Anders als so manches neuere Superfood ist der Granatapfel schon seit dem Mittelalter hierzulande bekannt. Dass er gesund ist, bezweifelt kaum jemand ernsthaft. Aber wie steht es mit der Nachhaltigkeit?
Der leuchtend rote Granatapfel mit seinen vielen Kernen wird in der Überlieferung oft als Speise der Götter bezeichnet. Manche glaube sogar, dass es ein Granatapfel war, den Adam und Eva verzehrten und der zur Vertreibung aus dem Paradies führte. Schon seit mehreren Tausend Jahren ist der Granatapfel als natürliches Hausmittel oder besondere Leckerei für die Oberschicht bekannt und beliebt.
Moderne Studie bescheinigen der Frucht, ihrem Samen und ihrem Saft zahlreiche mögliche medizinische Wirkungen. Dazu soll der Granatapfel reich an Vitaminen, Mineralstoffen und gesunden sekundären Pflanzenstoffen sein. Die Frucht ist also nicht nur lecker, sondern angeblich auch in jeder Form höchst gesund, ein echtes Superfood eben.
Doch was ist dran an solchen Behauptungen? Wir haben die Speise der Götter für euch unter die Lupe genommen.
Die Herkunft des Superfood Granatapfel
Der Granatapfel (englisch: pomegranate, auch bekannt als Grenadine) ist schon so lange bekannt und in Europa verbreitet, dass sich nicht mehr genau sagen lässt, woher er ursprünglich stammt. Vermutlich kommt er aus Mittel- oder Südostasien und gelangte in den Nahen Osten und über diverse Feldzüge in der Antike nach (Süd-)Europa. Die Spanier wiederum brachten die Granatapfelpflanze schließlich nach Lateinamerika.
Heute wird der Granatapfelbaum hauptsächlich in Indien, China, dem Süden der USA, Lateinamerika, im Nahen Osten, Spanien und Italien kommerziell angebaut. Die Pflanze verträgt keine niedrigen Temperaturen und bevorzugt tropisches oder subtropisches Klima, in Mitteleuropa gibt es daher nur vereinzelt Kulturen in beheizten Glashäusern, in Südeuropa kann man sie aber bereits ohne Treibhaus oder wild wachsend finden.
Erntezeit der Früchte, die eigentlich Beeren sind, wegen ihres Aussehens aber als Äpfel bezeichnet werden, ist von September bis Dezember.
Die Kerne des Granatapfels und ihre Tücken
Gegessen werden vom Granatapfel nur die Kerne, da das weiße Fruchtfleisch sehr bitter schmeckt. Die Kerne sind allerdings recht fest mit der übrigen Frucht verbunden, sodass es eine spezielle Technik braucht, um sie herauszulösen. Dabei ist Vorsicht angebracht: Der Saft der Frucht wirkt stark färbend, und Flecken auf der Kleidung lassen sich kaum entfernen.
Bei der Lagerung ist zu beachten, dass der Paradiesapfel keinesfalls zu großer Hitze ausgesetzt wird. Zum einen ist der Granatapfel bei Lagerung im Kühlschrank oder an einem kühlen, nicht zu feuchten Ort mehrere Wochen haltbar. Zum anderen platzt die Schale unter Hitzeeinwirkung auf und verspritzt die Granatapfelkerne überall – dieser „explosiven“ Eigenschaft verdankt die Beere auch ihren Namen.
Granatapfel richtig schneiden und essen
Einen Granatapfel richtig schneiden und essen ist eine echte Herausforderung. Ihn zu schälen ergibt nämlich nur bedingt Sinn, denn dabei tritt zu viel Saft aus.
Stattdessen empfehlen wir, den reifen Granatapfel zum Entkernen mit der flachen Hand und wenig Druck auf der Arbeitsfläche in der Küche etwas hin und her zu rollen. Aber Achtung: Zuviel Druck lässt die Kerne platzen, dann entsteht der (ebenfalls sehr leckere) Saft.
Nach dem Rollen entfernt man oben den Strunk und schneidet den Granatapfel von dort aus strahlenförmig ein – wie bei einer Orange. Die obere Hälfte lässt sich dann aufbiegen, sodass man die Samen mit einem Kochlöffel oder etwas Ähnlichem herausklopfen kann.
Wer die Gefahr von Saftspritzern verringern will, öffnet und entkernt die Frucht in einer Schüssel mit Wasser. Die Granatapfelkerne schmecken pur, im Müsli oder in zahlreichen Speisen, von herzhaft bis süß.
Mehr Tipps zum Öffnen: Granatapfel öffnen und entkernen – so klappt’s ohne Sauerei
Granatapfelsaft selber machen
Natürlich gibt es Granatapfelsaft auch einfach im Bio-Laden zu kaufen. Doch der angenehm säuerliche Saft lässt sich leicht selbst machen. Ebenso wie beim Entkernen rollst du dazu den Granatapfel anfangs mit der Hand hin und her, jedoch öfter und mit deutlich mehr Druck. Anschließend lässt sich der Granatapfel mit der Presse oder der Hand wie eine Zitrone auspressen.
Die schnellere Variante: nach dem Rollen einfach oben den Strunk abschneiden, einen Strohhalm in die Öffnung stecken und den Granatapfelsaft direkt aus der Frucht genießen.
Granatapfel: Kalorien, Vitamine und andere Nährwerte
Der Granatapfel und seine Kerne sind ausgezeichnete Mineralstoff- und Vitamin-Lieferanten in der kalten und nassen Jahreszeit.
- Dank seiner langen Haltbarkeit versorgte der Granatapfel schon im Mittelalter die Menschen mit Vitamin C, Vitamin B1, Vitamin B2 und B6, Folsäure, Vitamin E und Beta-Carotin.
- Der Vitamin-C-Gehalt ist allerdings bei Weitem nicht so hoch, wie man oft hört: In Orangen steckt beispielsweise etwa sechs Mal so viel des wichtigen Vitamins.
- Dafür ist der Granatapfel relativ arm an Kalorien, 100 g enthalten 74 kcal.
- An Mineralstoffen liefern die roten Riesenbeeren hauptsächlich Kalium, aber auch Kalzium, Magnesium, Phosphor, Eisen und Zink.
Durch die Kaltpressung des Saftes steckt das alles übrigens auch im (frischen) Granatapfelsaft.
Tipps für Granatapfelrezepte
Cocktail-Liebhabern wird vor allem der Grenadinesirup als Bestandteil zahlreicher Drinks ein Begriff sein. Aber auch in der Küche macht der Granatapfel eine gute Figur. Die Kerne lassen sich quasi überall einsetzen, Rezepte mit Granatapfel gibt es daher unzählige. Ein fruchtig-frischer Granatapfel-Salat ist im Herbst eine tolle Abwechslung, oder vielleicht soll es auch ein kühler Granatapfel Smoothie sein? Für alle, die gerne neue Geschmacksrichtungen ausprobieren möchten, ist ein persisches Hähnchen mit Granatapfel eine tolle Küchenidee. Und für die Fans von süßen Versuchungen lockt Milchreis mit Granatapfel.
Ist der Granatapfel wirklich so gesund?
Lecker ist der Granatapfel in jedem Fall, egal ob man die Kerne oder den Saft genießt. Aber ist der Granatapfel als angebliches Superfood auch gesund? Nun, ungesund ist das Obst mit Sicherheit nicht – es wird seit Jahrtausenden in allen möglichen Formen verzehrt. Auch moderne Studien konnten keine Nebenwirkungen nachweisen. Lediglich in der Wurzel und der Schale sind hohe Anteile an Gerbstoffen enthalten, die zu gesundheitlichen Problemen führen können.
Im Mittelalter wurde die Grenadine als natürliches Wurmmittel genutzt. Und schon immer gelten die roten Beeren als Aphrodisiakum, das bei Männern und Frauen gleichermaßen wirken soll. Granatapfelkerne und -saft liefern auch wichtige Vitamine und Mineralstoffe und enthalten sogenannte Flavonoide, die als Antioxidantien zellverjüngend wirken und das Immunsystem stärken sollen.
Studienergebnisse legen nahe, dass das Superfood Granatapfelsaft ähnlich gesund sein könnte wie beispielsweise Rotwein. Außerdem regt der Granatapfel auf natürliche Weise die Verdauung an. Ein Glas Saft oder ein Dessert mit Granatapfel nach einem üppigen Essen ist keine schlechte Idee. Dabei solltest du darauf achten, dass es sich um möglichst wenig verarbeitete Bio-Produkte handelt, da so die wertvollen Inhaltsstoffe geschont wurden. Oder du presst den Saft einfach selbst.
Hat der Granatapfel eine medizinische Wirkung?
In Apotheken, Drogeriemärkten und Reformhäusern sind neben Granatapfelsaft auch Granatapfelkapseln und Granatapfelextrakt erhältlich und werden oft als Superfood beworben. Die höhere Konzentration der Wirkstoffe soll bei vielen kleineren und größeren gesundheitlichen Problemen helfen. Mittlerweile gibt es auch rund 250 Studien zur Wirkung des Granatapfels. So wurde untersucht, ob die Antioxidantien in der Frucht bei Arteriosklerose helfen können, Krebs (speziell Prostata- und Brustkrebs) vorbeugen oder heilen können, den Blutdruck senken und gegen Alzheimer und weitere degenerative Erkrankungen helfen.
Eine Meta-Studie aus dem Jahr 2014, veröffentlicht in Advanced Biomedical Research, hat 76 Studien ausgewertet und mögliche Wirkungen zusammengefasst. Die Autoren kamen zu dem Schluss, dass die Inhaltsstoffe des Granatapfels tatsächlich eine potenzielle Wirkung aufweisen. Trotzdem bedeutet das nicht, dass der Granatapfel als Superfood wirklich eine natürliche Wunderwaffe ist. Die Studien wurden großteils im Labor an Zellkulturen oder Tieren durchgeführt, inwiefern sich das auf den Menschen übertragen lässt, bleibt noch zu erforschen. Bei Studien mit menschlichen Probanden, wie dieser zu Bluthochdruck und Herzinfarktrisiko aus 2011, wurden jedenfalls weit höher konzentrierte Präparate eingesetzt, als bei uns erhältlich sind. Bei anderen wiederum war die Stichprobe zu klein oder die Dauer zu kurz.
Nicht zu vergessen ist auch die Wechselwirkung mit anderen Medikamenten: Ähnlich wie bei Grapefruitsaft werden manche Substanzen nach dem Genuss von Granatapfel langsamer abgebaut.
Nachhaltigkeit: Muss es wirklich Granatapfel sein?
Keine Frage, für Bewohner der Gebiete mit natürlichen Vorkommen des Granatapfels ist gegen den Genuss von Kernen oder Saft nichts einzuwenden. In Mitteleuropa sieht die Sache allerdings etwas anders aus. Alle Früchte, die hier in den Handel kommen oder verarbeitet werden, haben einen langen Transportweg hinter sich. Im besten Fall kommen sie per Lkw aus Südspanien oder Süditalien, im schlechtesten aus Indien oder Lateinamerika, da dort die größten Anbaugebiete sind.
Darüber hinaus verbraucht ein Granatapfelbaum in der Blüte viel Wasser, sonst kann er keine schönen Früchte bilden. In den subtropischen Regionen ist aber genau dieses Wasser oft Mangelware und als Trinkwasser kostbar. Da ist das Superfood dann alles andere als super.
Wirklich nachhaltig ist der Anbau derzeit also nicht, auch wenn es inzwischen Bestrebungen gibt, das zu ändern.
Bio-Früchte aus kontrollierter Landwirtschaft sind selten zu bekommen, Bio-Produkte wie Saft oder Kapseln finden sich im Handel. Und selbst wenn der Paradiesapfel aus einem mitteleuropäischen Betrieb stammen sollte, wurde er wenig umweltschonend in einem beheizten Glashaus gezogen. Viele Minuspunkte für den Granatapfel also.
Regionale Alternative zum Superfood: Umweltbewusste greifen lieber zu heimischen Früchten wie Weintrauben, Himbeeren oder Erdbeeren. Diese haben vergleichbar viel gute Inhaltsstoffe, sind aber in der Saison direkt vom Feld oder dem Weingarten zu bekommen, natürlich in Bio-Qualität.
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