafür, dass große Bevölkerungsteile auf die eine oder andere Weise dem Pestizid regelmäßig ausgesetzt sind, macht aber noch keine Aussagen über mögliche gesundheitliche Folgen.
Ist Glyphosat krebserregend?
Glyphosat steht seit Jahren unter dem Verdacht, Krebs auslösen zu können. In Laborversuchen wirkte der Stoff genotoxisch, d.h. er hemmte Funktionen der Zellen und begünstigte Mutationen. In Gegenden mit hohem Glyphosateinsatz wurden in der Vergangenheit hohe Krebsraten beobachtet. Epidemiologische Studien aus Kanada, den USA und Schweden weisen darauf hin, dass Menschen, die Glyphosat ausgesetzt sind, ein höheres Risiko haben, an Lymphdrüsenkrebs (Non-Hodgkin-Lymphomen) zu erkranken.
Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC) der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat das Pestizid im März 2015 offiziell als „wahrscheinlich krebserregend beim Menschen“ eingestuft. Damit steht Glyphosat auf der zweithöchsten Gefahrenstufe (2A); das bedeutet, dass eine Krebsgefahr grundsätzlich möglich ist. In diese Kategorie fällt allerdings auch beispielsweise rotes Fleisch, Frittieren und die Arbeit als Friseur:in. Auch Schädigungen des Erbguts sind laut IARC nicht auszuschließen.
Im Gegensatz dazu schrieb etwa die Europäische Chemikalienagentur ECHA 2022 erneut, dass die wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht genügten, um Glyphosat als krebserregenden, genverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Stoff einzustufen. Auch kommen unter anderen die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit EfSA, das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung BfR und die US-Umweltbehörde EPA zu ähnlichen Schlüssen.
Allerdings gehört zur Wahrheit auch: Es gab in der Vergangenheit immer wieder Hinweise darauf, dass Glyphosat-Hersteller Monsanto (heute Bayer) verdeckt Einfluss auf Risikobewertungen von Glyphosat nahm. Im Juli 2015 etwa deckte eine Recherche der Süddeutschen Zeitung auf, dass das BfR seine Einschätzung teils auf Leserbriefe an Fachzeitschriften stützte, die von Monsanto-Mitarbeitenden stammten. Auch die ECHA führte keine eigene Forschung durch – und im März 2017 wurde bekannt, dass Monsanto gezielt Einfluss auf Studien genommen hatte („Monsanto Papers“).
Wenig überraschend weist Glyphosat-Hersteller Bayer den Verdacht zurück, dass der Unkrautvernichter krebserregend sei. Dennoch ist der Konzern in den USA mit zahlreichen Klagen konfrontiert. Bayer wurde in mehreren Fällen gerichtlich zu hohen Schadenersatzzahlungen verurteilt.
Das Unkrautvernichtungsmittel steht nicht nur im Verdacht, Krebs zu verursachen, sondern es gibt auch Vermutungen, dass es das Hormonsystem beeinflusst und möglicherweise die Fortpflanzungsfähigkeit beeinträchtigt. Allerdings gibt es keinen eindeutigen wissenschaftlichen Konsens zu diesem Thema. Hinweise darauf, dass Glyphosat bzw. glyphosathaltige Pestizide Embryos schädigen und zu Missbildungen führen könnten, konnten bislang ebenfalls nicht eindeutig wissenschaftlich belegt werden.
Wird Glyphosat verboten?
Nach monatelangen Diskussionen und zahlreichen gescheiterten Abstimmungen entschieden die EU-Staaten Ende 2017, Glyphosat – dessen Einsatz in der EU seit 2001 erlaubt war – für weitere fünf Jahre zuzulassen. Diese Zulassung lief am 15. Dezember 2022 aus, die nationalen Zulassungsbescheide ein Jahr später. Ende 2022 dann verlängerte die EU die Erlaubnis von Glyphosat um ein weiteres Jahr bis Ende 2023. Die EU-Kommission brauchte nach eigener Aussage mehr Zeit, um das Mittel rechtssicher einschätzen zu können. Nun will die EU eine längerfristige Entscheidung bezüglich Glyphosat treffen: Es geht um eine Zulassung für weitere zehn Jahre. Die EU-Kommission spricht sich für die erneute Zulassung aus.
Im September 2019 beschloss die deutsche Bundesregierung eigentlich, den Einsatz von Glyphosat ab 1. Januar 2024 verbieten zu wollen – und schon vorher deutlich zu reduzieren. Nationale Verbote sind aus europarechtlichen Gründen aber schwierig. Einige Länder beschränken aber bereits den Einsatz: In Frankreich müssen Privatpersonen und Kommunen auf Glyphosat verzichten, in den Niederlanden ist es Privatpersonen verboten, Roundup zu verwenden. In der Schweiz gelten Anwendungsverbote für bestimmte Orte.
Wenn die EU Glyphosat weiter zulässt, könnte das geplante nationale Verbot Deutschlands noch schwieriger werden. Grundsätzlich können einzelne EU-Staaten nach Angaben der EU-Kommission eigene Regeln erlassen, wie glyphosathaltige Produkte genutzt werden dürfen. Das von Luxemburg erlassene Glyphosat-Verbot etwa wurde aber gerichtlich gekippt, unter anderem weil das Land das Verbot nicht ausreichend begründet hatte. Ein Selbstläufer wäre ein rein deutsches Verbot also nicht.
„Auch wenn sich der rechtliche Kontext in Luxemburg nur bedingt übertragen lässt, heißt das, dass die Bundesregierung nur gut begründet in bestimmten Anwendungsbereichen ein Glyphosatverbot erlassen kann, damit es den Gerichten standhält“, so die Grünen-Europaabgeordnete Jutta Paulus. Eine Möglichkeit sieht sie darin, bestehende Einschränkungen etwa für Wasserschutzgebiete, Kleingärten und Spielplätze zu verlängern und auszuweiten.
Derzeit gilt: „Auf Flächen, die die Allgemeinheit nutzt – etwa öffentliche Parks und Gärten, Sport- und Freizeitplätze, Schulgelände und Kinderspielplätze – ist die Anwendung von Glyphosat seit 2021 verboten.“ Auch die Deutsche Bahn verzichtet seit 2023 darauf, entlang von Eisenbahngleisen Glyphosat zu verwenden. Grundsätzlich sollen auch Hobbygärtner:innen kein Glyphosat mehr verwenden. Aus rechtlichen Gründen dürfen aber einige Produkte für den Privatgebrauch weiterhin angewendet werden. Eine Reihe von Baumärkten in Deutschland verzichtet schon seit Jahren auf den Verkauf von glyphosathaltigen Pestiziden, darunter die Baumarktketten Toom und OBI.
Was sagen Umweltschutzorganisationen zur geplanten Wiederzulassung?
Die meisten Umweltverbände sind strikt gegen eine weitere Zulassung von Glyphosat in Europa.
„Die EU Mitgliedsstaaten verpassen eine Chance für mehr Gesundheitsschutz, für mehr Artenschutz und für eine krisensichere Landwirtschaft und Ernährungssicherung“, sagt Corinna Hölzel, Pestizidexpertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). „Für den BUND bleibt es dabei: Glyphosat muss verboten werden. Wenn es auf europäischer Ebene nicht möglich ist, dann muss ein Verbot national umgesetzt werden.“
Für den WWF ist die Empfehlung der EU-Kommission Zeichen eines Systems, in dem kurzfristiger Profit dem nachhaltigen Wandel der Landwirtschaft im Weg steht. Auch für Eva Corral von Greenpeace ist der Fall klar: Die europäischen Regierungen sollten den Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt über die privaten Geschäftsinteressen von Unternehmen wie Bayer stellen.
Christine Vogt, Referentin für Landwirtschaft am Umweltinstitut, sagt: „Wenn die EU-Kommission ihrem eigenen Vorschlag folgt, Glyphosat für weitere zehn Jahre zuzulassen, ignoriert sie, dass Glyphosat zu einem der bedeutendsten Treiber des massiven Artensterbens zählt. Zahlreiche unabhängige Studien belegen die verheerenden Konsequenzen von Glyphosat für die Artenvielfalt und auch für die menschliche Gesundheit. Wir erwarten, dass die Kommission nach dem europäischen Vorsorgeprinzip handelt und Glyphosat keine weitere Genehmigung erteilt.“
Mit Material der dpa
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